Köln. . Im deutschen-deutschen Fight des Jahres geht es um den WM-Titel im Mittelgewicht. Boxer eint gegenseitige Antipathie
Als der Kellner im feinen Kölner Hotel das Frühstück serviert, hellt sich die ohnehin schon fröhliche Miene des Sebastian Zbik noch mehr auf. Spiegelei mit Speck und eine große Portion Müsli mit Milch hat sich der 29-Jährige gewünscht. „Das Frühstück ist die beste Mahlzeit vor einem Kampf“, sagt Zbik. Der Kampf nach Spiegelei und Müsli, das ist das deutsch-deutsche Duell am Freitag (22.05/live Sat.1) um die WBA-Weltmeisterschaft im Mittelgewicht. Der 33-jährige Felix Sturm ist der WBA-Superchampion, Zbik der Herausforderer.
Doch bevor der erste Gong zum Fight ertönt, müssen die beiden Kontrahenten am Donnerstag auf die Waage. 72,574 Kilo ist das Limit im Mittelgewicht. „Ein Kilo muss ich noch abnehmen“, sagt Zbik und nimmt sich noch ein bisschen vom Spiegelei, „zehn Kilo habe ich in elf Wochen schon abtrainiert. Am Ende wird man ziemlich trocken.“
Gewicht machen, das ist die ebenso harte wie ungeliebte Herausforderung der Boxer. Wenn der 1,82 Meter große Zbik sein „Wohlfühlgewicht“ von 82, 83 Kilo auf die Waage bringt, dann ist bei ihm nichts von Speckröllchen oder Doppelkinn zu sehen, dann hat er immer noch eine Figur, von der jeder Dressman träumt.
Krasse Einheiten im polnischen Schnee
Im polnischen Zakopane hat Zbik die Grundlagen für den wichtigsten Kampf seiner Karriere gelegt. Mit seinem Trainer Artur Grigorian, dem früheren Weltmeister im Leichtgewicht, ist er auf einer Höhe von 1000 Meter losgelaufen, um dann möglichst schnell das 2000 Meter hohe Gipfelkreuz zu erreichen. „Das waren echt krasse Einheiten“, erzählt er, „ich bin bei jedem Schritt im Schnee versunken. Aber ich hatte mein großes Ziel vor Augen und habe mich durchgequält.“
Das Ziel, das ihn alle Strapazen hat ertragen lassen, ist der WM-Titel. Es war für seine Motivation auch eher förderlich, dass Zbik seinen Gegner, sagen wir nicht gerade sympathisch findet. In den vergangenen Tagen haben die beiden Mittelgewichtler, die vor einigen Jahren gemeinsam im Universum-Stall trainierten, keine Gelegenheit ausgelassen, um sich ihre gegenseitige Antipathie mit harschen Worten zu versichern. Für Sturm ist der einstige WBC-Champion Zbik nur ein „Micky-Maus-Weltmeister“, für Zbik ist Sturm „ein respektloser Mensch mit einem abstoßenden Mundwerk.“
Ist es das allzuoft im Boxzirkus zelebrierte Ballyhoo, um dem Fight möglichst viele und möglichst dicke Schlagzeilen zu verschaffen, oder sind die Emotionen echt? „Sie sind echt. Hundertprozentig“, antwortet Zbik und streicht mit der linken Hand über die geballte rechte Faust, „wir mögen uns wirklich nicht.“ Das sei schon in der gemeinsamen Zeit in Hamburg so gewesen. Man habe sich nicht mehr als Tag und Tschüss gesagt. „Felix kann nicht mit Kritik umgehen“, sagt Zbik, „ich glaube, dass er über seinen Zenit hinaus ist. Der Unterschied, der mir den Sieg bringen wird, ist, dass ich mehr Herz habe.“
Zwei Boxer, ein Ziel: Auch Sturm ist von seinem Erfolg überzeugt: „Zbik kann viel erzählen, aber das reicht nicht. Nach dem Kampf steht er da, wo er jetzt ist - unten. Ich habe den größeren Willen.“
In den letzten beiden Kämpfen gegen die Briten Matthew Macklin (Punktsieg) und Martin Murray (Unentschieden) zeigte sich Sturm nicht in Topform und profitierte von der Gunst der Kampfrichter. Auch wenn Zbik im Boxen alles (Schlechte) für möglich hält, setzt er im Fight gegen Sturm auf eine faire Jury: „Noch ein Fehlurteil kann sich Sturm nicht leisten. Das wäre ein Armutszeugnis für das Boxen.“
Trainer Sdunek gegen Ex-Schützling Grigorian
Brisant ist auch das Aufeinandertreffen der beiden Trainer. Zbik wurde früher vom jetzigen Sturm-Coach Fritz Sdunek trainiert. Jetzt steht Artur Grigorian in seiner Ecke, der wiederum 1996 unter Sdunek zum Weltmeister wurde. „Wir haben Sebastian schon zusammen trainiert, Papa Fritz und ich“, sagt Grigorian, „aber das war früher. Er ist jetzt 29 Jahre alt, aber als Boxer wächst er immer noch.” Ob er schon groß genug ist, um sich in den Sturm zu stellen, wird sich am Freitag zeigen.