Mainz.

Die Dienstreise nach Mainz mit seinem neuen Arbeitgeber FC Bayern München hatte sich Manuel Neuer anders vorgestellt. Am ersten Abend wollte er entspannt die Auszeichnung als bester Spieler der letzten Saison des Fußball-Magazins „11Freunde“ entgegennehmen. Mit Siegen an den folgenden Abenden im Liga-Total-Cup hoffte der Torwart dann, seinen ersten von vielen Titeln mit dem Rekordmeister feiern zu können.

Die Ehrung lief für Neuer gut. Beim ersten dienstlichen Einsatz in der neuen Mainzer Arena patzten Neuers Bayern dagegen mit einem 1:2 gegen den Hamburger SV. Statt einem ersten Kräftemessen mit Meister Borussia Dortmund durfte Titel-Favorit FC Bayern am Mittwoch nur noch im Vorspiel gegen Gastgeber Mainz 05 auflaufen – gewann hier aber immerhin im Elfmeterschießen mit 5:4 (zum Spielende hatte es 2:2 gestanden).

Neuer flog an Flanke vorbei

Ausgerechnet Manuel Neuer, von dem sich die Bayern so viel erwarten, hatte sie im Duell mit dem HSV auf die Verliererstraße geführt. Der Torwart, sonst bekannt nervenstark, flog vor dem 1:0 von Heung-Min Son desorientiert wie selten an einer Flanke vorbei. „Ich stand falsch“, übte der 25 Jahre alte Torwart, der bei den Bayern einen Fünfjahresvertrag unterschrieben hat, umgehend Selbstkritik. Auch sonst offenbarte Neuer einzelne Unsicherheiten. Und das alles bei entschärften Bedingungen: Die Ultra-Fans aus Bayern, die seit Monaten gegen den Wechsel des Schalkers nach München protestieren, waren gar nicht nach Mainz gekommen. Sie boykottieren die „Kommerzveranstaltung Liga-Total-Cup“.

So wurde Neuer von viel Applaus seiner neuen Bayern-Fans begrüßt. Als zwischendurch Pfiffe aufkamen, nahm sogar der Mainzer Stadionsprecher „den besten deutschen Torwart“ lautstark in Schutz. Und erntete viel Applaus. „Es ist schade, dass er immer wieder ausgepfiffen wird“, sprang Mitspieler Bastian Schweinsteiger Neuer zur Seite. „Proteste gegen ihn treffen auch die gesamte Mannschaft“, warnte Kapitän Philipp Lahm. Neuer selbst gab sich gelassen: „Ich nehme das locker. Man muss bedenken, dass auch Fans von Borussia Dortmund im Stadion waren.“

Ärgerlicher als die Pfiffe war für Neuer der Fehler vor dem ersten Tor. Auch Lahm sagte: „Wenn ein Torwart rauskommt, muss er ihn haben. Das weiß Manu aber selber.“

Benimmregeln für Neuer von der Schikeria

Zuvor hatte der 25-Million-Euro-Torwart in der Vorbereitung stark gehalten. Hat der punktuelle, aber sehr gezielte Fan-Protest trotzdem Spuren am Nervenkostüm des Neuen hinterlassen? Bislang letzter Akt: Vertreter der Münchener Ultras haben Neuer bei einem Treffen Verhaltensregeln vorgelegt. Wenn Neuer diese einhält, werde es keine weiteren Proteste geben. So soll er mit dem Megafon keine Fangesänge anstimmen, sein Trikot nicht zu Fans werfen oder das Bayern-Wappen küssen. Dass Neuer keine blauen Schuhe mehr tragen soll, wurde ihm indes noch nicht vorgeschrieben. Und wie er Bälle pariert soll, ist ihm auch noch selbst überlassen. Noch.

Andreas Köpke, Neuers Trainer in der Nationalelf, glaubt nicht, dass die Leistung seines Schützlings beeinflusst wird. „Manuel lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Er steht über den Dingen“, sagte Köpke. „Er hat für für einen jungen Menschen außergewöhnlich gut auf die Misstöne reagiert“, lobte auch Jupp Heynckes.

In der Tat: Im zweiten Spiel gegen Mainz ließ sich Neuer nichts zuschulden kommen.