Köln. . Der Box-Weltmeister Vitali Klitschko schlägt Odlanier Solis, seinen Herausforderer aus Kuba, schon in der ersten Runde in der ausverkauften Arena in Köln. Danach gab’s eine Schlammschlacht.

Immer, wenn Vitali Klitschko irgendwo in einem Boxring steht, fällt ihm über kurz oder lang jemand vor die Füße. In Köln war es eher kurz, denn schon am Ende der ersten Runde lag Odlanier Solis vor dem alten und neuen Schwergewichts-Weltmeister der WBC auf dem Boden. 19 000 Zuschauer in der ausverkauften Kölnarena pfiffen. Ihr Gefühl: Bevor es einen Boxabend ohne Skandal gibt, heben die Engländer eher den Linksverkehr auf.

Das Gefühl trog. Der Kampf war kein Skandal, der Skandal folgte erst in der Nacht, die in eine Schlammschlacht ausuferte. Der Kampf selbst endete einfach nur im Pech.

Sekunden vor dem Ende der Auftaktrunde hatte Klitschko den Herausforderer aus Kuba mit einer Rechten am Kopf getroffen. Kein Schlag, der die Unterlippe bis zum Ohrläppchen fliegen ließ, sondern ein Wischer an die Schläfe. Solis wich zurück, sein rechtes Bein knickte weg, er stürzte und kam nicht mehr auf die Füße. Aus!

Schon vor dem Kampf hatte das Lager des Kubaners angeblich von Knieproblemen gewusst. Doch Solis verzichtete auf eine Operation, um den WM-Kampf nicht zu gefährden. Schon in den ersten Sekunden des Kampfes wirkte das Knie des dreimaligen Amateurweltmeister instabil und wackelig, dann folgte der Sturz, und nichts ging mehr.

Vier Stunden später, um kurz vor drei Uhr in der Nacht, humpelte Solis im roten Trainingsanzug und auf Krücken aus der Kölner Uni-Klinik. Sein Boxstall verschickte morgens um fünf Uhr die Diagnose: Kreuzbandriss, Meniskusriss und Knorpelschaden im Knie. Auf den Kubaner warten nun eine Operation und eine mehrmonatige Pause.

Bevor das klar war, hatten nach dem unglücklichen Ende des Kampfes alle Beteiligten noch einmal auf die Pauke gehauen. Sieger Vitali Klitschko baute sich noch im Ring vor Solis auf und brüllte ihn an. Offensichtlich witterte der Weltmeister in diesem Moment wie die Zuschauer einen Betrug und sah sich um den glänzenden Lohn seiner dreimonatigen Vorbereitung gebracht. Auf einen Hohn der Arbeit hatte er wenig Lust, und sein Bruder Wladimir musste den aufgebrachten Champion zurückhalten.

Die Feindschaft

Weniger Zurückhaltung gab es dann bei der Pressekonferenz. Solis war längst im Krankenwagen Richtung Klinik unterwegs, als es in den Katakomben der Arena knallte.

Ahmet Öner, Manager des Kubaners, und Bernd Bönte, Manager der Klitschko-Brüder, verbindet eine langjährige Feindschaft, die frisch auflebte. Für das Klitschko-Lager ist Öner an allem schuld – außer vielleicht am Ozonloch. Es kam, wie es kommen musste: Die Situation eskalierte. Bönte stichelte, Öner wurde rot, als wäre er von innen beleuchtet, dann explodierte er. Unter Schimpftiraden („Halt die Fresse!“) verließ er die Halle Richtung Krankenhaus.

Stunden später hatte er sich wieder im Griff: „Natürlich habe ich überreagiert. Aber was soll ich von einem Menschen halten, der einen Sieg aufgrund einer Verletzung so überschwänglich feiert und den verletzten Sportler und dessen Team beschimpft?“

Für Solis, der nach der Nacht im Hotel am Sonntag für eine Arthroskopie zur Uni-Klinik zurückfuhr, ist mit der ersten Niederlage im 18. Profikampf zunächst der Traum vom Titel geplatzt. Es dürfte bis zum Ende des Jahres dauern, ehe er wieder in den Ring kann, und die Klitschkos werden nicht auf ihn warten.

Wladimir hat für den Sommer einen Kampf-Vertrag mit David Haye, dem Weltmeister der WBA. Auch Vitali, der in diesem Jahr 40 Jahre alt wird, möchte noch nicht aufhören. Für ihn ist der Pole Tomasz Adamek im Gespräch. Der Kampfort, an dem Vitali der nächste Gegner vor die Füße fallen soll, dürfte Polen sein.