München. .

Karl-Heinz Rummenigge nutzte die Gunst der Stunde und entschwand im Rücken von Toni Kroos. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München hätte vermutlich einiges zu sagen gehabt an diesem Samstagnachmittag, aber er überließ den Job gerne anderen. Doch nicht die Spieler des Triple-Siegers setzten Akzente, weder zuvor auf dem Rasen beim 2:0-Sieg über Hannover 96 noch später bei der Analyse, sondern der Sportvorstand. Matthias Sammer ließ ausnahmsweise kein Mikrofon aus, mal trug er sein Anliegen kämpferisch und zornig vor, dann wieder bedächtig, aber bestimmt.

„Raus aus der Komfortzone“ müsse die Mannschaft, die „viel zu ruhig“ sei und „Dienst nach Vorschrift“ mache, kritisierte er. Es könne nicht sein, „dass der Trainer jedes Mal eine Brandrede halten muss, dass wir in die Gänge kommen“. Es waren mehr als nur ein paar mahnende Worte, wer wollte, konnte sogar eine kleine Drohung heraushören. Dass sich die Spieler absichtlich zurücklehnen nach einer fantastischen Saison, glaubt er allerdings nicht: „Es ist nur eine unbewusste Wahrnehmung zu einem Zeitpunkt in der Saison, zu dem Dortmund im letzten Jahr vielleicht alles verschenkt hat.“

Sammer war vor gut einem Jahr von Präsident Uli Hoeneß geholt worden, um bei jenen Tendenzen sofort zu reagieren, die die Bayern zuvor ein paar Titel gekostet hatten, und die Mannschaft bei ersten Anzeichen von Bequemlichkeit wachzurütteln. In der vergangenen Saison war Sammer nur einmal als Beschwerdeführer aufgetreten, seine Kritik nach sechs zum Teil sehr deutlichen Siegen klang damals, Ende September, aber etwas bemüht. Diesmal treffen die mahnenden Worte Sammers den Kern, es scheint ein Signal zum richtigen Zeitpunkt zu sein. Denn es steht die erste richtungweisende Phase bevor. Am Dienstag starten die Bayern gegen ZSKA Moskau in die Champions League und in drei englische Wochen nacheinander.

Pomadig, träge und ohne Esprit trieben sie am Samstag in der ersten Halbzeit den Ball über den Rasen. Für Sammer ist es eine Frage des Engagements. „Wir verstecken uns im Moment hinter unserem Trainer.“ Den Hype, der um Pep Guardiola entstanden sei, fänden alle so prima, „dass wir sagen: Ach gut, da stehen wir alle auch ein bisschen weniger in der Verantwortung.“ Die Erfolge der Vorsaison hätten „so eine Scheinwelt“ entstehen lassen, „und das gefällt mir nicht“. Es habe laut Sammer einiger deutlicher Worte von Guardiola in der Pause bedurft, ehe die Bayern sowohl Tempo als auch den Druck erhöhten und durch die Tore von Mario Mandzukic und Ribéry doch noch verdient gewannen. Den Sportvorstand konnten sie aber nicht mehr besänftigen.