München. . Nach Prügelei Ermittlungen gegen Chisora und Haye - Trotz Sieg schwarzer Abend für Klitschko - “Das ging zu weit und schadet unserem Sport“

Das Profiboxen hat in der Nacht zum Sonntag in München einen absoluten Tiefpunkt erlebt. Eine teilweise blutige Prügelei bei der Pressekonferenz, Morddrohungen, Beleidigungen und am Sonntagvormittag die Festnahme von Dereck Chisora und die Fahndung nach Ex-Weltmeister David Haye. Was als großer Boxabend von Witali Klitschko mit seiner Titelverteidigung gegen Chisora geplant war, wurde zu einem schwarzen Abend. "Das ging zu weit. Das ist schlecht für den Boxsport, das ist schlecht für uns", sagte Witali Klitschko.

Sein mühsamer, aber insgesamt ungefährdeter 3:0-Punktsieg gegen den mutig und agil boxenden Chisora war am folgenden Morgen im Grunde schon vergessen. Am Münchner Flughafen griff die Polizei vor Chisoras geplanter Rückreise nach London zu. Das bestätigte Sprecher Gottfried Schlicht der Nachrichtenagentur dapd. "Wir ermitteln gegen Chisora wegen des Verdachts der Körperverletzung, der versuchten gefährlichen Körperverletzung und der Bedrohung", sagte Schlicht. Haye war zunächst nicht anzutreffen, nach ihm wird gefahndet. Gegen ihn soll wegen Körperverletzung ermittelt werden. Dabei wollen die Münchner auch ihre Kollegen in Großbritannien um Amtshilfe ersuchen.

Vor der Prügellei lieferten sich Chisora und Haye (Foto) vor fast 100 Medienvertretern in der Nacht zum Sonntag einen verbalen Schlagabtausch.
Vor der Prügellei lieferten sich Chisora und Haye (Foto) vor fast 100 Medienvertretern in der Nacht zum Sonntag einen verbalen Schlagabtausch.

Minutenlang hatten Chisora und Haye vor fast 100 Medienvertretern in der Nacht zum Sonntag wie Hooligans aufeinander eingeprügelt. Neben bösen Worten flogen Flaschen und Kamerastative. Die Sicherheitskräfte bekamen die zwischen den Lagern der beiden Briten eskalierte Situation lange nicht im Griff.

"Chisora gehöert bestraft"

Witali Klitschko sah sich die brutalen Szenen mit seinem Bruder zunächst grinsend an, als er den Ernst der Lage erkannte, machte er sich jedoch aus dem Staub. "Chisora gehört bestraft. Wir müssen uns respektieren - und das ist etwas, was diese Jungs einfach nicht machen", erklärte Wladimir. Die Schlägerei machte Klitschkos Besuch in München trotz des 44. Sieges im 46. Profi-Kampf zusammen mit einer beunruhigenden Schulterverletzung endgültig zu einem Desaster.

"Ich werde David Haye erschießen, wenn er nicht kämpft. Das schwöre ich", schrie Chisora noch, als der sichtlich gezeichnete Haye schon längst aus dem Raum geführt worden war. Minutenlang diskutierten die Lager der Briten angeführt von Hayes im Gesicht stark blutendem Trainer Adam Booth weiter. Zur Auseinandersetzung war es gekommen, weil Chisora Haye aufgefordert hatte, in naher Zukunft gegen ihn zu kämpfen. "Du bist ein Loser. Du hast dreimal in Folge verloren", schrie Haye immer wieder, bevor Chisora die Fassung verlor und quer durch den Raum auf ihn zustürmte.

"Suchen Gegner lieber in anderen Nationen"

Ursprünglich war TV-Experte Haye als Gasthörer auf der Pressekonferenz erschienen, um seinen Unmut über den geplatzten "Superkampf" gegen Klitschko kundzutun. "Verhandlungen mit ihm sind nicht möglich. Der Kampf findet nicht statt", hatte Manager Bernd Bönte gesagt, bevor er von Haye als "Lügner" bezeichnet wurde. Durch die gewalttätige Eskalation haben sich die beiden Briten nun ohnehin für weitere Kämpfe gegen einen der Klitschko-Brüder disqualifiziert. "Wir suchen unsere Gegner lieber in anderen Nationen", kündigte Bönte an. Wahrscheinlich werden Haye, der offiziell ohnehin zurückgetreten ist, und Chisora sowieso von der britischen Boxbehörde gesperrt.

Wieder die Schulter: Klitschko bangt um Karriere

Klitschko zeigte sich trotz starker Schulterschmerzen zunächst zuversichtlich, "dass dies nicht mein letzter Kampf war". Eine genaue Diagnose der Verletzung an der linken Schulter soll eine Kernspin-Tomographie am Sonntag bringen. Sollten sich die Befürchtungen eines erneuten Sehnenrisses bestätigen, dürfte das Karriereende des 40 Jahre alten dreimaligen Champions wohl besiegelt sein. Ab der vierten Runde hatte Klitschko "nur mit einer Hand geboxt". Im Jahr 2000 hatte er im Kampf gegen Chris Byrd einen Sehnenriss an der Rotatoren-Mannschette erlitten, der operiert werden musste und über sieben Monate Zwangspause bedeutete. Ab dem Sommer will sich Klitschko verstärkt um seine politischen Ambitionen in seinem Heimatland kümmern.