Köln (SID) - Nach dem WM-Debakel in Schweden war der Abschied von Heiner Brand schon beschlossene Sache. Im SID-Interview erklärt der 58-Jährige, warum er mit seinem Job schon während der Spiele abgeschlossen hatte und was ihn zu einem Umdenken bewogen hat.
SID: "Zwei Wochen lang hat Handball-Deutschland auf Ihre Entscheidung gewartet. Was hat letztlich den Ausschlag gegeben?"
Heiner Brand: "Ich hatte eigentlich schon mit dem Thema weitestgehend abgeschlossen. Doch dann hatte ich ein Gespräch mit dem Präsidium und den Spitzen der Handball-Bundesliga. Beide Seiten haben mir gesagt, dass sie mich gerne noch weiter im Amt sehen würden, und da sah ich mich irgendwo auch in der Verantwortung."
SID: "Gab es auch Zuspruch von aktuellen oder ehemaligen Nationalspielern?"
Brand: "Ich habe einige SMS von ehemaligen Spielern bekommen, die mich zum Weitermachen überredet haben. Außerdem hatte ich ein schönes Erlebnis beim All-Star-Game in Leipzig, als die Zuschauer mich sehr freundlich empfangen haben. Das war sicherlich auf der emotionalen Ebene ganz wichtig. Auf der anderen Seite waren die vernunftsmäßigen Dinge entscheidend. Alle haben auf mich gesetzt. Und ich muss auch sagen, dass in der Kürze der Zeit, die wir zur Verfügung haben, ein Trainerwechsel nicht angebracht schien."
SID: "Warum hatten Sie mit dem Traineramt während der WM in Schweden schon abgeschlossen?"
Brand: "Es war eine sehr hohe Belastung für mich. Ich habe bekanntlich nicht immer nur Freude gehabt in der Zusammenarbeit mit der Liga. Es waren einige Dinge, die mich die ganze Zeit über sehr belastet haben. Während der WM war ich sehr angespannt, weil ich wusste, dass es ein sehr schweres Turnier werden würde. Dann kamen noch kleinere Sachen hinzu, sodass ich den Zeitpunkt für gekommen sah, nicht mehr den Bundestrainer zu machen."
SID: "In vier Wochen steht das erste von zwei EM-Qualifikationsspielen gegen Island an. Was wird in dieser Zeit passieren?"
Brand: "In dieser Zeit werde ich mir ein paar Handball-Spiele ansehen. Ich werde mich auf die Isländer vorbereiten. Dann haben wir vielleicht zwei, maximal drei Trainingseinheiten vor dem ersten Spiel gegen Island. Große Veränderungen wird es nicht geben, große Taktikmanöver kann es nicht geben. Wir müssen auf dem Vorhandenen aufbauen. Auf der anderen Seite hat die Mannschaft ja gezeigt, dass sie es kann. Wir haben eben nur zu große Schwankungen in unserem Spiel gehabt."
SID: "Sie sprachen an, dass es schnelle Veränderungen nicht geben wird. Was erwarten Sie denn mittel- und langfristig vom neu gegründeten Arbeitskreis Nationalmannschaft?"
Brand: "Die Bereitschaft, an verschiedenen Dingen zu arbeiten und sich über Dinge Gedanken zu machen, die man verbessern kann. Es wird sicherlich nicht so sein, dass in der nächsten Saison jede Mannschaft mit zehn deutschen Spielern aufläuft. Da gebe ich mich keinen Illusionen hin. Aber wir müssen versuchen, in kleinen Bereichen wie der Nachwuchsförderung und der Anschlussförderung im Juniorenbereich, Dinge zu verbessern. Dann haben wir vielleicht in Zukunft wieder eine Chance, ganz oben hinzukommen."
SID: "Sie bleiben nun erst einmal bis zum Abschluss der EM-Qualifikation im Amt. Wie geht es danach weiter?"
Brand: "Da machen wir uns keine Gedanken. Da sind wir diesen Monat nicht unter Zugzwang. Wir werden in Ruhe überlegen, was man machen kann, um effektiv zu arbeiten. Ich bin für alles offen, aber das werden wir mit der Zeit entscheiden."