London. Auch wenn Lukas Podolski beteuert, beim Wiedersehen mit seinem Ex-Klub Bayern München niemanden etwas beweisen zu wollen, steht der Arsenal-Star beim Hinspiel des Champions-League-Achtelfinales am Dienstag doch im Rampenlicht.

Den Spaß, der Lukas Podolski in London zu Höchstleistungen treibt, hatte der Deutsch-Pole in München nie verspürt.

Kein Münchener Märchen

Podolskis Zeit beim FC Bayern (2006 bis 2009) war ein großer Irrtum. Symbolisch für sein Scheitern an der Säbener Straße steht das letzte Jahr unter Jürgen Klinsmann: Mit der Verpflichtung des WM-Trainers von 2006 wuchs bei ihm die Hoffnung, auch endlich ein Münchner Märchen erleben zu können. Doch wie schon unter Ottmar Hitzfeld wurde der Linksfuß weder gefördert, noch forderte er durch starke Trainingseindrücke einen Stammplatz. Selbst sein größter Unterstützer Uli Hoeneß sprach Podolski öffentlich die Mentalität ab, sich durchsetzen zu können: „Er muss aufhören, in der Ecke zu jammern“ - und das tat der „Tor-des-Monats“-Rekordhalter (zehn Siege) auch, indem er die Flucht zurück nach Köln ergriff.

Erst die rheinländische Art des damaligen FCB-Übergangstrainers Jupp Heynckes, der Podolski so in den Arm nahm wie es sonst nur Joachim Löw tat, konnte an der Isar wieder das ganze Talent des Nationalspielers herauskitzeln. Da waren allerdings nur noch fünf Saisonspiele zu absolvieren und die FC-Rückkehr stand längst fest. „Wenn ich wüsste, dass es dann wieder so läuft wie jetzt gerade, würde ich nicht noch einmal unterschreiben“, lautete Podolskis Fazit. "Ich habe nie eine Chance bekommen über sieben, acht, neun Spiele hinweg."

Vom Kölner Prinzen zum Vorlagenkönig der Premier League

Doch die Zeit des Schmusekurses ist vorbei: Der 27-Jährige hat im Sommer nach seinem dritten Abstieg im FC-Trikot sein Kölner Nest verlassen und spürt auch den einstigen Rückenwind aus dem Kreis der Nationalmannschaft nicht mehr, die lange als sein Auffangbecken galt. Das hindert Podolski im Vergleich zu früher jedoch nicht mehr daran, gute Leistungen abzurufen. Der Kopf bleibt oben.

Viele trauten dem Domstädter einen Durchbruch bei Arsenal nicht zu, doch "Prinz Poldi" teilt sich derzeit mit Juan Mata und Steven Gerrard den Titel des Vorlagenkönigs der Premier League. Bei den Arsenal-Fans ist er längst zum Publikumsliebling aufgestiegen. „He scores when he wants“, singen sie, wenn die Nummer neun der Hauptstädter seine linke Klebe ausholt.

Podolski und Arsenal, das hat das Zeug zur Lovestory. Obwohl der Offensivspieler für vier Jahre bei den „Gunners“ unterschrieben hat, kann er sich bereits jetzt einen „längeren Verbleib vorstellen“, ja sogar ein Arsenal-Tattoo. Nicht nur sportlich überzeugt Poldi auf der Insel, auch seine bescheidene Art kommt an. Während etliche Profis mit teuren Sportwagen protzen, sieht man den Familienvater in Bus und Bahn durch London fahren. "Bei Arsenal herrscht eine tolle Atmosphäre und Ruhe, die man wohl selten findet. So dass man sich total auf Fußball konzentrieren kann."

Arsenal auf der Suche nach einer neuen Galionsfigur

"In meiner Kölner Zeit stand ich schon sehr im Fokus der Öffentlichkeit.“ Podolski ist nicht der Messias der "Gunners", so wie er es bei den "Geißböcken" war, sondern einer von vielen Stars an der Themse. Der Angreifer fühlt sich pudelwohl in der zweiten Reihe. Ähnlich wie in der Nationalelf stimmen die Zahlen: Acht Tore in der Liga, neun Vorlagen, zudem drei Treffer in der Königsklasse. Doch nicht jeder im Vereinigten Königreich betrachtet seinen Part mit demselben Anspruch, denn Arsenal benötigt unbedingt wieder eine Galionsfigur. Nach dem Abgang von Robin van Persie zu Manchester United hat sich niemand in die Rolle gedrängt, auch nicht der 107-fache Nationalspieler, der in dieser Saison schon in 24 Pflichtspielen ausgewechselt wurde.

Es ist dieselbe Leier, die Arsenal seit Jahren verfolgt. Trainer Arsene Wenger formt Talente zu Weltstars, doch um Titel zu gewinnen, wechselten van Persie, Nasri und Fabregas zur Konkurrenz. Eine konstante Weiterentwicklung ist so nicht möglich. Ein Teufelskreis, denn im Vergleich zu anderen Vereinen schmeißt Arsenal nicht mit Geld um sich, sondern investiert mit Bedacht und auf Weitsicht.

Titeldruck in London

Die Kritik an „The Boss“ (so Wengers Spitzname in England) wird seit dem Wochenende lauter. Trotz Chancenplus blamierten sich die Nord-Londoner im FA-Cup gegen Zweitligist Blackburn Rovers und flogen damit aus dem Wettbewerb. Mit der Nominierung einer B-Elf hat Wenger erneut einen möglichen Titel aufs Spiel gesetzt. Der Druck für ihn und Podolski in der Champions League ist enorm, obwohl oder gerade weil die Bayern nach zwei Finalteilnahmen in drei Jahren als klarer Favorit ins Rennen gehen.

Karl-Heinz Rummenigge wünscht sich, dass nicht ausgerechnet sein ehemaliger Schützling Podolski den Bayern einen Strich durch die Titelrechnung macht: "Lukas ist ein netter Kerl. Ich hoffe nicht, dass er uns irgendeinen einschenkt. Das sollte er sich gut überlegen!"