Ingolstadt/München. Ralph Gunesch reichte es. Nachdem sein Teamkollege Danny da Costa beim Spiel gegen 1860 München rassistisch beleidigt wurde, verteidigte der Ingolstädter Zweitliga-Profi seinen Kollegen auf seiner Facebook-Seite - und erntete viel Lob. Die Vereinsführung der “Löwen“ hat sich bereits entschuldigt, der DFB-Kontrollausschuss ermittelt.

Danny da Costa ist in Neuss am Rhein geboren, er ist in Deutschland aufgewachsen und spielt für die deutsche U21-Nationalmannschaft. Doch am Sonntag zählte das für einige Zuschauer des Zweitliga-Derbys zwischen 1860 München und dem FC Ingolstadt nicht. Denn weil da Costa, Sohn eines Angolaners und einer Kongolesin, dunkelhäutig ist, wurde der Ingolstädter Profi beim Spiel gegen 1860 München rassistisch beleidigt.

"Mehrere Leute meinten, bei Einwürfen oder Ballkontakten Sachen wie 'Nigger' oder 'Schwarzes Schwein' in meine Richtung rufen zu müssen. Immer, wenn der Ball in meine Nähe kam, gab es auch Affenlaute. Das war ein Scheißgefühl", sagte der 20-Jährige im Interview mit dem Sport-Informationsdienst (SID).

Als es ihm zu viel geworden war, ging Danny da Costa zu Schiedsrichter Florian Meyer (Burgdorf) und machte ihn darauf aufmerksam. "Ich habe Herrn Meyer gesagt, dass ich da aufs Übelste beschimpft werde, dass das nicht mehr tragbar für mich ist", sagte er. Meyer veranlasste eine Stadiondurchsage, danach wurde es laut da Costa "etwas besser". Für ihn seien diese sogenannten Fans "einfach nur Vollidioten".

"IQ knapp über dem eines verbrannten Toastbrotes"

Besondere Unterstützung erfuhr da Costa von seinem Mannschaftskollegen Ralph Gunesch. Der wählte in einem Post auf seiner Facebook-Seite klare Worte und richtete sich an "ganz bestimmte, hoffentlich nur ganz wenige, deren drei Trommel-spielende Gehirnzellen im Kopf heute über 90 Minuten wahrscheinlich Pause gemacht haben". Solche rassistischen Entgleisungen seien für Gunesch ein Zeichen dafür, dass deren "IQ knapp über dem eines verbrannten Toastbrotes" liege.

Zur Untermauerung dieser These führt er noch eine süffisante Beobachtung an: "Habt ihr zufällig bemerkt, dass der in der 68.Minute eingewechselte, direkte Gegenspieler, des von euch beschimpften Spielers (und somit in einem blauen Trikot!) ebenfalls dunkelhäutig ist und bei jedem Mal nur wenige Meter daneben stand?!"

Zeigt Courage gegen Rassismus: Ralph Gunesch (FC Ingolstadt) prangerte mit klaren Worten die rassistischen Beleidigungen gegen seinen Kollegen Danny da Costa beim Spiel gegen 1860 München an.
Zeigt Courage gegen Rassismus: Ralph Gunesch (FC Ingolstadt) prangerte mit klaren Worten die rassistischen Beleidigungen gegen seinen Kollegen Danny da Costa beim Spiel gegen 1860 München an. © imago

Guneschs Fazit: "Schließt euch zu Hause ein und labert mit dem rassistischen Müll euren Wandteppich voll, aber verschont uns alle mit dem Gedankengut. Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen."

Die klaren Worte des Innenverteidigers zeigten Wirkung: 1.391 User haben seinen Beitrag bisher (Stand: 16.28 Uhr) geteilt, 450 einen Kommentar hinterlassen und 8.032 Leuten hoben den "Gefällt mir"-Daumen. Ein interessantes Detail: Guneschs Facebookseite selbst gefällt "nur" 4.772 Usern. Ein klares Signal für die Vereinsfarben übergreifende Relevanz des Themas - und die Einigkeit darüber, dass Rassismus im Fußball nichts zu suchen hat.

Facebook-User loben Gunesch für seine Courage gegen Rassismus

Das bestätigen auch die Kommentare unter dem Post vom Sonntag, in denen Grunesch zustimmende Worte wie "Respekt, Ralle", "top", "dickes Lob", "das ist ein Vorbild" oder "Respekt, tolles Statement" erntet - und das von Fans vieler Vereine. Ein User fasst es zusammen: "Egal für welchen Verein das Herz schlägt: Danke für die offenen Worte!" Courage kennt hier keine Vereinsgrenzen.

Und auch seitens der 1860er Fans gibt es klare Kritik an den Fehltritten aus dem eigenen Lager: "Mir tut das weh, in den eigenen Reihen solche asozialen Subjekte vorzufinden. Kein Mensch sollte solche Idiotensprüche, egal welcher Herkunft, zu hören kriegen. Es tut mir leid, was eurem Spieler widerfahren ist und hoffe inständig, dass so etwas nie wieder passiert", schreibt einer.

Manche Kommentare spiegeln zudem die Erfahrungen einzelner Fans wider. So schreibt ein Nutzer: "Das ist mit ein Grund, warum ich nicht mehr in die Stadien gehe. Auch die Gewalt und dergleichen ist zu groß geworden. Ich gehe deshalb zu keinem Fußballspiel mehr."

"Rassistische Tendenzen müssen im Keim erstickt werden"

Gegenüber Arndt Zeigler sagte Gunesch in dessen WDR-Sendung "Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs": "Durch meine Zeit bei St. Pauli bin ich stark sensibilisiert. Und das sind einfach Dinge, die gehen gar nicht. Die haben in keinem Stadion und in der Gesellschaft was zu suchen." Gunesch hatte von 2003 bis 2006 am Millerntor gespielt.

Danny da Costa hatte sich ihm schon während des Spiels anvertraut und gesagt, er habe so etwas in der Form noch nicht erlebt. "Das war wirklich aller unterste Schublade", beschreibt Gunesch die Äußerungen gegen da Costa, "da war für mich der Moment gekommen, wo ich es wichtig fand, öffentlich Position zu beziehen." Rückschlüsse auf die Fans von 1860 München wollte er aber nicht ziehen. "Das ist ganz egal, in welchem Stadion das passiert. Diese Tendenzen müssen im Keim erstickt werden", sagt der 29-Jährige.

Trotz Entschuldigung der Löwen hat Rassismus-Vorfall sportgerichtliches Nachspiel 

Vor allem wegen seiner Einsätze im Deutschland-Trikot zeigte sich Danny da Costa über die Anfeindungen irritiert: "Vor Kurzem habe ich noch für die U21 auf dem Platz gestanden und die deutsche Nationalhymne gesungen - und muss mich jetzt aufs Übelste beschimpfen lassen." Ein generelles Rassismusproblem im deutschen Fußball wie in den dunklen 80er Jahren sieht er jedoch nicht.

"Ich glaube, das war ein Einzelfall, das ist so noch nie vorgekommen. Ich kannte so etwas nicht, ich bin ja hier geboren und aufgewachsen. Das ist auch kein spezielles Problem von 1860-Fans. Ich glaube, dass man das in Deutschland eigentlich gut im Griff hat, aber wenn einige Vollidioten aus der Reihe tanzen, kann man nichts machen. Wenn man die richtigen Fans mit hineinzieht, wäre das nicht fair."

Anzeige gegen einen verdächtigen Stadionbesucher erstattet

Auch Trainer Marco Kurz nannte die Rufe gegen seinen Verteidiger "einen Wahnsinn". "Das hat hier nichts zu suchen. Da müssen die Antennen hoch gehen. Wir kennen die Zustände in Südeuropa, da ist es bedenklich, wenn sowas passiert", sagte er.

Die Vereinsführung von 1860 München hat bereits reagiert und sich für die rassistischen Ausfälle entschuldigt. "Jegliche Beschimpfungen dieser Art haben bei unseren Spielen nichts verloren", erklärte "Löwen"-Geschäftsführer Robert Schäfer am Montag in einer offiziellen Mitteilung. Es habe sich aber nur um einen einzelnen "Stadionbesucher" gehandelt, betonten die Münchner. Gegen den Mann, gegen den Anzeige erstattet worden sei, solle zudem ein Stadionverbot ausgesprochen werden.

DFB-Ausschuss hat Ermittlungen eingeleitet

Trotz dieser Entschuldigung hat der Vorfall ein sportgerichtliches Nachspiel - zumal neben da Costa auch dessen Kollege Ramazan Özcan, Österreicher mit türkischen Wurzeln, nach eigenen Angaben beleidigt worden sein soll. Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) habe daher am Montag Ermittlungen zu dem Fall aufgenommen, teilte der stellvertretende DFB-Generalsekretär Stefan Hans in Frankfurt am Main mit.

"Ohne Wenn und Aber steht der DFB zu seiner klaren Position, dass Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und jede Form der Diskriminierung nichts im Fußball, noch in anderen Bereichen unseres Miteinanders zu suchen haben", betonte Hans, "Fußball verbindet, wir dürfen nicht zulassen, dass er spaltet." Gerade der Fußball mit "seiner integrativen und weltumspannenden Kraft" habe die Chance, Grenzen zu überwinden.