Sinsheim. Der Mann polarisiert, gilt als Typ mit Ecken und noch mehr Kanten. Freundlicher ließ sich Tim Wiese bisher kaum beschreiben. Außerhalb von Bremen, wo er sich über Jahre zu einem der besten, aber eben auch umstrittensten deutschen Torhüter entwickelte, wurde er nicht gerade als Sympathieträger wahrgenommen. Ein Kommentar.

Vor diesem Hintergrund ist Wieses aktuellem Klub, der TSG Hoffenheim 1899, jetzt Erstaunliches gelungen: Der Bundesligist von Dietmar Hopps Gnaden hat es geschafft, dass sich inzwischen eine wachsende Zahl von Fußballfans auf die Seite des sechsmaligen Nationaltorwarts schlägt. So provokativ bis arrogant der 31-Jährige auf seine Umgebung zuweilen gewirkt haben mag – es rechtfertigt nicht den Umgang, den der Verein seit Monaten mit ihm pflegt. Was auch viele seiner Mitspieler so sehen, wie deren Reaktion auf die jüngste Variante der Hoffenheimer Versuche zeigt, den einst unter großem Getöse geholten Keeper wieder los zu werden.

Kurz spricht von „Kasperletheater“

Um einen Kommentar zu Wieses Rauswurf aus dem Kraftraum des Vereins gebeten, hat TSG-Coach Marco Kurz abschätzig von „Kasperletheater“ gesprochen. Eher schon war seine Maßnahme, die vom Verein vorgegebene Kontaktsperre für den degradierten Torhüter umzusetzen, ein Ausdruck kleinkarierter Kraftmeierei. Mehr noch: In Zeiten, da in der Gesellschaft über dramatisch zunehmende Kälte am Arbeitsplatz geklagt wird, setzt Hoffenheim eine neue Marke in Sachen Mobbing.

Negativ-Schlagzeilen aus Sinsheim

Erst unlängst hat TSG-Manager Andreas Müller die unübersehbare Antipathie, die seinem Verein in der Szene entgegenschlägt, süffisant thematisiert. Die Auseinandersetzung mit dem Konfliktfall Wiese befeuert diesen Trend: Während der exzentrische Torhüter wenigstens noch polarisiert, ist Hoffenheim 1899 über dieses Stadium längst hinaus.