Madrid. . Der Sieger der 67. Spanien-Rundfahrt heißt Alberto Contador. Für den Radsport ist dies nach dem spannenden Rennverlauf ein Gewinn - glaubt zumindest der gerade erst von einer Dopingsperre zurückgekehrte Contador. „Contadors Sieg ist katastrophal. Der Radsport ist immer noch ein Lügendickicht ohnegleichen“, sagte der renommierte Heidelberger Dopingexperte Werner Franke
Alberto Contador hatte gerade die letzte schwere Hürde auf dem Weg zum Sieg bei der 67. Vuelta erfolgreich genommen, da sorgte der spanische Radprofi bei seinen Kritikern und wohl sämtlichen Anti-Doping-Kämpfern dieser Welt für Kopfschütteln. „Diese Spanien-Rundfahrt ist für den Radsport im Allgemeinen ein Gewinn“, sagte Contador nach der schweren 20. Etappe auf den Bola del Mundo am Samstag.
Der 29 Jahre alte Kapitän vom Team Saxo Bank, für den die letzte Etappe am Sonntag zu einer Triumphfahrt in seine Heimatstadt Madrid wurde, spielte auf den Dreikampf um den Sieg mit seinen Landsleuten Joaquin Rodriguez (Katjuscha) und Alejandro Valverde (Movistar) an. Auf ein teils hochklassiges Ausscheidungsfahren, das zweifelsohne mehr Spannung bot als der kalkulierte und kühl umgesetzte Sieg des Briten Bradley Wiggins bei der Tour de France.
„Es ist ein ganz spezieller Sieg für mich. Nach allem, was passiert ist, auch weil ich ihn mir so hart erarbeiten musste“, sagte Contador unmittelbar nach der Zieldurchfahrt.
Und doch verdrängte Contador eines ganz bewusst: Nicht nur er selbst, auch der Zweitplatzierte Valverde sind in der Vergangenheit als Dopingsünder überführt worden und haben dafür lange Sperren abgesessen. „Contadors Sieg ist katastrophal. Der Radsport ist immer noch ein Lügendickicht ohnegleichen“, sagte der renommierte Heidelberger Dopingexperte Werner Franke dem SID. Auch sei Contador Kunde beim Dopingarzt Eufemiano Fuentes gewesen, das könne er jederzeit beweisen.
Contador war bei der Tour 2010 positiv auf das Kälbermastmittel Clenbuterol getestet und nach einer über ein Jahr andauernden Hängepartie erst im Februar für zwei Jahre gesperrt worden. In Vorbereitung auf die Vuelta feierte er bei der Eneco-Tour durch die Niederlande und Belgien Anfang August sein Comeback. Valverde war wegen seiner Verwicklung in die Fuentes-Affäre bestraft worden.
In Spanien wurden die Verfehlen der beiden Profis wie gewohnt ausgeblendet. Eine kritische Betrachtung von Contadors Erfolg blieb aus, stattdessen überschlugen sich die großen Medienhäuser mit Lobliedern auf den Pistolero: „Die Vuelta des Contador. Er ist der König des Comebacks“, schrieb Marca. AS würdigte auch Valverde und Rodriguez: „Ein Champion, drei Helden.“
„Es ist ein Beispiel für nationale Korruption im Denken. In Spanien trieft es vor Nationalismus“, sagte Franke. Schon nach Contadors fulminantem Sieg auf der 17. Etappe, als er sich auf dem Weg nach Fuente De bereits 50 Kilometer vor dem Ziel mit einem beherztem Angriff ins Rote Trikot kämpfte, wurde dem zweimaligen Tour-Sieger in seiner Heimat gehuldigt.
„Vielleicht habe ich die Vuelta durch meinen Mut gewonnen“, sagte Contador, der sich in den Monaten seiner Sperre explizit auf die letzte große Rundfahrt des Jahres vorbereitet hatte. Eine „schwere Zeit“, wie er verriet: „Ich musste mich häufig überwinden, vor die Tür zu gehen und zu trainieren.“ Nun wolle er sich bei den Leuten bedanken, „die mich während dieser Zeit unterstützt haben“.
Auf die Zustimmung seiner Landsleute dürfte er sich auch in Zukunft verlassen dürfen. Etwa bei der Tour de France, die 2013 zum 100. Mal ausgetragen wird. „Warum nicht?“, sagte Contador, „alles ist möglich. Aber bis Paris 2013 ist es noch ein langer Weg. Jetzt konzentriere ich mich auf Madrid 2012.“
Für die Spannung der Frankreich-Rundfahrt wäre Contadors Start wohl ein Gewinn, ein erneuter Erfolg für den Ruf des Radsports nur bedingt. (sid)