Istanbul. . In dem Heimatland seiner Eltern herrscht um Mesut Özil viel Aufregung. Absurde Gerüchte ranken sich um den potenziell gefährdeten Auftritt des deutschen Nationalspielers.
Für die türkischen Medien, für die Öffentlichkeit am Bosporus ist es die Frage aller Fragen: Spielt Mesut Özil – oder spielt er nicht? Wie kein zweiter Deutscher spaltet der Mann die türkische Seele. Sie sind stolz auf einen der ihren, der es zur prägenden Figur beim Weltklub Real Madrid geschafft hat, sie bewundern ihn für seine Finesse – und sie verdammen ihn regelrecht dafür, den Adler und nicht den Halbmond auf der Brust zu tragen. Im Februar 2009 hatte sich Özil nach Gesprächen mit Bundestrainer Joachim Löw („Wir haben ihm keine Versprechungen gemacht“) zur DFB-Elf bekannt – es sei „keine Entscheidung gegen meine türkischen Wurzeln“ gewesen, sagt Özil. Aber den verletzten Stolz der Türken kann er damit nicht besänftigen.
Absurde Geschichten ranken sich um Mesut Özil
Und so wird der Empfang für den Jungen aus Gelsenkirchen-Bismarck trotz spätsommerlicher Temperaturen in Istanbul frostig ausfallen. Das Thema Özil überstrahlt alles. In den hiesigen Medien geistert eine Version umher, nach welcher der angeschlagene Mittelfeldspieler den Bundestrainer gebeten habe, nicht in Istanbul antreten zu müssen. Löw sah sich am Donnerstag genötigt, der aufgeblasenen Geschichte die Luft rauszulassen. „Mesut wollte unbedingt mit nach Istanbul. Und er wollte und will hier unbedingt spielen“, sagte Löw und schob eindringlich nach: „Das ist die Realität. Das ist die Wahrheit.“
Gleichwohl weiß Löw, mit der türkischen Mentalität seit seiner Zeit bei Fenerbahce Istanbul bestens vertraut, dass sein Plädoyer kaum fruchten wird – denn den Gegenbeweis, Özils Einsatzgarantie, konnte er am Donnerstag nicht liefern. Der Einsatz des 22-Jährigen ist fraglich. Im Dienste von Real Madrid hatte er im Spiel gegen Espanyol Barcelona einen Schlag auf das Sprunggelenk bekommen und dabei eine Achillessehnenreizung erlitten. Erste Alternative wäre Mario Götze vom BVB.
Özils Ausfall würde für Deutschland schwer wiegen
Ein Ausfall Özils, daraus macht Löw kein Hehl, würde die DFB-Elf treffen. Nicht erst seine zweidreiviertel Tore gegen Österreich haben den Wert des offensiven Mittelfeldspielers als Herz der deutschen Kreative verdeutlicht. „Er kann Angriffe zu Ende bringen, die tödlichen Pässe spielen“, lobte Löw und wurde schwärmerisch: „Da ist er genial.“ Und daran wollen sich auch die türkischen Fans gern erfreuen – nur nicht an diesem Freitag in Istanbul.