London. Mit 18 Gold-, 26 Silber und 22 Bronzemedaillen überbot Deutschland bei den Paralympics in London das Ergebnis von Peking 2008 (14/25/20) um insgesamt sieben Medaillen. Doch noch seine große Show hatte zum Abschluss der Leichtathletik-Wettbewerbe Olympia-Starter Oscar Pistorius.
Happy End für Tanja Gröpper nach dem durch einen Spastik-Anfall verlorenen Gold, Bronze mit Ehrenrunde für Claudia Nicoleitzik, dreimal Silber im Schwimmen und ein guter Abschluss für Ilke Wyludda: In ihrer „Bonusrunde“ haben die deutschen Athleten bei den Paralympics in London einige Erfolge erzielt. Mit 18 Gold-, 26 Silber und 22 Bronzemedaillen überbot Deutschland das Ergebnis von Peking 2008 (14/25/20) um insgesamt sieben Medaillen. Am Sonntag ist kein deutscher Athlet mehr im Einsatz.
Doch noch seine große Show hatte zum Abschluss der Leichtathletik-Wettbewerbe Olympia-Starter Oscar Pistorius. Der Star der Spiele gewann seine Spezialdisziplin 400 m, in der er bei Olympia bis ins Halbfinale vorgedrungen war, mit unglaublichen dreieinhalb Sekunden Vorsprung und holte doch noch das ersehnte Einzel-Gold. „Das war absolut unglaublich, vor dieser Kulisse laufen zu dürfen“, sagte Pistorius, der von 80.000 Fans angefeuert wurde.
Schmidberger trägt Flagge
Derweil wird der erst 20 Jahre alte Tischtennis-Spieler Thomas Schmidberger die deutsche Flagge tragen. Der querschnittsgelähmte Plattlinger, der als Dreijähriger auf dem Weg zum Kindergarten von einem Auto angefahren wurde und seitdem in Rollstuhl sitzt, hatte in London Bronze im Einzel und Silber mit der Mannschaft gewonnen und dabei eine in die Frisur eingearbeitete schwarz-rot-goldene Flagge getragen.
„Wir möchten mit dieser Nominierung ganz klar ein Zeichen in Richtung Jugend setzen“, sagte Deutschlands Chef de Mission Karl Quade. Schmidberger meinte: „Ich bin ein bisschen überrumpelt und kann es noch nicht ganz einordnen. Das freut mich sehr.“ Auch die deutschen Sitzvolleyballer gewannen Bronze durch ein 3:2 im kleinen Finale gegen Russland.
Das erfolgreiche Abschneiden der deutschen Sportler macht sogar eine erneute Diskussion über die Medaillen-Prämien nötig. „Wir müssen jetzt wieder in die Finanzierungs-Diskussion einsteigen. Ich hoffe, wir kriegen das hin“, sagte Deutschlands Chef de Mission Karl Quade. Er bestätigte dem SID aber, dass die Sportler keine Einbußen hinnehmen müssen: „Wir haben die Summe zugesagt, und jetzt ist es unsere Aufgabe, zu sehen, wo wir sie herbekommen.“
Gröpper holt Bronze
Besonders erfreulich am Freitag war die Bronzemedaille der Wuppertaler Schwimmerin Tanja Gröpper über 100 m Freistil. Es war die erste Paralympics-Medaille für die 36-Jährige, die über 50 m Freistil kurz vor dem Ziel in Führung liegend einen spastischen Anfall im Bein hatte. Diesmal schlug sie eine Hunderstelsekunde vor der Viertplatzierten Lingling Song aus China an.
„Mein Mann wird sich besonders freuen, er musste in den vergangenen drei Tagen sehr viel Aufbauarbeit leisten“, sagte Gröpper: „Ich musste zwei, drei Mal auf die Anzeigetafel schauen, ich bin schließlich Brillenträgerin. Aber das Quäntchen Glück war diesmal auf meiner Seite.“
Sprinterin Nicoleitzik beendete nach den 200 m auch die 100 m als Dritte und genoss die Ehrenrunde, die ihr wegen der zwischenzeitlichen Disqualifikation in der Vorwoche verweigert worden war, mit einer großen Saarland-Fahne sichtlich. „Ich habe mir vorher schon gesagt, heute wirst du hoffentlich nicht aufgehalten', sagte sie: „Ich habe natürlich ein bisschen gehofft, dass es noch mehr wird, aber mit Bronze bin ich sehr zufrieden.“
Iwanow mit guter Bilanz
Eine insgesamt gute Bilanz kann Iwanow aufweisen, auch wenn ihm die Krönung verwehrt blieb. Der 27-Jährige aus Leverkusen, dem von Geburt an ein Schienbein fehlt, wurde über 100 m Freistil Zweiter hinter dem Chinesen Xu Qing. Am ersten Wettkampftag hatte Iwanow bereits Bronze über 100 m Rücken gewonnen. „Zwei Medaillen, Silber und Bronze, sind für mich recht gut. Natürlich wäre Gold schöner gewesen. Aber der Abend wird gefeiert“, sagte Iwanow.
Ebenfalls ihre zweite Medaille holte Eröffnungsfeier-Fahnenträgerin Daniela Schulte: Silber über 200 m Lagen nach Gold über 400 m Freistil. „Ich habe bei diesen Spielen mehr erreicht, als ich mir erträumt habe“, sagte Schulte. Auch die sehbehinderte Nürnbergerin Elena Krawzow gewann Silber über 100 m Brust und damit in ihrem sechsten und letzten Wettbewerb doch noch eine Medaille.
Schon die dritte holte Alex Zanardi: Der frühere Formel-1-Pilot hat nach zweimal Gold im Zeitfahren und im Straßenrennen zum Abschluss gemeinsam mit Francesca Fenocchio Silber im Mixed-Teamfahren gewonnen und schließt nun sogar eine Fortsetzung seiner Karriere mit dem Handbike nicht aus. „Vielleicht wird es ja doch noch was mit Rio 2016“, sagte er: „Ich muss mir das alles aber noch durch den Kopf gehen lassen.“ Erst einmal sei es Zeit für ihn, 'ins normale Leben zurückzugehen und Dinge zu tun, wie meinen Sohn in die Schule zu bringen.“
Ohne Medaille blieb die frühere Diskus-Olympiasiegerin Ilke Wyludda, mit Rang fünf im Kugelstoßen war die 43-Jährige zum Abschluss ihrer ersten Paralympics aber hoch zufrieden. Ob sie 2016 in Rio de Janeiro wieder dabei sein wird, ist noch unklar. „Man weiß nie, was in vier Jahren alles passiert. Ich werde jetzt aber auf jeden Fall erst einmal weiter trainieren“, sagte die Hallenserin, die in ihrer Spezial-Disziplin als Neunte noch das Finale der besten Acht verpasst hatte. (sid)