Washington. Ex-Profi Lance Armstrong hat in einem Interview mit US-Talkmasterin Oprah Winfrey erstmals die Einnahme von Dopingmitteln bei allen sieben Tour-de-France-Siegen eingeräumt. Aus Sicht des gefallenen Radstars war es in seiner aktiven Zeit unmöglich, die Tour de France ohne Doping zu gewinnen.

Oprah Winfrey, die Gastgeberin, kam nach einem kurzen Einspielfilm sofort zur Sache: Hast Du gedopt? War Epo dabei? Kortison auch? Und andere Wachstumshormone? Viermal antwortete Lance Armstrong kurz und bündig und sehr blass im Gesicht mit: Ja. Nach über 13-jährigem Lügen und Abstreiten riss der bis vor kurzem als bester Radfahrer aller Zeiten geltende Texaner die hohe Mauer des Schweigens ein und gab zu, bei allen sieben Tour-de-France-Siegen zwischen 1999 und 2005 unter dem Einfluss verbotener Mittel und Methoden gestanden zu haben.

Im ersten Teil des Gesprächs am Donnerstagabend, Teil zwei wird in Deutschland am Samstag um 3 Uhr morgens zu sehen sein, erklärte der 41-Jährige, bis zum Jahr 2005 gedopt zu haben. Bei seinem Comeback 2009, als er Dritter bei der Tour war und 2010 (Platz 23) sei er „sauber“ gewesen. Seine Begründung: Bis 2005 seien die Doping-Kontrollen vor allem außerhalb der Rennen lax gewesen.

Auffällig war, dass Armstrong die entscheidende Instanz im Radsport, den Weltverband UCI, in keiner Form belastete. Vorwürfe, die UCI habe 2001 einen positiven Epo-Test verschwinden lassen und Armstrong habe sich dafür mit einer Spende von 125 000 Dollar „bedankt“, seien falsch. „Die Geschichte ist nicht wahr. Es gab keine positive Probe, keine Bestechung des Labors und keine geheimen Treffen mit dem UCI-Chef“, sagt er auf Winfreys Frage.

Armstrong: unmöglich, Tour de France ohne Doping zu gewinnen

Aus Sicht des Ex-Profis war es in seiner aktiven Zeit unmöglich, die Tour de France ohne Doping zu gewinnen. Armstrong erweckte den Eindruck, der Missbrauch sei weit verbreitet gewesen, hütete sich aber davor, andere Fahrer zu belasten.

Von großem Interesse wird in den nächsten Tagen sein, was Armstrong zu den mannigfachen Vorwürfen sagte, er habe Team-Kollegen  zum Doping gedrängt, ja gezwungen. „Nicht wahr“. Allenfalls laste er sich an, die „Doping-Kultur des Radsports nicht beendet zu haben“. Erfunden hätten sie andere.

Als Motiv für seinen fortgesetzten Betrug führte der Amerikaner einen „unbändigen Wunsch“ an, „um jeden Preis zu siegen“. Doping sei für ihn damals wie „Reifen aufpumpen“ gewesen.  Energisch wies er den Vorwurf der US-Doping-Agentur zurück, sein System sei das ausgeklügelste und umfassendste Doping-System in der Geschichte des Sports gewesen. Diesen Stellenwert verdiene dann doch das Doping-System der DDR.

„Ich war ein arrogantes Arschloch“

Ob er nie Sorge gehabt habe, dass alles auffliegt, wollte Winfrey wissen. „Ich war ein arrogantes Arschloch“, sagte Armstrong über sich. Hat es sich denn nie falsch angefühlt, zu dopen, wollte Winfrey noch einmal wissen. An dieser Stelle entwickelte sich ein bemerkenswertes Dialog. „Nein“, gab Armstrong zurück und fügte grinsend hinzu: „furchterregend“. Hatten Sie ein schlechtes Gewissen, setze die Moderatorin nach. „Nein“, antwortete Armstrong und ergäntze: „noch furchterregender“.

Hatten Sie nie das Gefühl, ein Betrüger zu sein. Erneut antwortete Armstrong mit einem klaren Nein. Und das sei „am furchterregendsten“. Warum, setzte Winfrey wieder nach, verklagte Lance Armstrong dann Menschen, darunter enge Wegbegleiter, von denen er wusste, dass sie mit ihren Doping-Enthüllungen Recht hatten? O-Ton: „Ich war ein Typ, der immer alles unter Kontrolle haben musste.“

Armstrong will sich bei Emma O'Reilly entschuldigen

Stellvertretend für viele entschuldigte sich Armstrong bei seiner früheren Masseurin Emma O'Reilly. Er hatte die Irin verklagt und mehrfach schwer beleidigt. Sie war einer der 26 Hauptbelastungszeugen, die in der Anklage der US-Anti-Doping-Agentur gegen Armstrong aufgeführt sind.

Von seinem Geständnis erwartet der Ex-Profi keine heilsame Wirkung. „Das war eine einzige große Lüge. Wenn es Leute gibt, die das hören und mir nie vergeben werden, verstehe ich das gut.  Ich werde den Rest des Lebens mit dem Versuch zubringen, Vertrauen zurückzugewinnen und mich bei den Leuten zu entschuldigen.“