Bochum..
Der Hauptangeklagte Ante S. hat im Prozess um den bislang größten europäischen Fußball-Wettskandal am Donnerstag vor dem Landgericht Bochum die Vorwürfe weitgehend eingeräumt. Der 35-Jährige berichtete von zahlreichen Spielen, auf deren Ausgang er in betrügerischer Weise Einfluss genommen habe. Doch habe er nicht alle der in der Anklage aufgeführten 47 Spiele europäischer Ligen manipuliert, erklärte er. So sei etwa das Zweitligaspiel zwischen dem 1. FC Nürnberg und VfL Osnabrück vom 13. Mai 2009 nicht von ihm beeinflusst worden.
Ante S. und fünf weiteren Angeklagten im Alter von 29 bis 47 Jahren sollen laut Anklage auf den Ausgang der Begegnungen Wetten platziert haben. Bei den mutmaßlichen Manipulationen sollen sie Gewinne in Millionenhöhe erzielt haben.
Der Angeklagte betonte, dass es entgegen der Anklage keine „Struktur mit Führungsriege“ in dem Wettskandal gegeben habe. In der Wettszene sei sich jeder zusammen mit seiner Quote und den Wettgelegenheiten der Nächste: „Keiner traut dem anderen.“ Eine Zusammenarbeit mit dem Mitangeklagten Marijo C., der als weiterer mutmaßlicher Drahtzieher gilt, räumte S. aber ein.
Das Verfahren gegen S. und die Mitangeklagten ist bereits der zweite Prozess vor dem Landgericht zu diesem Tatbestand. In dem ersten Verfahren sind seit Oktober 2010 vier Männer angeklagt, die Spieler oder Schiedsrichter von Spielen in zweit- und unterklassigen Ligen bestochen haben sollen. Darin hatten Ante S. und Marijo C. als Zeugen ausgesagt und bereits die Manipulation vieler Spiele zugegeben. „Von dem Gesagten habe ich nichts zurückzunehmen“, sagte Ante S.
Erneute Straffälligkeit „kein Plan“ gewesen
Der aus Berlin stammende Ante S. ist für die Ermittler ein alter Bekannter. Er war bereits im Zusammenhang mit den Wettmanipulationen um den ehemaligen DFB-Schiedsrichter Robert Hoyzer zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Dass er nun erneut in einem Wettskandal verwickelt sei, sei „kein Plan“ gewesen, machte Ante S. deutlich. Er hätte dies seiner Familie gerne erspart.
Laut Ante S. fingen die jetzt vor Gericht verhandelten Betrügereien während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 an, als er als Freigänger noch auf seinen Haftantritt nach dem Hoyzer-Urteil gewartet und in Berlin im Café seines Bruders gearbeitet habe. Er sei damals von vielen Leuten gezielt kontaktiert worden und habe begonnen, Wetten auf manipulierte Spiele gegen eine möglichst hohe Quote zu vermitteln. Zu diesem Zweck habe er die Wetten auch in Asien platziert, weil dort größere Summen gesetzt werden könnten als in Deutschland. Hohe Quoten hätten eine entsprechend hohe Vermittlungsprovision gebracht.
Der bislang größte europäische Wettskandal wird nicht nur in Deutschland juristisch aufgearbeitet. Verfahren sind in mehreren europäischen Ländern anhängig. Insgesamt sollen mehr als 250 Verdächtige rund 270 Spiele im In- und Ausland manipuliert haben. (dapd)