Stuttgart. .
Die Souveränität von Stefan Schumacher ist schlagartig weg. Die Fragen von Richter Martin Friedrich hatte der Radprofi ruhig und gelassen beantwortet. Als aber Staatsanwalt Peter Holzwarth sich am Mittwoch im Landgericht Stuttgart nach vorne beugt und dem geständigen Doper die Sätze um die Ohren knallt, verschränkt Schumacher die Arme, schüttelt kaum merklich den Kopf.
Welcher Arzt ihm bei seinem ehemaligen Team Gerolsteiner vom Epo-Präparat Cera erzählt und es ihm gegeben habe? Darauf will Schumacher zum Auftakt des Betrugsprozesses nicht antworten. Wieder nicht.
Schon bei der Befragung durch Friedrich hatte der 31 Jahre alte Nürtinger sich geweigert, Namen von den bislang unbekannten Helfern zu nennen. „Die Leute waren Teil des Systems, so wie ich Teil des Systems war“, sagte Schumacher am Rande des Prozesses. „Die Leute wollten mir helfen, so komisch das klingt.“ Er werde deshalb in der Verhandlung „niemanden denunzieren“. Den Willen zur Zusammenarbeit mit den Anti-Doping-Agenturen Wada und Nada bekräftigte er aber.
Den Fragen im teilweise düsteren Gerichtssaal musste sich der zweifache Etappensieger bei der Tour de France stellen, weil ihm Betrug vorgeworfen wird. Die Staatsanwaltschaft hat ihn angeklagt, seinen ehemaligen Teamchef Hans-Michael Holczer um drei Monatsgehälter in Höhe von 151 463,50 Euro betrogen zu haben. Schumacher habe Doping bei der Tour de France 2008 geleugnet und das Geld daher unrechtmäßig erhalten. Im Nachhinein war Schumacher wie bei den Olympischen Spielen in Peking positiv getestet worden. Bis August 2010 hatte ihn der Internationale Sportgerichtshof deswegen gesperrt.
Vor Beginn des Prozesses hatte Schumacher nach andauerndem Leugnen in einem „Spiegel“-Interview zugegeben, über Jahre hinweg Mittel zur Leistungssteigerung eingenommen zu haben. Neben der Beichte nutzte er die Öffentlichkeit auch, um seinem früheren Teamchef Mitwisserschaft zu unterstellen.
Holczer könne nicht von ihm betrogen worden sein – denn er müsse ja vom Doping gewusst haben und habe es geduldet. Die Verteidigungsstrategie von Schumachers Anwälten Michael Lehner und Dieter Rössner war dadurch schon am ersten von acht geplanten Verhandlungstagen klar zu erkennen. Da Holczer von den Praktiken seiner Fahrer gewusst habe, könne er auch nicht von Schumacher betrogen worden sein.