Essen. Die Hanseaten sind stolz auf ihre Vergangenheit. Kein Wunder beim Blick auf die Gegenwart. Nach dem 3:4 gegen den 1. FC Köln belegt der Hamburger SV den letzten Tabellenplatz. Die Bayern dagegen sind Spitzenreiter. Ihr Erfolg ist aber kühl kalkuliert und gekauft. Der Kommentar zum vierten Bundesliga-Spieltag.
Kaum, dass die Bundesliga ein wenig Fahrt aufnimmt, ein wenig Struktur bekommt, wird ihr schon wieder eine Pause auferlegt. Die beiden Länderspiele der DFB-Elf am Freitag (in Gelsenkirchen gegen Österreich) und vier Tage später in Danzig bei den Polen lassen den Bundesliga-Fan nun 14 Tage mit der Tabelle und ersten Erkenntnissen allein. Besonders bitter ist die Zwangspause für den Hamburger SV, den Altmeister, den Traditionsklub, den Klub, der als einziger jede der 48 Bundesliga-Spielzeiten im Oberhaus erlebt hat.
Die Hanseaten sind mächtig stolz auf seine Vergangenheit; kein Wunder beim Blick auf die trübe Gegenwart. Das kuriose 3:4 im Duell mit den anderen Vergangenheits-Spezialisten, dem 1. FC Köln, stürzt den selbsternannten „Dino“ schon früh in der Saison in einen tiefe Krise. Seit Jahren schon doktert der Verein auf der Suche nach den großen Erfolgen mehr oder minder panisch an seinem Personal herum, wechselt Trainer, Spieler, Geschäftsführer und Vorstand in abwechselnder Reihenfolge und verlangt gleichzeitig, dass endlich Ruhe einkehrt. Vor dieser Spielzeit wurde mit der Verpflichtung von Sportdirektor Frank Arnesen nun der totale Umbruch geplant. Geblieben ist Trainer Michal Oenning, der nun − saisonübergreifend − schon elf Spiele in Serie nicht mehr gewonnen hat. Doch eine Trennung vom Trainer, so versichern alle bis hin zum neuen HSV-Präsidenten, ist derzeit nicht geplant. Die Politik der ruhigen Hand soll langfristig zum Erfolg führen. Doch die Langfristigkeit hat im Ergebnissport Fußball nur allzu oft eine begrenzte Halbwertzeit.
Bayern-Defensive hat sich stabilisiert
Deutlich länger halten könnte der Aufenthalt des FC Bayern an der Tabellenspitze. Die Münchner haben durch ein äußerst souveränes 3:0 in Kaiserslautern gezeigt, dass die Meister-Prognosen von Fachleuten wie Laien so grundlos nicht waren. Der Rekordmeister hat zuletzt fünf Mal hintereinander gewonnen – das am Saisonende Entscheidende aber: Sie haben in sechs der sieben Pflichtspiele kein einziges Gegentor kassiert. Die Defensive, in der vergangenen Saison notorisch überfordert, hat sich durch den Einsatz von rund 40 Millionen Euro naturgemäß stabilisiert. Mit Manuel Neuer, Jerome Boateng und Rafinha sind die Tage der offenen Tür selten geworden – und dass die Offensivreihe um Mario Gomez, Thomas Müller, Arjen Robben und Franck Ribery wöchentlich etwas zustande bringt, gehört eher zum Alltäglichen.
Es ist ein kühl kalkulierter, kühl gekaufter Erfolg. Und so grüßt der Rekordmeister, in der vergangenen Saison von den BVB-Himmelsstürmern gedemütigt und sogar von Leverkusen auf Distanz gehalten, zumindest für einen Tag mal von ganz oben. Es werden, dafür bedarf es wenig prophetischer Gabe, noch einige folgen.