Köln (SID) - Thomas Bach stärkt den deutschen Leichtathleten in ihrem Kampf um eine Live-Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen von der WM in Daegu/Südkorea (27. August bis 4. September) den Rücken. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) fordert: "Die ARD und das ZDF sowie die IAAF sind aufgefordert, sich an einen Tisch zu setzen, um für die offensichtlich ungeklärten wirtschaftlichen Fragen eine Lösung zu finden, die sowohl den Interessen des Sports als auch dem Sendeauftrag gerecht wird."
ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz sieht in dieser Diskussion den Leichtathletik-Weltverband in der Pflicht. "Es ist Humbug, dass wir die WM nicht übertragen wollen. Wir wollen sie sehr gerne übertragen - aber nicht zu jedem Preis. Wir sind weiterhin jederzeit gesprächsbereit. Der erste Schritt muss nun aber von der IAAF oder deren Rechte-Vermarktungsagentur IEC kommen", sagte Gruschwitz dem Sport-Informations-Dienst (SID).
Sollte es doch noch zu einer Einigung kommen, würde für die deutschen Sender allerdings die Zeit knapp, um diese Live-Übertragung dann zu organisieren. "Eine Übertragung in der Qualität, die man von einer EM oder WM gewohnt ist, ist nicht mehr zu gewährleisten", so Gruschwitz. Zu kompliziert und langwierig sind die technischen Vorbereitungen sowie der Transport des Materials nach Südkorea in die WM-Stadt Daegu.
Offener Brief der Athleten
Am Montag hatten alle Kaderathleten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) sowie ehemalige Stars in einem offenen Brief die Live-Übertragung der WM im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gefordert. Sie wandten sich an die TV-Intendanten von ARD und ZDF sowie an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesinnenminister Thomas de Maizière und die Ministerpräsidenten und Sportminister der Länder.
"Ich bin schon verwundert, warum die Athleten nicht auch an ihre Interessenvertreter, also den nationalen und internationalen Verband geschrieben haben", sagte Gruschwitz: "Ich würde mir wünschen, dass auch die Position der IAAF mal kritisch hinterfragt wird." Inzwischen hat der Weltverband reagiert und vor dem Auftakt der Hallen-DM am Samstag in Leipzig (11.00 Uhr) eine Pressekonferenz zu diesem Thema anberaumt.
Mittlerweile melden sich die Athleten auch persönlich zu Wort. Weltklasse-Hürdenläuferin Carolin Nytra empört sich angesichts der Situation: "Wenn wir schlecht sind, wird rumgemosert. Wenn es einen Aufschwung gibt, wie wir ihn jetzt haben, werden wir nicht gezeigt. Das ist nicht nachvollziehbar."
Bach appelliert an öffentlich-rechtliche Sender
"Nachwuchsprobleme werden die Folge sein, wenn die Highlights unserer Sportart nicht mehr im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wahrgenommen werden", sagt Ralf Bartels, WM-Dritter im Kugelstoßen. Er dachte kurz darüber nach, ARD/ZDF bei passender Gelegenheit ein Interview zu verweigern, findet jedoch: "Das wäre ein Schuss ins eigene Bein."
Raul Spank, WM-Dritter im Hochsprung: "Da wird nach Olympia 2008 öffentlich lamentiert, dass wir in der Leichtathletik keine Typen mehr hätten. Dann präsentieren sich welche wie bei der EM 2010, aber im öffentlich-rechtlichen Fernsehen soll sie dann bei der WM niemand sehen."
Bach sagte dem SID: "Der DOSB tritt dafür ein, dass ARD und ZDF ihrem öffentlich-rechtlichen Sendeauftrag nachkommen und die gesamte Vielfalt des Spitzensports im Fernsehen abbilden. Zum Sendeauftrag gehört aus unserer Sicht insbesondere auch die Berichterstattung über Großereignisse wie die Leichtathletik-WM, die auf ein großes Interesse beim Publikum stößt, wie die Titelkämpfe 2009 in Berlin mit in der Spitze fast zehn Millionen Zuschauern bewiesen haben. Auch die EM-Übertragung im Jahr 2010 aus Barcelona lief mit bis zu 6,7 Millionen Zuschauern sehr gut."
Die Sender und die Vermarktungsagentur der WM-Rechte IEC hatten die Verhandlungen im Januar für beendet erklärt. Bliebe es dabei, würde es erstmals seit 1983 keine Live-Bilder von Leichtathletik-Weltmeisterschaften bei den Öffentlich-Rechtlichen geben. "Unser Ziel ist es, dass die TV-Verhandlungen über eine Live-Übertragung von der WM so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden", sagte DLV-Athletensprecherin Susanne Hahn. Die Vermarkter IEC hatte erklärt, ARD und ZDF hätten "weniger als ein Drittel dessen zahlen wollen, was sie für die letzte WM gezahlt haben".