Bochum. . VfL-sportdirektor Jens Todt wünscht sich einen trotzigen Verein, eine mutige Mannschaft. Nicht nur gegen die bayern im DFB-Pokal.

Man kann sich das ungefähr so vorstellen: Draußen schien die Sonne, die Menschen feierten, ein ganzes Land schwärmte vom Sommermärchen. Drinnen saß Jens Todt und dachte sich diesen einen WM-Sommer lang, dass es im Stadion schöner sein könnte als am Schreibtisch.

Fünf Jahre ist das her, Jens Todt arbeitete damals in der Berliner Redaktion des Spiegel und war im Grunde dabei, sich einen Kindheitswunsch zu erfüllen. „Aber der Fußball hat mich nicht losgelassen“, erinnert sich Todt. Er wechselte den Schreibtisch, seit einem knappen halben Jahr ist Todt Sportdirektor des VfL Bochum. Das ist nicht unbedingt der dankbarste Job im Profifußball. Die Tage, an denen der VfL im Rampenlicht steht, sind selten geworden. Das Pokal-Achtelfinale gegen Bayern München (Dienstag, 19 Uhr, Sky) ist endlich wieder so ein Tag. Aber wenn Jens Todt sagt, dass Bochum doch sehr spannend sein könne, hat das mit den Bayern gar nicht mal so viel zu tun.

Eher schon mit einer Entscheidung, die Todt beim VfL relativ früh treffen musste, und die nicht einfach war. Todt war und ist ein neues Gesicht, der VfL seine erste Station als Sportdirektor. Auf der anderen Seite stand Friedhelm Funkel. Älter als Todt, erfahrener als Todt. Kein Trainer, der zum Träumen verführt, aber einer für das Machbare. Mit Funkel war Bochum kurz zuvor nach einer fulminanten Rückrunde noch Dritter geworden. In der Relegation scheiterte der VfL mit nur einem Tor an Mönchengladbach. Das war schon ein bisschen von dem Stoff, aus dem die Träume sind.

Manche Träume platzen mit einem Knall. Bochum stürzte beim Start in diese Saison tief . Todt, der „höchsten Respekt“ für Funkel bekundet, leitete schließlich die Trennung ein. Schwer gefallen sei ihm das schon, sagt Todt, er wolle nie einer werden, der sich von Mitarbeitern mit einem Lächeln trenne. „Aber wenn ich glaube, das machen zu müssen und es dann nicht täte, wäre ich der falsche Mann für diesen Job.“

Warum sich Todt dann für Andreas Bergmann als Trainer entschied, verrät viel über Bochums Sportdirektor. Bergmann war Vorgänger von Mirko Slomka bei Hannover 96, viel mehr ist über ihn im Profifußball nicht bekannt. „Ich wollte keinen der üblichen Verdächtigen“, sagt Todt. Das alleine hätte wohl nicht ausgereicht. Aber Todt, in dessen Vita Stationen als Jugendkoordinator des Hamburger SV und des VfL Wolfsburg stehen, kannte Bergmann. „Seine Mannschaften“, sagt der 41-Jährige, „hatten immer einen klaren Plan. Und sie haben immer mutig nach vorne gespielt. Das imponiert mir, weil es nicht selbstverständlich ist.“

Bislang scheint vieles aufzugehen. Bochum hat sich stabilisiert, ist aus dem Zweitliga-Keller ins Mittelfeld geklettert, „viel schneller, als ich erwartet habe“, sagt Todt. Dazu kommt Grundsätzliches: Mutig sein, nach vorne spielen, ab und zu ein Spektakel bieten. „Der Trainer“, nickt Todt, „sagt den Jungs gegen Aue in der Pause beim Stand von 3:0: weiter, weiter nach vorne. So etwas gefällt mir.“

Es ist, wie gesagt, nicht unbedingt die leichteste Aufgabe, einen Verein nach vorne zu bringen, der eingekeilt zwischen Schalke und Dortmund liegt, der von seiner Struktur her kein geborener Erstligist ist, der bundesweit zwischen Platz 14 und 25 und damit zwischen den Welten pendelt. Todt sieht darin kein Manko und schon gar keinen Grund, nicht endlich über eine Identität für den VfL nachzudenken. „Bei uns sehen die Leute sicherlich keine fertigen Weltklassespieler“, sagt der Sportdirektor, „aber wir haben etwas Spannendes zu erzählen. Mir ist das in Bochum oft noch zu geduckt.“

So gesehen kommen die Bayern richtig, um sich ein bisschen aufzurichten. Wenn der VfL seinem Stil treu bliebe, wäre Jens Todt wohl schon zufrieden: mutig, trotzig sein. Und wenn der große Favorit sich durchsetzt? Da hält es der Sportdirektor mit seinem Leitsatz Nummer eins: „Nicht jammern, sondern stolz darauf sein, dass man in Bochum ist.“ Warum denn auch nicht?