Berlin/Zürich. “Wie eine Hydra“ empfindet Ralf Mutschke, Leiter der Sicherheitsabteilung des Fußball-Weltverbands Fifa, die Wettbetrüger, die weltweit rund 700 Spiele verschoben haben sollen. Derweil sind die seriösen Wettanbieter um Schadensbegrenzung bemüht: Mit Frühwarnsystemen sei es nicht getan.


Ralf Mutschke, 53, ist in diesen Tagen ein äußerst gefragter Mann. Er
leitet die Sicherheitsabteilung des Fußball-Weltverbands Fifa – und muss sich
vor allem mit dem sogenannten Wettskandal befassen.

"Ich kann nur immer
wiederholen, dass wir es hier mit einer globalen Bedrohung für den Fußball zu
tun haben, die nicht von heute auf morgen behoben werden kann. Die Fifa ist auch
nicht in der Lage, allein Abhilfe zu schaffen."

Mutschke führt weiter
aus: "Zur Zeit können die Kriminellen beim Manipulieren von Spielen mit hohen
Gewinnen und einem relativ geringen Risiko rechnen
. Das macht das Verschieben
von Spielen auch für die Organisierte Kriminalität reizvoll."

"Problematik ist omnipräsent"

Wie der Sicherheitschef der Fifa gehen auch
seine Mitstreiter ihre Aufgabe mit großem Respekt an. Der Gegner ist – so ein
Insider – "wie eine Hydra. Du schlägst einen Kopf ab, und es wachsen zwei
neue."

380 dubiose Spiele in Europa haben die Fahnder im Visier – dazu
kommen 300 Partien in Afrika, Asien, Süd- und Zentralamerika
, die verschoben
worden sein sollen. Die Drahtzieher der Millionen-Manipulationen agieren aus
dem Fernen Osten, teilweise auch aus Russland, Weißrussland und der Ukraine.

Eine Verfolgung ist extrem mühsam.

Am Landgericht 1 München sitzt
Hans-Joachim Eckert, der auch die Ethikkommission der Fifa leitet. Im Gespräch
mit dapd stellt er klar, dass das Echo auf die Einlassungen der Europol-Fahnder
teilweise verzerrt gewesen sei. Da hatte es beispielsweise geheißen, die WM in
Katar sei gefährdet. Das könne so nicht bestätigt werden. Im März treffen sich
die Fußball-Verantwortlichen und werten die Erkenntnisse der letzten Monate
aus.

Derweil sind die seriösen Wettanbieter um Schadensbegrenzung bemüht.
In "Deutschlandradio Kultur" meldete sich der Leiter des Instituts für
Sportwetten und Glücksspiel, Wolfgang Feldner, zu Wort.
"Die Verbände allein
sind überfordert mit diesem Thema", sagte er. "Ich empfehle dringend eine
Zusammenarbeit auch mit seriösen Wettanbietern, um hier mehr Knowhow in die
Verbände und Vereine zu bringen."

Mit Frühwarnsystemen ist es nicht getan

Bis 2012 hat Feldner sich bei der Fifa
um die Frühwarnsysteme zur Bekämpfung der Spielmanipulationen gekümmert. Die
freilich sind immer mehr in die Kritik geraten. Fachmann Feldner weiß, dass es
mit diesen Systemen eben nicht getan ist. Um in die Phalanx der organisierten
Kriminellen einzubrechen, bräuchten die Ermittler Überwachungsprotokolle von
Emails und Telefongesprächen. Das sei das Mindeste.

Der ehemalige
BKA-Mann Mutschke hat sich unlängst mit einem verurteilten Spiele-Schieber in
Zürich getroffen. Nach dem informellen Gespräch war dem Fifa-Sicherheitschef
endgültig klar: "Der Fußball sieht sich durch Korruption und Spielmanipulation
großen Gefahren ausgesetzt. Fälle aus der Vergangenheit, aber auch aktuelle
Ereignisse zeigen, dass die Problematik omnipräsent ist." (dapd)