Essen.. Wulff, Sauerland, zu Guttenberg - nun Uli Hoeneß: Die Steuer-Affäre vom Präsidenten des FC Bayern München gibt ein erneutes Beispiel, wie schnell Prominente in der Öffentlichkeit ihren Ruf verlieren können - und danach ihr Amt. Kann Hoeneß sich noch retten? Vielleicht - meinen PR-Experten.

So schnell kann es gehen: Über mehr als 40 Jahre hat Uli Hoeneß als Profi-Fußballer, erfolgreicher Fußball-Manager und Vereinspräsident des FC Bayern München sich ein Image erarbeitet, das besser kaum sein konnte. Als Typ mit Ecken und Kanten, moralische Instanz und Alpha-Tier der deutschen Fußball-Bundesliga ist Hoeneß "Eigentum der Volksseele" geworden, wie es der Düsseldorfer PR-Berater Frank Wilmes beschreibt. "Umso größer ist nun bei vielen die Enttäuschung", sagt Wilmes, dass Hoeneß jetzt sich jetzt mit einer Selbstanzeige beim Finanzamt als Steuerbetrüger geoutet hat. Spekuliert wird, dass es um mehrere Millionen Euro aus Kapitalgewinnen auf einem Konto in der Schweiz geht.

Eigene Verfehlungen gepaart mit mangelhafter Krisen-Kommunikation hat schon viele Prominente zu Fall gebracht: Ob Christian Wulff, Adolf Sauerland oder Karl-Theodor zu Guttenberg - alle eint, dass sie heute ein "Ex" sind - Ex-Bundespräsident, Duisburgs Ex-OB oder Ex-Bundesverteidigungsminister. Und Uli Hoeneß? Ist er nurmehr ein "Noch"-Bayern-Präsident und -Aufsichtsrats-Chef? Wie sollte er sich jetzt verhalten, um seinen öffentlichen Gesichtsverlust zu mäßigen? PR-Profis sehen verschiedene Strategien.

Uli Hoeneß muss jetzt Zeit gewinnen - und abtauchen

"Zähne zusammenbeißen, abtauchen" - Karl-Heinz Heuser, Deutschland-Chef beim weltweit tätigen Kommunikations-Riesen Burson-Marsteller in Frankfurt, würde Uli Hoeneß eine Kommunikations-Notbremse empfehlen. Verbunden mit einem öffentlichen Statement, in dem Hoeneß mit Verweis auf die Steuer-Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erklärt, "dass er sich derzeit öffentlich nicht näher äußern könne". So hätte man Zeit gewonnen, meint Heuser. Damit sich die Wogen glätten können. Und sich ein Zeitpunkt findet, "an dem sich für Hoeneß die Gelegenheit gibt, das Thema aus seiner Perspektive darzustellen".

Für Heuser wäre es ein Versuch, den erfolgreichen Fußball- und Wurstwaren-Unternehmer Hoeneß aus der Schusslinie zu manövrieren. Erstmal. Letztlich aber glaubt auch Heuser, "dass sich Hoeneß nicht im Amt wird halten können". Denn die Steueraffäre von Uli Hoeneß sei auch "ein Fall von Selbstüberschätzung". Der Vorwurf der Steuerhinterziehung "ist keine Bagatelle", meint Heuser. Viele Prominente würden die Sprengkraft derartiger Image-GAUs unterschätzen.

Nichts sagen - oder doch etwas sagen? Dirk Popp, Deutschland-Chef der PR-Agentur Ketchum Pleon, würde Uli Hoeneß raten, sich zu äußern.

"Die Öffentlichkeit erwartet eine Entschuldigung von Hoeneß"

"Uli Hoeneß sollte sich entschuldigen und sein Bedauern erklären. Möglichst schnell", sagt Dirk Popp, Experte für Krisen-Kommunikation bei der Düsseldorfer PR-Agentur Ketchum Pleon. "Die Öffentlichkeit erwartet eine Entschuldigung". Sie würde an den Vorwürfen nichts ändern, aber sie könnte Hoeneß in einer anderes Licht stellen - das, der Selbsterkenntnis.

Je länger eine Entschuldigung in einer solchen Krise ausbleibe, "desto größer ist die Gefahr, dass einem die Erklärung nicht mehr geglaubt wird", gibt Popp zu bedenken. Die Fälle Wulff, zu Guttenberg und Adolf Sauerland zeigen, was passiert, wenn öffentliche Buße nur häppchenweise kommt, erst nach Wochen, oder gar verweigert wird.

"Im Fall Hoeneß sind sehr viele Kräfte am Werk"

"Krisen-PR kann keine Fehler schön reden", sagt Dirk Popp. Es gehe aus Sicht eines Krisen-PR-Beraters vielmehr darum, "mit einer heiklen Situation fertig zu werden". Wer wie Hoeneß derart im Blitzlichtgewitter steht, könnte durch "Klarheit und Wahrheit" Punkte in der öffentlichen Gunst machen, glaubt Popp: "Sofern er ein Interesse daran hat, wie er in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird". Und wenn die betreffende Person sich dadurch rechtlich nicht noch mehr in die Bredouille bringe.

Die Bochumer PR-Unternehmerin Regine Hellwig-Raub denkt allerdings nicht, dass Uli Hoeneß noch zu halten sein wird, als oberster Repräsentant des FC Bayern München: "Die Hintergrundspannung in dem Fall ist viel zu groß. Steuerhinterziehung ist ein höchst emotionales Thema." Und Hoeneß wird mittlerweile von vielen Fronten beschossen - auch von der Politik.

Hinzu komme: Im FC-Bayern-Aufsichtsrat, dem Hoeneß vorsitze, sind Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft versammelt, zum Beispiel VW-Chef Martin Winterkorn, Telekom-Chef Timotheus Höttges oder Adidas-Vorstandschef Herbert Hainer. "Sie werden sich von ihm zurückziehen", glaubt Hellwig-Raub, wenn sie befürchten, durch die Nähe zu einem mutmaßlichen Steuerbetrüger "selbst Schaden zu nehmen". Die HypoVereinsbank hat am Montag bereits reagiert, und einen Werbespot mit Hoeneß (Überschrift: "Wo sich Ihr Geld jetzt wohlfühlt") aus dem Verkehr gezogen.

Hoeneß im Stadion beim Champions-League-Spiel - keine gute Idee

Hoeneß' Hang zur Attacke hält Regine Hellwig-Raub deshalb für eine riskante Kommunikations-Strategie: Sie würde Hoeneß jedenfalls davon abraten, an diesem Dienstag tatsächlich das Champions-League-Halbfinalhinspiel seiner Bayern gegen den FC Barcelona live in der Münchner Arena zu verfolgen. In punkto öffentliche Wirkung sei das "zu gefährlich", meint Hellwig-Raub. Was, wenn Fans ihn ausbuhen? Manche werden ihm vielleicht noch immer seine legendäre Wut-Rede aus dem Dezember 2007 nachtragen und nehmen die Steuer-Affäre nun als Anlass, sich bei Hoeneß zu rächen. Beispielsweise.

Für Hellwig-Raub täte Uli Hoeneß deshalb besser daran, sich als erstes öffentlich zu entschuldigen, statt - wie er es am Montag laut Berichten angekündigt hat - gegen Medienberichterstattung juristisch vorzugehen. Und er sollte der Entschuldigung "weitere Schritte folgen lassen, etwa den Rückzug aus bestimmten Funktionen", meint Hellwig-Raub. Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt über ihren Regierungssprecher erklären ließ, sie sei "enttäuscht" von Uli Hoeneß, passt für Hellwig-Raub ins Bild - oder wie es Dirk Popp nennt, gehört zum "üblichen Ablauf öffentlicher Entrüstung". Dabei gelte: "Je prominenter die Person im Fokus, umso moralisch überhöhter wird sie gesehen und umso tiefer kann sie fallen".

Was Uli Hoeneß jetzt braucht sind Fürsprecher

 "Wenn eine Krise öffentlich bekannt wird, erreicht sie nach zwei bis vier Tagen ihren Höhepunkt, und danach ebbt das öffentliche Interesse wieder ab. Aber diese wenigen Tage können ausreichen, um Vertrauen und Reputation komplett zu verspielen", sagt PR-Berater Frank Wilmes. Dass Uli Hoeneß nun innerhalb von wenigen Tagen Gefahr läuft, seine in 40 Jahren erworbene Reputation zu verlieren, nennt man in der Forschung Framing (von Englisch "Frame"= Bild), erklärt Thomas Pleil, Professor für PR an der Hochschule Darmstadt. Die ersten Berichte vom vergangenen Wochenende haben das Bild vom Steuerhinterzieher Hoeneß vorgegeben. "Es bleibt nur wenig Zeit, dagegen anzukämpfen", sagt Pleil. Er sieht "mit jeder Stunde" Hoeneß' Chancen schwinden, sich in punkto guter Ruf noch verhältnismäßig heil aus der Steuer-Affäre zu ziehen.

Für Frank Wilmes würde sich deshalb diese Strategie anbieten: "Uli Hoeneß müsste jetzt Fürsprecher suchen". Menschen, denen Hoeneß in einer Krise zur Seite stand, denen er mal in einer wichtigen Lebenssituation geholfen hat. "Da gibt es viele", glaubt Wilmes.