Melbourne. Andy Murray setzt auf der Jagd nach einem Grand-Slam-Titel auf Ivan Lendl als Trainer. Es ist es offenbar der Humor, der den Schotten Murray und seinen neuen Coach auf Anhieb verband. „Wir sehen immer was, worüber wir uns lustig machen können“, sagt Lendl

Er sammelte Bälle auf, spielte sie zu, und gäbe es die Erinnerung nicht, wären das ganz normale Szenen gewesen: Ein Coach bei der Arbeit, unaufgeregt, konzentriert, mit ein wenig Übergewicht unter dem einfarbigen Polohemd. Aber man musste nur kurz die Augen schließen, und zack, war das alte Bild wieder da. Derselbe Mann, 20 Kilo leichter, austrainiert bis zum geht-nicht-mehr, ein weißes Tennishemd mit Rauten drauf, auf dem Kopf eine Legionärsmütze, die das Rautenhemd an Hässlichkeit locker übertraf.

Ein Mann, der bei der Arbeit keine Miene verzog, der Tennis mit messerscharfem Verstand spielte und dem es so was von egal war, wie das den Leuten gefiel. Wenn das Spiel vorbei war, machte sich der ausgezehrte Legionär mit Vergnügen über alle lustig, und manchmal konnte man nur staunen, was ihm dabei einfiel. Wer seinen schrägen Humor verstand, fand Ivan Lendl komisch.

Idee von Monty Python

Irgendwie kommt es einem so vor, als entspringe die neue Partnerschaft einer Idee von Monty Python; es ist es offenbar der Humor, der den Schotten Andy Murray und seinen neuen Coach auf Anhieb verband. „Wenn du den gleichen Humor hast, findest du eine Ebene“, meinte Ivan Lendl vor ein paar Tagen in einer Runde britischer Journalisten. „Wir sehen immer was, worüber wir uns lustig machen können.“

Je länger man über diese Verbindung nachdenkt, desto mehr Sinn scheint sie zu haben. Über Andy Murray sagen viele, er werde bestimmt irgendwann ein Grand-Slam-Turnier gewinnen, obwohl es bisher in den entscheidenden Momenten oft so aussah, als fehle ihm der Mut, an seine Chance zu glauben.

Könnte es einen besseren Mann an seiner Seite geben als Lendl, der auch erst nach vier gescheiterten Versuchen den ersten Grand-Slam-Titel gewann? Der, nachdem der Bann einmal gebrochen war, acht weitere gewann und der insgesamt 270 Wochen an der Spitze der Weltrangliste stand?

Lendl fand seinen Weg seinerzeit mit dem richtigen Coach, dem Australier Tony Roche. Was die wertvollste Lektion war, die er von Roche lernte? „Er sagte immer, reg dich nicht darüber auf, was diese Leute schreiben“ – dabei sah er die Mitglieder der britischen Runde sehr direkt an und lachte –, „je älter du wirst, desto mehr Titel wirst du haben.“

Lendl zögerte nicht

Als der Anruf des Schotten Murray kam, zögerte Lendl nicht; diese Aufgabe habe ihn einfach gereizt, sagt er, und das Timing sei perfekt gewesen. Vier seiner fünf Töchter hätten inzwischen das Haus zum Studium verlassen. „Außerdem sehe ich die Parallelen zwischen seiner und meiner Karriere, und ich will, dass seine so aufhört wie meine.

Klingt das nicht fast ein wenig romantisch? Lendl würde mit der Bemerkung kontern, man sei nicht ganz bei Trost. Mit Murray teilt er außer schrägem Humor welche Interessen? „Ich kann es kaum erwarten, bis die Tschechen diesen Sommer bei der Fußball-EM gegen England gewinnen“, sagt Lendl. Wenn das nicht wie die Faust aufs Auge passt. Andy Murray, stolzer Schotte, hatte sich im Königreich einst eine Menge Ärger mit dem Satz eingehandelt, ihm sei alles lieber als ein englischer Sieg.Hört sich an wie der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.