Essen. Wie werden Schalkes Fans ihr bisheriges Idol Manuel Neuer im Heimspiel gegen Kaiserslautern empfangen? Eine faire Reaktion wäre eine Botschaft an Neuer, was er bei einem Wechsel zum FC Bayern zu verlieren hat. Ein Kommentar.
Nichts Neues zum Thema Neuer, sieht man einmal davon ab, dass Schalke 04 ihn bei seinen letzten Heimspielen mit dem Bayern-Lied der Toten Hosen verschont. Und doch: Wer sich an Stammtischen umhört, ahnt, dass der bevorstehende Wechsel des Schalker Torhüters zum FC Bayern über die betroffenen Vereine hinaus ganz Fußball-Deutschland bewegt oder erregt, mindestens aber beschäftigt. Geht es doch nicht speziell um Neuer. Sondern um Grundsätzliches, das viel mit den Gepflogenheiten im Profifußball, mehr noch: mit dem Zeitgeist zu tun hat.
Sicher, der Gedanke, einen Spieler mit vermeintlich königsblauem Blut demnächst in einem roten Trikot zu sehen, ist vor allem für die Schalker Fans schwer zu ertragen. Aber die Vorstellung, dass in München wieder einmal jemand mit breitem Grinsen für sich reklamiert „und ich krieg’ sie alle“, ist auch für Anhänger anderer Bundesligisten nicht erbauend.
Um nicht missverstanden zu werden: Die Bayern haben aus ihrer Sicht alles richtig gemacht. Sie haben zur Untermauerung ihres legitimen Anspruchs, die Besten zu holen, keine unlauteren, sondern lediglich die in diesem Geschäft üblichen Mittel benutzt. Und sich diesmal eben des Nationaltorwarts, ohne dass der sich dieser Konsequenz wohl bewusst wäre, für ihre Machtdemonstration bedient.
In Zeiten, da Politiker, Wirtschaftsbosse und Showstars reihenweise als Vorbilder versagen, ausgerechnet von einem 25-jährigen Fußballer zu erwarten, ein Zeichen zu setzen, das nicht nur der Bundesliga gut getan hätte, wäre anmaßend. Andererseits: Neuers Tränen bei seiner Pressekonferenz auf Schalke lassen sich sehr wohl auch als Zeichen seines Unwohlseins deuten. Weil er weiß, wieviele Hoffnungen erbitter enttäuschte, aber glaubte, nicht anders zu können?
Nur wenigen bietet sich im Leben die Möglichkeit, zigtausend Menschen glücklich zu machen, ohne große Opfer bringen zu müssen. Vielleicht wird Manuel Neuer dies irgendwann auch so sehen. Womöglich ja schon beim Heimspiel gegen Kaiserslautern, sollten die Schalker Fans ihm bei aller Enttäuschung und Verbitterung seinen Schritt nachsehen und mit der Botschaft „wir sind anders“ noch einmal deutlich machen, was er zu verlieren hat.