Köln (SID) - Nur wenige Stunden nachdem das Rätsel über seine Zukunft als Handball-Bundestrainer gelöst war, ging Heiner Brand gewohnt professionell seiner Arbeit nach. An der Seite seiner Ehefrau Christel beobachtete der 58-Jährige beim Bundesligaspiel VfL Gummersbach gegen Frisch Auf Göppingen (29:23) aktuelle und potenzielle Nationalspieler und machte sich dabei Gedanken über die Zukunft des nach dem WM-Desaster am Boden liegenden deutschen Handballs. Große Hoffnung auf eine schnelle Verbesserung der Situation hat er allerdings nicht.
"Es wird sicherlich nicht so sein, dass in der nächsten Saison jede Mannschaft mit zehn deutschen Spielern aufläuft. Da gebe ich mich keinen Illusionen hin", sagte Brand im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) - trotz aller guten Vorsätze und der Einführung des Arbeitskreises Nationalmannschaft. "Große Veränderungen wird es nicht geben, große Taktikmanöver kann es nicht geben. Wir müssen auf dem Vorhandenen aufbauen", sagte der Gummersbacher mit Blick auf die wegweisenden EM-Qualifikationsspiele gegen den Olympiazweiten Island (9. und 13. März), für die er im Vorfeld "vielleicht zwei, maximal drei Trainingseinheiten" zur Verfügung hat.
Jugendförderung bleibt wichtiges Thema
Brand präsentierte sich dennoch sichtlich erholt nach dem enttäuschenden elften Platz bei der WM in Schweden und den folgenden schlaflosen Nächten und zähen Diskussionen über seine Zukunft. Besonders vom Arbeitskreis Nationalmannschaft verspricht sich der Weltmeistercoach von 2007 wichtige Weichenstellungen für eine bessere Zukunft. Man müsse versuchen, in kleinen Bereichen wie der Nachwuchsförderung und der Anschlussförderung im Juniorenbereich Dinge zu verbessern. Dann habe man vielleicht in Zukunft wieder eine Chance, ganz oben hinzukommen, so Brand.
Ob er bei dieser Entwicklung als Bundestrainer oder in einer anderen Funktion beim Deutschen Handball-Bund (DHB) mitwirken wird, ließ Brand trotz seines bis 2013 laufenden Vertrages weiter offen: "Da sind wir diesen Monat nicht unter Zugzwang. Wir werden in Ruhe überlegen, was man machen kann, um effektiv zu arbeiten. Ich bin für alles offen, aber das werden wir mit der Zeit entscheiden."
Der Zuspruch des DHB-Präsidiums und der Liga, aufmunternde Nachrichten ehemaliger Spieler und der emotionale Empfang beim All-Star-Game in Leipzig sind dafür verantwortlich, dass "Mr. Handball" überhaupt noch das führende Amt bekleidet. "Ich hatte eigentlich schon mit dem Thema weitestgehend abgeschlossen. Es war eine sehr hohe Belastung für mich. Ich habe bekanntlich nicht immer nur Freude gehabt in der Zusammenarbeit mit der Liga. Dann kamen noch kleinere Sachen hinzu, sodass ich den Zeitpunkt für gekommen sah, nicht mehr den Bundestrainer zu machen", berichtete Brand, der aber auch einräumte, dass ihm in der Kürze der Zeit, die man zur Verfügung hatte, ein Trainerwechsel nicht angebracht erschien.