Leverkusen. Ihre Beine sind lang, ihr Schritt federnd und raumgreifend. Scheinbar mühelos gleitet die Leverkusenerin Sorina Nwachukwu um die Bahn. Die 21-Jährige ist Deutschlands schnellste 400-Meter-Sprinterin: „Laufen ist Leidenschaft“, sagt die gebürtige Wittenerin.
Sorina Nwachukwu führt die deutsche Bestenliste mit über einer Sekunde Vorsprung an. Bei den Weltmeisterschaften in Berlin (15.-23. August) vertritt sie die deutschen Farben über 400 und 4x400 Meter. In ihrem Heimatland mag ihr derzeit niemand das Wasser reichen, doch international sieht die Situation ganz anders aus. Die Weltspitze läuft gut zwei Sekunden schneller als Nwachukwu. Das lässt sie aber kalt: „Ich bin noch jung. Bis zu den Olympischen Spielen 2012 in London habe ich noch viel Zeit, um mich zu steigern.“
Sorina Nwachukwu wohnt zwar in Aachen, trainiert aber hauptsächlich in den Niederlanden in einer deutsch-niederländischen Trainingsgruppe unter ihrem deutschen Trainer Joachim Schulz. Alle Athleten sind zwischen 18 und 27 Jahre alt, alle sind mit einer großen Lockerheit bei der Sache. Diese Ungezwungenheit weiß die Langsprinterin zu schätzen. Sorina Nwachukwu, die an der RWTH Aachen Betriebswirtschaft studiert, ist der Genießertyp: Stimmt die Abwechslung, stimmt auch die Leistung. Gerade weil Sport auch Spaß machen muss, läuft sie im Wettkampf auch nur eine Runde. 800 Meter fand sie zu langweilig und viel zu lang. „Da weiß ich gar nicht, was ich denken soll.“
Trainer mit Dopingvergangenheit
Ihre Bestleistung hat sie 2009 auf 51,53 Sekunden gesteigert und bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm erstmalig den Titel gewonnen. Mit ihrem Heimtrainer Joachim Schulz verbindet sie eine enge Freundschaft, obwohl der Verstrickungen in das DDR-Dopingsystem gestanden hat und berichtet hat, dass er sich als DDR-Trainer einem Selbstversuch mit Testosteron unterzogen hatte: „Das tangiert mich nicht“ sagt die Langsprinterin. „Das war vor meiner Zeit. Ich kann nur darüber sprechen, wie er uns trainiert: sorgfältig, gewissenhaft und voller Leidenschaft.“ Das Verhältnis bezeichnet sie als vertrauensvoll, harmonisch. Mehr will sie dazu nicht sagen. Dafür redet sie umso lieber über die WM.
Wenn Sorina Nwachukwu über Berlin spricht, ist ihre Vorfreude mit den Händen zu greifen. Von Versagensängsten will sie nichts wissen, sondern versteht die WM als Motivationsschub. Mit der Staffel will sie ins Finale, über 400 Meter liebäugelt sie mit dem Halbfinale. Das Wort Leistungsdruck will sie nicht in den Mund nehmen, sie zieht es vor, von „dem Größten“ zu sprechen, von der „Ehre“, den deutschen Sport repräsentieren zu dürfen: „Ich habe das gesamte Jahr auf Berlin hingearbeitet.“
Erfahrungen in Peking gesammelt
Für die Aachenerin ist es nicht der erste Auftritt vor einem tosenden Publikum: 2008 belegte sie bei den Olympischen Spielen in Peking mit der 4x400-Meter-Staffel Rang acht. Daran erinnert sie sich gerne zurück: „Die Chinesen haben sich bei der Organisation so viel Mühe gegeben.“
Am 21. August feiert sie während der WM ihren 22. Geburtstag. Vielleicht kann sie sich nachträglich zwei Tage später selbst beschenken: Mit einer guten Platzierung im Staffel-Finale im hoffentlich ausverkauftem Olympiastadion: „Was Schöneres kann es nicht geben“, sagt Sorina Nwachukwu. Und bekommt vor lauter Vorfreude schon einmal eine Gänsehaut.