Kristianstad. . Eines wurde bei den WM-Niederlagen gegen Spanien und Frankreich deutlich: Dem deutschen Handball fehlen Führungspersönlichkeiten. Gegen Tunesien sind Hens, Kraus und Co. gefordert.

Eines wurde bei den WM-Niederlagen gegen Spanien und Frankreich deutlich: Dem deutschen Handball fehlen Führungspersönlichkeiten. Gegen Tunesien sind Hens, Kraus und Co. gefordert.

Christian Schwarzer und Daniel Stephan saßen mit versteinerter Miene auf der Tribüne, unten auf der Bank hätte der verzweifelte Bundestrainer Heiner Brand seine ehemaligen Leitwölfte am liebsten wieder zurück aufs Feld geholt. Eines wurde bei den Niederlagen gegen Spanien (24:26) und Frankreich (23:30) bei der WM in Schweden deutlich: Dem deutschen Handball fehlen Führungspersönlichkeiten. Statt der insgeheim erhofften Medaille droht nach Platz zehn bei der EM in Österreich die nächste große Enttäuschung.

„Wir brauchen Stabilität in schwierigen Phasen. In solchen Spielen sind die Leute auf den zentralen Positionen gefordert. Das habe ich vermisst. Da muss Verantwortung übernommen werden“, sagte Brand nach der unnötigen Niederlage gegen Spanien und der bitteren Lehrstunde gegen Titelverteidiger Frankreich, der die deutsche Mannschaft in Halbzeit zwei regelrecht auseinandernahm. „Spitzen-Qualität. Deutschland hat nicht existiert“, jubelte denn auch die renommierte französische Sporttageszeitung L“Equipe.

Hens, Kraus und Glandorf nicht in Form

Heiner Brand nannte nach dem Desaster zwar keine Namen, doch richtete sich die Kritik an die erfahrenen Spieler Pascal Hens, Michael Kraus und Holger Glandorf, die ihre Form noch nicht gefunden und daher die Mannschaft nicht leiten können. Kapitän Hens (30) rennt sich immer wieder in der Abwehr des Gegners fest und leistet sich dann zahlreiche Ballverluste. Kraus war gegen die Franzosen zwar mit sieben Toren (drei Siebenmeter) bester Werfer, doch erzielte er die Mehrzahl seiner Tore, als die Begegnung bereits verloren war.

In der ersten Halbzeit leistete sich Kraus fünf Fehlwürfe. Eines der größten deutschen Handball-Talente scheint sein Potenzial wieder nicht abrufen zu können. Der 27-jährige Kraus wirkt blockiert, ihm fehlt das Selbstvertrauen. Auch bei Glandorf (27) wartet man seit dem WM-Titel 2007 vergebens auf den großen Durchbruch.

„Ich habe nicht viel davon, wenn Gensheimer oder Klein ein gutes Turnier spielen“, meinte Brand über seine Außen und nahm die Schlüsselspieler im Rückraum in die Pflicht: „Wir lassen zu schnell den Kopf hängen. Man muss auch einen klaren Kopf bewahren, wenn man mit vier, fünf Toren hinten liegt.“

Hanning: „Führung nicht existent“

Unterstützung erhält der Bundestrainer von zahlreichen Experten aus dem In- und Ausland wie Bob Hanning, dem Geschäftsführer der Füchse Berlin. „Wenn man sportlichen Erfolg haben will, ist das entscheidende Wort „Führung“. Diese ist bei der deutschen Mannschaft schlichtweg nicht existent“, erklärte der Sport1-Experte Hanning.

Auch für Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar ist klar: „Gerade in so wichtigen Spielen sind die erfahrenen Leute besonders gefordert.“ Gegen Spanien waren Hens und Kraus dermaßen von der Rolle, dass Brand sie in der Schlussphase erst gar nicht mehr aufs Feld brachte.

Deutliche Worte von Wislander

Kurt Klühspies, Weltmeister von 1978, übt ebenfalls Kritik. „Kein Zusammenspiel, kein Einlaufen, keine Übergänge, nichts. Keiner, der mal Kommandos gibt. Von Adrian Pfahl, der seine erste WM spielt, kann man das nicht erwarten. Aber wo war Pascal Hens? Wo war Kraus? Markus Baur, Blacky Schwarzer, solche Typen fehlen“, schrieb Klühspies in seiner Kolumne für das Internetportal t-online. de.

Deutliche Worte fand auch der Welthandballer des Jahrhunderts Magnus Wislander. „Von Kraus konnte man nicht mehr erwarten. Er spielt hier so wie beim HSV. Er wirft und wirft, mal trifft er, mal nicht. Ich weiß nicht, ob er die Rolle eines Spielmachers ausfüllen kann. Pascal war blass. Er geht nicht zum Tor. Ich weiß nicht, ob er in seiner Karriere zu oft auf den Rücken gefallen ist. Aber es sieht so aus, als ob er Angst hätte“, sagte der Schwede der Hamburger Morgenpost. (sid)