Berlin. Die Mehrheit der Vereinsanhänger lehnt auf einer Mitgliederversammlung ein weiteres Vorgehen gegen den Schiedsspruch ab, der Fortuna Düsseldorf den Weg in die 1. Liga ebnen würde. Die Vereinsführung will sich offen halten, wie sie mit dem Ergebnis des umstrittenen Relegationsspiels umgeht.

Hertha BSC Berlin scheint sich mit dem Abstieg in die zweite Liga abzufinden. Auf einer emotionsgeladenen Mitgliederversammlung lehnte die Mehrheit der Vereinsanhänger ein weiteres Vorgehen gegen das Ergebnis des umstrittenen Relegationsspiels ab. Bleibt es dabei, ist der Aufstieg von Fortuna Düsseldorf in die 1. Liga endgültig besiegelt. Allerdings behält sich die Hertha-Führung weitere Schritte vor: Ob der Verein nach den ersten zwei verlorenen Instanzen vorm Sport- und Bundesgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) noch das Ständige Schiedsgericht anruft, wollten die Verantwortlichen erst nach Zustellung der schriftlichen Urteilsbegründung des Bundesgerichts entscheiden, die noch in dieser Woche erwartet wird. Herthas Einspruch gegen die Wertung des zweiten Relegationsspiels bei Fortuna Düsseldorf war in zwei Instanzen abgewiesen worden. „Wir müssen davon ausgehen, dass wir abgestiegen sind. Aber wir kämpfen nicht, weil wir schlechte Verlierer sind, sondern kämpfen für Gerechtigkeit“, sagte Hertha-Manager Michael Preetz, der niedergeschlagen wirkte und zu Beginn der Versammlung mit lautstarken Pfiffen und Buh-Rufen empfangen wurde, weil er als einer der Hauptverantwortlichen für den sportlichen Abstieg gilt.

Preetz würdigte die Verdienste von Ex-Trainer Markus Babbel, mit dem sich der Hertha-Manager im Winter überworfen hatte und der daraufhin gehen musste. „Das Abschneiden in der Hinrunde war ohne Frage auch das Verdienst von Babbel und Co-Trainer Rainer Widmayer.“ Dennoch übte Preetz einmal mehr Kritik an seinem ehemaligen Weggefährten und jetzigem Hoffenheim-Trainer. Babbel habe seinen Maßstäben in Sachen Ehrlichkeit und Vertrauen nicht genügt, sagte Preetz. Nur Lob fand der 44-Jährige für Interimstrainer Otto Rehhagel, den er als "großes Vorbild“ bezeichnete, das für den Verein gekämpft habe.

Kobiashwili droht zweijährige Sperre

Personell sollen Thomas Kraft, Peter Niemeyer, Lewan Kobiaschwili, Roman Hubnik und Fabian Lustenberger das „Korsett“ für die neue Saison werden, betonte Preetz. Der Georgier Kobiaschwili wurde dabei ebenfalls mit Pfiffen bedacht, gegen den 34 Jahre alten Defensivspieler läuft noch ein Verfahren beim DFB-Sportgericht. Kobiaschwili soll Schiedsrichter Wolfgang Stark nach dem Relegationsspiel bei Fortuna Düsseldorf geschlagen haben. Ihm droht eine zweijährige Sperre.

Zuvor hatte Aufsichtsratschef Bernd Schiphorst deutliche Worte für die abgelaufen Saison der Berliner gefunden: „Hertha bietet ein Bild großer Zerrissenheit. Es ist uns nicht gelungen, die Nach-Hoeneß-Ära erfolgreich zu gestalten“, sagte der ehemalige Vereinspräsident. Zudem verteidigte er Manager Preetz, der Hoeneß nach dessen Beurlaubung 2010 als Manager beerbte. Dieser habe „viel Kritik einstecken müssen, aber so einfach sind die Dinge nicht. Preetz hat Fehler gemacht, aber auch andere Sportliche Leiter hatten die Seuche und haben dann den richtigen Trainer verpflichtet“, sagte Schiphorst am Ende seiner viel beachteten und überraschend offenen Rede.

Trotz der dramatischen Situation kann die Vereinsspitze auf Kontinuität setzen: Werner Gegenbauer bleibt Präsident des krisengeplagten Bundesliga-Absteigers. Die Hertha-Fans wählten den Unternehmer trotz des zweiten Abstieges unter seiner Regie für vier weitere Jahre ins Amt. Auf 2775 abgegebenen Wahlzetteln stimmten 73,2 Prozent der Fans für Gegenbauer und verhalfen dem Klubboss einen Tag nach seinem 62. Geburtstag zur absoluten Mehrheit. Diese hatte Gegenbauer als Bedingung für eine weitere Amtsperiode gestellt.

Kein Mickey-Mouse-Veranstaltung

'Ich nehme die Wahl gerne an und bedanke mich für dieses tolle Votum', sagte Gegenbauer. Eine Wahlniederlage Gegenbauers hätte Hertha in ein großes Chaos gestürzt, denn einen Gegenkandidaten gab es nicht. Im Vorfeld hatten einige Präsidiumskandidaten Stimmung gegen Gegenbauer und vor allem gegen Manager Michael Preetz gemacht. Durch die erfolgreiche Wahl Gegenbauers, der vor vier Jahren die Nachfolge von Bernd Schiphorst angetreten hatte, kann Preetz etwas durchatmen.

'Wer Preetz nicht will, braucht mir seine Stimme nicht zu geben', hatte Gegenbauer im Vorfeld gesagt und vor einer in einem offenen Brief an die Fans vor einer Selbstzerfleischung gewarnt.

Aufsichtsrats-Chef Schiphorst hatte vor der Präsidiums-Wahl an die Mitglieder appelliert: "Hertha BSC ist keine Mickey-Mouse-Veranstaltung, es hängen Hunderte Arbeitsplätze an dem Verein. Bitte denken Sie bei Ihrer Abstimmung daran." Klar sei aber auch, so Schiphorst, dass man 'nicht so weitermachen kann wie bisher'.

Das scheint allerdings zumindest finanziell genau der Fall zu sein. Bei einem endgültigen Abstieg in die 2. Fußball-Bundesliga planen die Berliner mit Einnahmen in Höhe von 31,8 Millionen Euro, dem stehen Ausgaben von 45 Millionen Euro gegenüber. Bereits jetzt plagen den Klub Verbindlichkeiten in Höhe von 34,7 Millionen Euro. 'Wir sind nicht gezwungen, Transfers zu tätigen. Aus kaufmännischer Sicht ist aber jede zusätzliche Einnahme willkommen', sagte Finanz-Geschäftsführer Ingo Schiller.

Für die Zweitliga-Spielzeit 2012/13 plant der Hauptstadt-Klub mit einem Spieleretat in Höhe von 13 Millionen Euro statt wie in der abgelaufenen Saison mit 27 Millionen Euro. Die Lizenz sei aber weder für die erste noch für die zweite Liga in Gefahr, betonte Schiller. (dapd/sid)