Barcelona. .
Sie hatten in Spanien das Wunder beschrieben, in großen Lettern wurde es herbeigesehnt. Der FC Barcelona, ausgerechnet die stolzen wie unabhängigen Katalanen, sollten nun, nach dem dramatischen Halbfinal-K.o. von Real Madrid gegen den BVB, die spanische Ehre retten.
Doch am Ende der 90 Minuten im altehrwürdigen Stadion Camp Nou, nach dem 0:3 (0:0) im Halbfinal-Rückspiel gegen den FC Bayern waren 96 636 Menschen hautnah Zeuge, wie die Münchner das andere, das deutsche Fußball-Wunder eindrucksvoll vollendeten - ein deutsches Champions-League-Finale am 25. Mai im Londoner Wembley-Stadion. Das Duell mit dem nationalen Rivalen, gegen die Dortmunder Borussen, die den FC Bayern in den vorangegangenen zwei Spielzeiten so gepiesackt hatten: Es wird ein vibrierendes, ein spektakuläres Finale – und für die Bayern nach 2010 und 2012 der dritte Anlauf innerhalb von drei Jahren, endlich wieder die begehrteste Klub-Trophäe der Welt zu gewinnen.
Die Chance auf dieses Finale hatte der FC Barcelona offenbar nach dem desaströsen 0:4 in München vor Wochenfrist begraben. Zumindest hisste Barca-Trainer Tito Vilanova schon vor Anpfiff psychologisch die weiße Flagge – er verfrachtete Weltfußballer Lionel Messi auf die Ersatzbank; natürlich, der Argentinier war zuletzt verletzt, sein verstörend apathischer Auftritt in München hatte selbst die Bayern-Fans entsetzt; und doch ist er auch einbeinig der einzige Zauberer im müde gewordenen Barca-Ensemble, dem man dieses Wunderwerk noch zugetraut hätte.
Von einem Wunder aber war von Beginn an nichts zu spüren. München ließ die Gastgeber gar nicht erst in die gefährliche Zone kommen. Im Gegenteil: Die beste Gelegenheit der Anfangsphase hatten die Bayern: Perfekter Pass von Bastian Schweinsteiger auf den an der Mittellinie gestarteten Arjen Roben, der allein auf Barca-Torwart Victor Valdes zustrebte – bis Gerard Pique mit einer waghalsigen Grätsche im letzten Moment den Abschluss verhinderte (12.).
Und Barca? Kam über 90 Minuten nur zu zwei Halbchancen. Das spanische Wunder von Camp Nou war so schnell passé. Und als kurz nach Wiederbeginn Arjen Robben antrat, um eines seiner wirklich typischen Tore zu erzielen, war alles gelaufen (48.). „Es ist schon unglaublich, dass wir die weltbeste Mannschaft der letzten fünf Jahr auf diese Weise geschlagen haben“, jubelte der Torschütze später und läutete eine rauschende Party-Nacht in Barcelona ein: „Heute Nacht wird bestimmt nicht viel geschlafen.“
Es war fortan ein lustvoller Kick der Bayern. Ein Wahnsinn. Gerard Pique per Eigentor (73.). und Thomas Müller (77.) machten das Barca-Debakel perfekt.
In den Schlussminuten ging es für die Elf von Trainer Jupp Heynckes nur noch darum, Gelbsperren für das Finale gegen Borussia Dortmund zu vermeiden. Innenverteidiger Dante, einer von sechs bedrohten Bayern-Spielern, hatte schon vor der Partie das Glück, sich auf eine Erkältung berufen zu können. Und die vorbelasteten Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Javi Martinez? Kamen ohne ein einziges Foulspiel aus. Sie alle werden dabei sein können– am 25. Mai, wenn der neue König Europas gekrönt wird. Das Wundervolle: Er wird einen deutschen Namen tragen.