Nürburgring. Seinen Titel als Box-Weltmeister im Mittelgewicht (WBC-Version) hat Felix Sturm (Leverkusen) am Samstagabend am Nürburgring zwar durch einen Punktsieg über Herausforderer Khoren Gevor (Armenien) verteidigt, bei den Fans hat er dabei aber keine Punkte gesammelt. Im Gegenteil!
Als das einstimmige Urteil nach den zwölf temporeichen, harten Runden verkündet wurde, pfiff selbst ein Großteil derjenigen Zuschauer, die den gebürtigen Bosnier Sturm zuvor bei dieser Titelverteidigung rund 70 Kilometer vor der heimischen Haustür noch angefeuert und unterstützt hatten.
Mutig nach vorne
Zumindest eine Tapferkeitsmedaille hatte sich Gevor in der Tat verdient. Wie es sich für einen Herausforderer gehört, marschierte der 30-Jährige im Stall-Duell der beiden gleichaltrigen Universum-Boxer von der ersten Sekunde an mutig nach vorne und deckte den Titelverteidiger mit einem wahren Schlaghagel ein. Stirn an Stirn beharkten sich die beiden Runde für Runde. Sturm, von den heftigen Attacken sichtlich genervt, schüttelte immer wieder verärgert den Kopf und beschwerte sich hinterher: „Um Weltmeister zu werden, reicht es nicht, nur mit dem Kopf zu stoßen.“
Dass er so lange keine richtige Einstellung zum Stil seines Gegners fand, lag allerdings nicht wirklich daran, dass Gevor unsauber geboxt habe, wie Sturm monierte. Erst in den letzten beiden Runde, als der Armenier sein Höllen-Tempo und seine Härte nicht mehr so aufrecht erhalten konnte wie zuvor, setzte sich Sturm mit dank des ökonomischeren Kampfstils und mit den klareren Treffern durch.
Grevor beklagt unfaires Urteil
„Unfair“ nannte ein verärgerter Gevor das 3:0-Urteil der Punktrichter (115:113, 115:113, 117:111), fand damit aber nicht die Zustimmung seines Trainers. „Das geht schon in Ordnung“, befand Fritz Sdunek. Vor allem Universum-Chef Klaus-Peter Kohl wird einverstanden gewesen sein. Denn seit seinem spektakulären Kampf gegen Superstar Oscar de la Hoya in Las Vegas im Juni 2004, den er nur höchst umstritten nach Punkten verlor, gilt Sturm auch international als Zugpferd. Einen „Freundschaftskampf“ lieferte ihm Stall-Rivale Gevor aber ganz gewiss nicht, was die Zuschauer bei der Box-Premiere in der mit 5500 Plätzen ausverkauften Ring-Arena mit großem Beifall honorierten.
„Lukas“ rief Sturm nach dem Schlussgong seinem in Reihe drei sitzenden Kumpel Podolski zu. Der durfte sich anschließend über die Handschuhe freuen, die ihm der alte und neue Weltmeister zuwarf. Überhaupt war der Promi-Auftrieb dank der Nähe des Kampfes zur Formel 1 diesmal enorm: Michael Schumacher saß mit Manager Willi Weber am Ring, Bernie Ecclestone und Flavio Briatore verfolgten das Spektakel Seite an Seite, Timo Glock und Nick Heidfeld waren im Publikum, Jürgen Hubbert, Sergej
Barbarez, die Väter von Lewis Hamilton und Sebastian Vettel, Niki Lauda, Keke Rosberg. Eine ganze Menge ehemaliger Formel-1-Weltmeister erwies dem alten und neuen Box-Champion die Ehre.