Kamen.

Genüsslich nippt Martin Heuberger an seinem Kaffee. Der bisweilen etwas hektisch wirkende Bundestrainer ist entspannt, gibt sich dieser Tage völlig unverkrampft und gelöst. Dabei steht der 48-Jährige vor den Spielen gegen Tschechien trotz des fünften Platzes bei der WM gewaltig unter Druck. Ein Scheitern in der EM-Qualifikation käme für den deutschen Handball einem ­Desaster gleich. „Es geht um alles“, sagt Spielmacher Michael Haaß.

Auch Heuberger weiß um die herausragende Bedeutung der kommenden Tage. „Wir können uns für die WM nichts mehr kaufen“, sagte er vor der Abreise der DHB-Auswahl nach Brünn, wo heute (17 Uhr/Eurosport) das erste Duell ansteht. Ungeachtet großer Personalsorgen setzt er auch in den so wichtigen Spielen gegen Tschechien seine Verjüngungskur im Team fort. Er verzichtet auf gestandene Recken wie Holger Glandorf und Lars Kaufmann - und liefert damit für den Fall eines Scheiterns Grund zu Kritik.

„Es ist momentan keine einfache Situation für uns, aber das wussten wir schon im Vorfeld“, sagt Heuberger: „Die Mannschaft macht auf mich einen sehr müden Eindruck. Man merkt, dass die Spieler einige englische Wochen in den Knochen haben. Und jetzt kommt der Bundestrainer auch noch mit seinem Mammutprogramm. Das ist vor allem von der mentalen Seite her betrachtet keine leichte Sache.“

Bis auf den schwerwiegenden Ausfall von Kapitän und Abwehrchef Oliver Roggisch (Innenbandanriss im Knie) vertraut Heuberger der Mannschaft, die bei der WM im Januar für Furore gesorgt hatte.

Gegen Tschechien darf sich Heubergers Team nach der Heimniederlage gegen Montenegro dennoch keinen weiteren Patzer mehr erlauben, ansonsten droht nach der verpassten Olympia-Qualifikation im Vorjahr der nächste Tiefschlag. Nur mit drei Punkten aus beiden Begegnungen besitzt das DHB-Team die Chance, aus eigener Kraft das Ticket für die EM in Dänemark zu lösen.

Aber die junge und im Vergleich zu den Tschechen unerfahrene deutsche Mannschaft ist gewarnt: Im vergangenen Jahr setzte es zum Auftakt der EM eine Niederlage. Sechs tschechische Spieler verdienen ihr Geld in der Bundesliga, darunter als überragender Mann der frühere Welthandballer Filip Jicha vom THW Kiel. „Der Druck liegt nicht bei uns. Es ist ein Unterschied, ob ein Spiel gewonnen werden muss oder gewonnen werden kann“, sagt Jicha : „Von uns wird nicht viel erwartet. In Deutschland aber ist die Erwartung nach der WM sehr gestiegen.“ Da liegt Jicha genau richtig.