Durban. . Am Mittwoch-Nachmittag steht fest, wer die Olympischen Winterspiele 2018 ausrichten darf. „München 2018“ hat neben Katarina Witt sogar noch den „Kaiser“ mobilisiert, aber trotz allem Optimismus bleibt fraglich, ob es gegen Pyeongchang reichen wird.

Geht es nach der Laune des deutschen Staatsoberhauptes, dann kann der Gastgeber der Olympischen Winterspiele 2018 nur München heißen. Einen Tag vor der Vergabe durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) schwebte neben Überraschungsgast Franz Beckenbauer auch Bundespräsident Christian Wulff in aufgeräumter Stimmung im südafrikanischen Durban ein und vermittelte sofort die ungetrübte Zuversicht, dass die deutsche Bewerbung vor einem historischen Sieg steht. „München hat eine hervorragende Bewerbung vorgelegt“, sagte Wulff. Es wäre „ein Riesengeschenk“, ergänzte er, sollte Deutschland in der Tat die XXIII. Olympischen und XII. Paralympischen Winterspiele ausrichten dürfen.

Emotionale und enthusiastische Olympische Spiele in München

Die Botschaft, die Wulff in Durban an das IOC richtete, ist eindeutig. „Ich bin hier, um die Zusicherung zu geben, dass wir emotionale und enthusiastische Spiele ausrichten werden, wenn wir den Zuschlag bekommen“, sagte er. Dies wird der Bundespräsident wohl auch am Mittwoch wiederholen, wenn „München 2018“ ab 8.30 Uhr zum letzten Mal seine Bewerbung vor dem IOC präsentiert. Wulff gehört zur Präsentationsmannschaft, ebenso wie Franz Beckenbauer, der am Montag als Überraschungsgast verkündet wurde. Der „Kaiser“ wurde nach seiner Landung umgehend in die Proben für den letzten Auftritt eingebunden. Er soll einen humorvollen Auftritt haben, ist zu hören.

Mit der Einwechslung von „Joker“ Beckenbauer kurz vor dem Abpfiff des Endspiels um Olympia ist der Bewerbungsmannschaft um Katarina Witt in der Tat noch mal eine Überraschung gelungen. Ob der „Kaiser“ nach dem Sommermärchen 2006 auch ein Wintermärchen 2018 in Deutschland wahr machen kann, bleibt aber fraglich, als „Lichtgestalt“ hat er schließlich bislang nur beim Fußball gewirkt. In Durban heißt das Spielfeld Olympia, und das ehrgeizige südkoreanische Pyeongchang, für 2010 und 2014 denkbar knapp gescheitert, gilt nach wie vor als der große Favorit für die Wahl. Nicht zuletzt dank des Milliardenkonzerns Samsung, der zufällig auch ein Sponsor des IOC ist.

Pyeongchang gibt sich siegessicher

Die Personalie Beckenbauer hat Pyeongchang anscheinend nicht weiter beunruhigt. Bewerbungschef Cho Yang-ho, ein Mann mit festgefrorener Miene und miserablem Englisch, konnte sich tatsächlich ein Lächeln nicht verkneifen, als er auf seiner eigenen Pressekonferenz etwas zum Überraschungsgast von „München 2018“ sagen sollte. „Er ist eine weltbekannte Persönlichkeit, und ich finde ihn toll“, sagte Cho, dann ergänzte er kühl und fast herablassend: „Wir brauchen keine Überraschung, um die Sache herumzureißen.“ Will heißen: Pyeongchang hat längst alles getan, um die Spiele zu bekommen; hier geht es um Olympia, nicht um Fußball; wir brauchen keinen „Kaiser“ als Joker für den finalen Poker.

Pyeongchang hat schließlich Samsung. „90 Prozent der Menschen in Südkorea wollen die Spiele, auch die Unternehmen, und Samsung ist einer unserer Unterstützer“, sagt Cho. Der geplante Etat des Organisationskomitees ist mit 1,53 Milliarden Dollar auf dem Niveau von München und Annecy, weitere 6,3 Milliarden Dollar und damit fast viermal mehr als bei der Konkurrenz werden in die Infrastruktur gesteckt. 500 Millionen Dollar gehen in ein Förderprogramm für asiatische Wintersportler. Geld spielt also keine Rolle für die Südkoreaner, und das hat es schon früher nicht: Drei Männer, die Pyeongchangs Geschicke lenken, saßen wegen Korruption schon im Gefängnis.

Annecy scheint verloren - München hofft

Pyeongchang ist selbstbewusst. Annecy scheint verloren. München hofft auf seine historische Chance, erster Gastgeber von Sommer- und Winterspielen zu werden. Die Bewerbung hatte zahlreiche Probleme, die Kosten von 33 Millionen Euro sind längst nicht beisammen, etwa 6,5 Millionen Euro würde die öffentliche Hand übernehmen müssen, wenn es nicht klappen sollte. Es wäre schon die vierte Schlappe einer deutschen Bewerbung, seit München 1972 die Sommerspiele ausrichtete. Berchtesgaden (Winter 1992), Berlin (Sommer 2000) und Leipzig (Sommer 2012) scheiterten eher kläglich. München 2018 wären die vierten Spiele auf deutschem Boden, 1936 waren Garmisch-Partenkirchen (Winter) und Berlin (Sommer) Gastgeber für die Jugend der Welt.

Die Eröffnung „neuer Horizonte“ verspricht Pyeongchang dem IOC, es macht keinen Hehl daraus, dass es damit die Öffnung des asiatischen Marktes meint. „Wir haben das Selbstvertrauen, dass unsere Vision gut ist für die olympische Bewegung“, betont Cho. Die Vision von München für 2018 ist ein „Festival der Freundschaft“, also: Romantik statt Reibach, Gefühle statt Geld. Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und zudem Vizepräsident im IOC, will die anderen Herren der Ringe davon überzeugen, dass Olympia nach den recht riskant erscheinenden Vergaben an Sotschi 2014 (Winter) und Rio de Janeiro (Sommer) 2016 eine kurze Pause braucht, einen „sicheren Hafen“.

Ein olympisches Märchen ohne Happy End?

Bach hat im vergangenen September Katarina Witt nach vorne geschickt, die als zweimalige Olympiasiegerin zur olympischen Familie gerechnet werden darf. Zehn Monate lang hat Witt einen ausgezeichneten Job gemacht, sie hat einer toten Bewerbung Leben eingehaucht. Vor der Wahl am Mittwoch ist München auf Augenhöhe mit Pyeongchang, zumindest gefühlt. „Es ist die herausforderndste Kür meiner Karriere“, sagt Witt und betont: „Nur die Goldmedaille zählt. „ Doch das „Preisgericht“ des IOC lässt sich nur noch in Ausnahmefällen von den Emotionen leiten, auf die München setzt. Das Abstimmungverhalten ist geostrategisch, sportpolitisch und vom Geld geprägt.

Kati und dem „Kaiser“ droht deshalb bei aller Zuversicht auch ein Märchen ohne Happy End. (sid)