Bochum.. Im Prozess zum größten Manipulationsskandal der europäischen Fußball-Geschichte hat das Bochumer Landgericht gegen Ante Sapina und Marijo C. hohe Haftstrafen verhängt. Die beiden Haupttäter wurden zu je fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.
Der wichtigste Prozess zum größten Manipulationsskandal der europäischen Fußball-Geschichte ist mit hohen Haftstrafen gegen die Wettpaten Ante Sapina und Marijo C. zu Ende gegangen. Wiederholungstäter Sapina wurde von der 12. Strafkammer des Bochumer Landgerichts wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs ebenso wie sein fünffach vorbestrafter kroatischer Landsmann C. zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Der Mitläufer Dragan M. erhielt ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung.
Der Vorsitzende Richter Wolfgang Mittrup blieb damit allerdings deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die für Sapina sieben Jahre und für C. sechs Jahre und neun Monate beantragt hatte. Die Angeklagten nahmen die Urteile im Gerichtssaal C240 scheinbar ungerührt zur Kenntnis.
Sapina entschuldigte sich
Der einschlägig vorbestrafte Sapina, der schon 2005 im Skandal um den Schiedsrichter Robert Hoyzer zu zwei Jahren und elf Monaten verurteilt worden war, hatte bei seinem „letzten Wort“ vor dem Urteil Emotionen gezeigt. Mit brüchiger Stimme sagte er: „Ich möchte mich vor allem bei meiner Familie entschuldigen. Ich kann’s leider nicht wieder gutmachen. Ich kann nur hoffen, dass ich eine letzte Chance bekomme. Es tut mir leid.“
Der Prozess gegen die mutmaßlichen Haupttäter war der zweite, aber wohl noch lange nicht der letzte im Rahmen dieses Wettskandals. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln noch immer gegen gut 300 weitere Verdächtige. Am 14. April hatte die 13. Strafkammer gegen drei Angeklagte Haftstrafen zwischen drei und knapp vier Jahren verhängt.
Harte Worte vom Staatsanwalt
Vor den Urteilen hatten sich Sapina und Marijo C. von Staatsanwalt Andreas Bachmann harte Worte anhören müssen. „Sie haben bewusst Wettbewerbsverzerrung in Kauf genommen und haben sich als Feinde des Sports gezeigt. Habgier und Geltungssucht waren Ihre Motive. Besonders Ihnen, Herr Sapina, ging es auch darum, Ihren Ruf zu verteidigen, in der Champions League der Wettbetrüger zu spielen“, sagte Bachmann in seinem Plädoyer und bezeichnete Sapina und C. als „Haupttäter“. Im Prozessverlauf hatte Bachmann nur Strafen von etwa sechs Jahren ins Gespräch gebracht.
Die einschlägige Vorstrafe Sapinas wog in Bachmanns Strafmaßforderung besonders schwer. Er verwies auf den Zeitraum zwischen dem Urteil des Landgerichtes Berlin im November 2008 und dessen Bestätigung knapp ein Jahr später durch den Bundesgerichtshof in Karlsruhe: „Da ging es gleich, juppheidi, ins Ausland, wo weitergezockt wurde.“ Der folgende Strafvollzug habe laut Bachmann „nicht die geringste Wirkung gehabt“.
Ein Schaden in Millionenhöhe
Der Staatsanwalt bezifferte den Schaden, den Sapina bei den Wettbüros verursacht hat, auf exakt 2.349.844,83 Euro. Bei C. belaufe sich der so genannte Nettoschaden auf 2.232.616,73 Euro. Zugute hielt Bachmann den Angeklagten, dass sie im Prozessverlauf umfassend gestanden hatten. Wohl auch deshalb beantragte er, dass bis zum Haftantritt keiner der Angeklagten in Untersuchungshaft verbleiben müsse. Das Gericht folgte seinem Antrag.
Sapina hat bereits 17 Monate, Marijo C. 18 Monate der Strafe in Untersuchungshaft verbüßt. Dass die unterlegenen Parteien beim Bundesgerichtshof Revision einlegen, gilt als wahrscheinlich. Weitere mögliche Instanzen wären das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.
„Unmoralisch, aber nicht strafrechtrelevant“
Alexander Hornung, Rechtsanwalt von Marijo C., hatte in seinem Plädoyer die Handlungen der Angeklagten zwar „in höchsten Maße unmoralisch, aber nicht strafrechtrelevant“ bezeichnet. Alle Verteidiger vertraten erneut die Grundannahme, dass das durch Sapina und Co. am meistens frequentierte Wettbüro in London von allen Betrügereien gewusst hat und selbst auf die manipulierten Spiele wettete. Deshalb liege kein Schaden und damit auch kein Betrugstatbestand vor. Wie schon mehrere Gerichte zuvor war auch die Bochumer Kammer anderer Auffassung.
Auch der mahnende Zeigefinger Stefan Conens, des Anwalts von Sapina, half den Beschuldigten kaum weiter: „Der Sportbetrieb ist keine Jungfrau gewesen, als die Angeklagten begannen zu wetten. Es war nicht so, dass schmutzige Herren in einen sauberen Teich gesprungen sind.“ Korrumpierbare Sportler werde es immer geben, denn „überall, wo finanzielle Anreize gesetzt werden, werden Menschen schwach“, sagte Conen.
Sapina und Marijo C. hatten im Verlauf des zweimonatigen Prozesses gestanden, Spieler, Schiedsrichter und Funktionäre bestochen zu haben. 51 Spiele, darunter auch Begegnungen in der Champions League und der WM-Qualifikation, sollen manipuliert worden sein. In das Urteil flossen nach einer Verfahrensbeschränkung, die am Donnerstag zu Beginn des zwölften Verhandlungstages vorgenommen wurde, noch 28 Spiele ein. (sid)