Berlin. Wie auch vor vier Jahren schon haben es die deutschen Vollyballer wieder äußerst spannend gemacht: Erst im allerletzten Turnier gelang der Sprung zu den Olympischen Spielen. Dabei stand die Qualifikation zwischenzeitlich gehörig auf der Kippe.
Als die großen Männer am Ziel ihrer Träume waren, schluchzten sie wie kleine Kinder. Minutenlang hüpften sie über den Hallenboden, lagen sich immer wieder in den Armen. Als sie dann die T-Shirts anzogen, stand es weiß auf schwarz: "Über Berlin nach London." Die deutschen Volleyballer haben den Sprung zu Olympia wie vor vier Jahren in letzter Sekunde geschafft.
"Wenn ich darüber rede, bekomme ich einen Heulkrampf. Olympia war immer ein Traum", sagte Georg Grozer. 2008 war der jetzt beste deutsche Angreifer für die Spiele in Peking nicht berücksichtigt worden. "Das ist einfach nur geil", jubelte Libero Markus Steuerwald.
Das ersehnte London-Ticket hatte das Team von Bundestrainer Vital Heynen am Sonntag mit einem 3:1 (25:22, 23:25, 25:23, 25:21)-Sieg gegen Tschechien gelöst. Ganz nebenbei haben die Volleyballer damit auch die Anzahl der deutschen Mannschaften in London um ein Drittel erhöht - zuvor hatten sich nur die beiden Hockey-Teams für die Sommerspiele qualifiziert.
Heynen: der Weg ist schöner als das Ziel
Neu-Trainer Heynen wirkte gelöst: "Ja, für mich als Trainer ist der Weg das Schönste, nicht das Ziel. Für die Fans zählt nur das Ziel. Jetzt freue ich mich aber gegen die zwölf besten Teams der Welt zu spielen."
Bei der entscheidenden Olympia-Qualifikation in Berlin war die Dramaturgie perfekt. Vieles erinnerte an das Turnier von 2008, als Deutschland auch im letzten Anlauf den Sprung zu Olympia - erstmals seit 36 Jahren - geschafft hatte. Mit einem souveränen 3:0-Sieg gegen Außenseiter Indien (damals Taiwan) starteten die Volleyballer ins Turnier. Tags darauf folgte das erwartete Schlüsselspiel gegen Vize-Weltmeister Kuba. 126 Minuten, die in einem packenden Tie-Break wie vor vier Jahren gipfelten.
Mit "Wir-Gefühl" und Publikum als siebtem Spieler
Als das Projekt Olympia am Samstag vorzeitig auf der Kippe stand, zeigten die deutschen Spieler ihr neu gewonnenes Selbstbewusstsein. Das hatte ihnen Heynen in nur wenigen Wochen eingeimpft. Im September noch, als die Mannschaft bei der EM in Tschechien als Gruppenletzter vorzeitig wieder nach Hause fahren musste, gab niemand was auf die Truppe.
Doch der erst im Februar verpflichtete Belgier entfachte bei den Schmetter-Assen wieder die Lust am Volleyballspielen. Auch, weil er seine Spieler in Entscheidungen bewusst miteinbezog und damit anders als sein autoritärer Vorgänger Raul Lozano für ein neues Wir-Gefühl in der Mannschaft sorgte.
Die mentale Kraft war zu groß
Dies war auch beim dritten und letzten Spiel in der Max-Schmeling-Halle spüren. Tschechien trat zwar als ernsthafter Olympia-Verderber auf und bot den Heynen-Männern mächtig Paroli, doch am Ende war dies nicht genug für die nervenstarken Deutschen. Selbst wenn die physische Kraft nachließ, die mentale Kraft war zu groß.
Die Mannschaft um Star-Angreifer Grozer wollte vor den 4.110 Zuschauern unbedingt den Sprung zu Olympia schaffen, nachdem beim ersten Qualifikationsturnier in Sofia noch drei Punkte nach London gefehlt hatten. Die DVV-Volleyballer nutzten wie vor Jahren im "Endspiel" gegen Spanien ihre Chance. Und wieder hatte das Publikum quasi als siebter Spieler einen riesigen Anteil daran. "Ihr hab uns so sehr geholfen, Danke", sagte Heynen nach dem Matchball. (dapd)