Madrid. .
Die „Operacion Puerto“ soll nach sieben Jahren mit dem Urteil gegen Dopingarzt Eufemiano Fuentes beendet sein, die Blutbeutel von über 200 Spitzenathleten sollen auf dem Müll landen. So zumindest stellt es sich die spanische Justiz vor. Für alle Anti-Doping-Kämpfer, die eine vollumfängliche Aufklärung der Affäre fordern, wäre die Vernichtung der Beweismittel ein Schlag ins Gesicht. Die Strafe von einem Jahr Haft, das nach spanischem Recht automatisch zur Bewährung ausgesetzt wird, und vier Jahren Berufsverbot plus 4500 Euro Geldbuße lässt Fuentes sogar ein wenig als Bauernopfer erscheinen.
Dopingbeutel verschwunden
„Die Entscheidung, die Blutbeutel zu vernichten, ist besonders enttäuschend und unbefriedigend für die Wada und die gesamte Anti-Doping-Gemeinde“, sagte David Howman, Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur. Ana Munoz Merino, die Chefin der spanische Anti-Doping-Behörde AEA, will gleichwohl nicht aufhören, um die Herausgabe der Beweisstücke zu ringen. Der Prozess sei „nicht vorbei“, die Anfechtung „eine Option“.
Ist die AEA mit einer Klage nicht erfolgreich, müssen die 2006 bei der Operacion Puerto gesicherten Blutbeutel, einige sind übrigens inzwischen auf seltsame Weise abhanden gekommen, als Beweismittel für Dopingverstöße zahlreicher Weltklasse-Athleten vernichtet werden. Die Verweigerung der Herausgabe erklärte Richterin Julia Patricia Santamaria am Ende des dreimonatigen Prozesses mit der Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Sportler.
Es mehren sich Stimmen, die hinter dem Madrider Richterspruch ein strategisches Vorgehen vermuten. Zum einen gab es schon häufiger die Annahme, dass Spanien seine Fußball- und Tennis-Helden schützen wolle, die immer wieder mit Fuentes in Verbindung gebracht worden waren. Zum anderen soll womöglich die Olympia-Bewerbung Madrids für die Spiele 2020 nicht gefährdet werden. Ein umfassender Manipulationsskandal, der die Sportelite Spaniens des Dopingmissbrauchs überführen würde, würde die Erfolgschancen beträchtlich mindern. Da würde es auch nichts nutzen, dass Spanien gebetsmühlenartig betont, wie scharf es mittlerweile seine Anti-Doping-Linie verfolgt.
„In diesem Land“, sagte Jesus Manzano, der Ex-Radprofi, der 2004 die Ermittlungen der Guardia Civil mit einem Geständnis ins Rollen brachte, „wäre die größte Bestrafung, die Spiele nicht ausrichten zu dürfen. Anstatt ein Exempel zu statuieren und die Hausaufgaben zu machen, macht es das genaue Gegenteil.“ Seine 180 000-Euro-Schadenersatzklage gegen Fuentes wurde abgewiesen. Die Richterin vertrat die Auffassung, er habe sich der Behandlung freiwillig unterzogen und sei sich der Konsequenzen bewusst gewesen.
Offen ist, ob die Verteidigung des 57-jährigen Fuentes in die Berufung geht, dies müsste spätestens zehn Werktage nach dem Urteil vor der Audiencia Provincial (Landgericht) in Madrid geschehen. Fuentes hatte auf einen Freispruch gehofft, ihm hatten bis zu zwei Jahre Haft gedroht. Wegen des damals fehlenden Anti-Doping-Gesetzes in Spanien war Fuentes nur wegen „Gefährdung der öffentlichen Gesundheit“ angeklagt worden. Verurteilt wurde ansonsten nur einer von vier Mitangeklagten. Vier Monate Haft auf Bewährung und vier Monate Berufsverbot erhielt Jose Ignacio Labarta. Freigesprochen wurden Fuentes’ ebenfalls in der Medizin tätige Schwester Yolanda sowie die früheren Radsport-Teamchefs Manolo Saiz und Vicente Belda.
Allein zwischen 2003 und 2006 soll Fuentes rund 200 Sportler betreut haben, nach eigener Aussage neben Radprofis auch Fußballer, Boxer, Tennisspieler und Leichtathleten. Einige Radprofis wie Jan Ullrich, Ivan Basso oder Alejandro Valverde wurden enttarnt, viele Athleten kamen bisher straffrei davon. Vor der Tour de France 2006 war Fuentes aufgeflogen. Er zeigte sich im Prozess selten kooperativ und bestritt vehement, er habe die Gesundheit der Sportler gefährdet.