Die Eisschnelllauf-Olympiasiegerin geht trainieren und verzichtet auf eine Fete - "Ich feiere erst, wenn ich rehabilitiert bin". Berlin/Leipzig.

Ein Tag wie jeder andere soll dieser Mittwoch sein für Claudia Pechstein. Das sagt sie. 40 Jahre wird die Eisschnelllauf-Olympiasiegerin. Ein runder Geburtstag, den die meisten Leistungssportler im "Ruhestand" nach der Profikarriere feiern, dabei womöglich über die Stränge schlagen und tagelang brauchen, um sich von der Sause zu erholen. Claudia Pechstein aber befindet sich mitten in der Saison, die Höhepunkte stehen noch bevor. "Ich kann mich nicht wie andere mit 40 in die Ecke setzen, ich gehe trainieren, eine Fete gibt's nicht", sagt die Berlinerin der Nachrichtenagentur dapd.

2014 will sie ihre sechsten Olympischen Spiele erleben, in Sotschi ihre zehnte olympische Medaille gewinnen, im Olympischen Dorf zum sechsten Mal Geburtstag feiern - ihren 42. dann. Deshalb friert sie weiterhin in ihren Schlittschuhen, in denen sie in ihrer Karriere nie warme Füße hatte. Vor allem will Claudia Pechstein ihre weiße Sportlerweste zurück. Für den Kampf um vollständige Rehabilitation nach ihrer zweijährigen Sperre wegen erhöhter Blutwerte läuft sie weiter, egal, was die biologische Uhr sagt.

Trainer Mueller sagte 1995: "Sie benimmt sich wie zwölf"

Geht es nach ihrem ehemaligen Trainer Peter Mueller, bei dem sie 1995 in Norwegen einen Neuanfang außerhalb des deutschen Teams wagte, so zählt Claudia Pechstein noch zum jungen Gemüse. "Sie benimmt sich wie zwölf", hatte er damals gesagt, als er ihr jugendliches Trainings-Engagement lobte.

Vor zehn Jahren um diese Zeit saß die erfolgreichste deutsche Winterolympionikin in Salt Lake City und ließ sich mit einer Torte fotografieren, auf die ein kreativer Konditor fünf Goldmedaillen aufgesprüht hatte. "Was jetzt noch kommt, ist die Kirsche auf der Sahnetorte", sagte Pechstein damals. Sie hatte gerade Gold über die 3.000 Meter gewonnen und würde am Tag darauf Gold über 5.000 Meter gewinnen. Diese Frau hatte an ihrem 30. Geburtstag alles erreicht. Gold bei EM, WM, Olympia. Sie hatte Weltrekorde aufgestellt und bei allen Olympia-Teilnahmen Medaillen gewonnen.

Ein passabler Qualifizierungslauf wird zu ihrem größten Sieg

Doch 2009 wird die Vorzeige-Sportlerin zwei Jahre gesperrt, in einem beispiellosen indirekten Beweisverfahren wegen Blutdopings. Pechstein sitzt die Sperre ab, erlebt eine psychische Talfahrt, und sie kehrt zurück. Seitdem kämpft sie vor Gerichten für die Wiederherstellung ihres guten Rufes. Am 12. Februar 2011 gibt sie in Erfurt ihr Comeback. Sie läuft sofort wieder schnell genug, um mit der Elite mitzuhalten und sie sagt an jenem Nachmittag: "Es ist der größte Sieg meiner Karriere, so auf das Eis zurückzukehren". Plötzlich war ein passabler 3.000-Meter-Qualifizierungslauf mehr wert als fünf olympische Goldmedaillen.

An ihrem 40. Geburtstag hat Claudia Pechstein plötzlich doch nicht alles erreicht. "Ich feiere erst, wenn ich rehabilitiert bin." Sie will "die gestohlenen Spiele" zurück, wie sie betont. Nach Vancouver 2010 durfte die gesperrte Pechstein nicht fahren, dann also nach Sotschi 2014. In Moskau hat sie am Dienstag zwei Stunden lang vor deutschen Unternehmern über das Erlebnis Olympia gesprochen. 20 Jahre wird es 2014 her sein, dass Claudia Pechstein ihr erstes Olympia-Gold gewonnen hat.

Die Bilder, wie sie 1994 in Lillehammer im Ziel ihren Trainer Joachim Franke im Freudentaumel umreißt und beide sich auf dem Eis in den Armen liegen, sind unvergessen. Ebenso wie die Schlagzeilen, die sie mit Doping in Verbindung bringen. Jüngst tauchte ihr Name in Zusammenhang mit der Erfurter Blutmanipulations-Affäre auf, von der bislang keiner so genau weiß, ob es eine Doping-Affäre ist oder nicht. Zwischen diesen Polen feiert Claudia Pechstein Geburtstag. (dapd)