Berlin. . Nach dem 0:5-Debakel beim VfB Stuttgart protestieren 200 wütende Fans am Trainingsgelände. Trainer Michael Skibbe wird nach nur sechs Wochen im Amt entlassen, Manager Michael Preetz bleibt.

Vor ein paar Tagen ist Michael Skibbe etwas passiert, was in der Bundesliga selten vorkommt. Der Trainer verwechselte bei einer Pressekonferenz die Uhrzeit. So kam es, dass Skibbe eine halbe Stunde tatenlos warten musste, ehe es endlich losging. In der Rückschau wirkt das sehr symbolhaft: Es war einfach nicht Michael Skibbes Zeit. Sie ist, was Hertha BSC angeht, ohnehin abgelaufen. Beendet unter unwürdigen Umständen, mit einem krachenden Rauswurf nach sechs Wochen und fünf Niederlagen in fünf Spielen. Und doch ist Michael Skibbes Scheitern nur ein Teil des jämmerlichen Bildes, das Berlin abgibt: hart, härter, Hertha.

Was unmittelbar zu Skibbes Ende geführt hat, die Geschichte dieses Wochenendes, ist schnell geschildert: Beim Auswärtsspiel in Stuttgart blamieren sich die Berliner bis auf die Knochen. Stuttgart gibt den Ede Wolf, Hertha den panisch gackernden Hühnerhaufen. Am Ende hat Stuttgart 5:0 gewonnen, und Skibbe wirkt wie ein Fleisch gewordenes Monument der Hilflosigkeit, als er sagt: „Das war so schlecht, dass man dafür kaum Worte findet.“

Am Sonntag folgt Teil zwei der Vorstellung, und den zu sehen, macht auch keinen Spaß. Auf dem Hertha-Trainingsgelände im Olympiapark rotten sich rund 200 Ultras zusammen, einige sind vermummt. Sie laufen in einer Art skurriler Demonstration der Mannschaft beim Auslaufen hinterher, später bauen sie sich vor der Kabine auf. Augenzeugen schildern die Stimmung als gereizt und aggressiv. Zur Beruhigung der Lage bietet Hertha eine spontane Diskussion im Kuppelsaal des Olympiaparks an und schickt ein paar Spieler, an der Spitze Kapitän Andre Mijatovic. Skibbe ist schon nicht mehr dabei.

Hertha trennt sich noch am Vormittag vom glücklosen Trainer, der den Verein in seiner 41-tägigen Amtszeit in den Spielen gegen Nürnberg (0:2), Hamburg (1:2), Hannover (0:1), Stuttgart (0:5) und im DFB-Pokal gegen Mönchengladbach (0:2 n.V.) betreut hat. Deutlicher kann man nicht scheitern. Aber das ist nur ein Teil der Geschichte.

Der andere heißt Michael Preetz.

Preetz ist ein Stück jüngerer Berliner Fußballgeschichte. Von 1996 bis 2003 stürmte er für Hertha, er galt als smart, als gewinnend und eloquent, als einer, der über den Tellerrand hinausschaut. Sein Wechsel ins Management schien konsequent, jahrelang wartete Preetz geduldig im Windschatten der Berliner-Überfigur Dieter Hoeneß auf seine Chance. Die kam 2009 und seither steht Preetz wegen vier Fehlern in der Kritik. Als Hertha unter Trainer Lucien Favre vor zwei Jahren in den Bundesliga-Keller abrutschte, entließ Preetz den Trainer – was ihm heute als erster Fehler vorgehalten wird, seit Favre mit Mönchengladbach den Himmel zu stürmen scheint. Als Nachfolger wählte Preetz den sachlichen Friedhelm Funkel aus. Kritiker sehen darin Fehler Nummer zwei, da Funkel so gar nicht in die Hauptstadt passte. Für den Wiederaufstieg holte Preetz in der 2. Liga Markus Babbel. Der Plan ging auf, bis Babbel am Ende der Hinrunde gehen musste. Fehler Nummer drei: Babbel und Preetz überwarfen sich und trugen ihren Streit öffentlich aus. Selbst Berliner Insider sind sich bis heute nicht sicher, wem was anzulasten ist.

Vierter Fehler, den auch Preetz Sonntag einräumte: Der Versuch, den im Team beliebten Babbel durch Skibbe zu ersetzen, ist dramatisch schnell und gründlich gescheitert. Er schmerzt die Hertha auch wirtschaftlich, weil Skibbe aus seinem Vertrag beim türkischen Erstligisten Eskisehirspor heraus gekauft wurde und in Berlin einen Vertrag bis 2014 bekam.

Aber größer als alle wirtschaftlichen Bedenken sind in Berlin offenbar die Ängste, noch einmal so hilflos in die 2. Liga zu rauschen wie 2010. Tatsächlich entwickelte sich unter dem so braven wie glücklosen Michael Skibbe in Windeseile eine erschreckende Abwärtsspirale.

Schließlich: Skibbes Entlassung ist natürlich auch der Versuch des Managers, sich selbst zu retten. „Es ist auch meine Verantwortung für Hertha BSC, diese Fehleinschätzung zu korrigieren“, sagte Preetz gestern. Was ihn angehe: Er sei ein Kämpfer, der nicht weglaufe. Und dann, so Preetz, „macht es auch nicht jeder, Fehler einzuräumen.“ Wie es aussieht, ist Preetz’ Zeit bei Hertha nicht vorbei.