Essen/Frankfurt. .
Am vergangenen Montag hatte Bernd Hoffmann viel Redebedarf. Beim Jahresempfang der Deutschen Fußball-Liga in Frankfurt wollte der Vorstandsvorsitzende des Fußball-Bundesligisten Hamburger SV dem Geschäftsführer von Borussia Dortmund, Hans-Joachim Watzke, gar nicht mehr von der Seite weichen. Beide Manager hatten in den vergangenen Jahren immer wieder bei Transfers über Kreuz gelegen, schätzen und respektieren sich aber. Und so ließ sich Hoffmann die Chance nicht nehmen, Watzke auf dessen alten Bekannten aus gemeinsamen BVB-Zeiten anzusprechen: Matthias Sammer.
Sammer und Hoffmann könnten künftig eng beim Hamburger SV zusammenarbeiten. Denn der Aufsichtsrat des Fußball-Bundesligisten will den 43-Jährigen als Sportdirektor mit weitreichenden Befugnissen verpflichten. „Wir hoffen, dass wir die Sache innerhalb von wenigen Tagen dingfest machen können“, sagte der HSV-Aufsichtsratsvorsitzende Ernst-Otto Rieckhoff. „Wir sind von seiner konzeptionellen Stärke, der sportlichen Vision und seiner Leidenschaft überzeugt“, ergänzte Alexander Otto. Der Unternehmer und starke Mann im neu formierten Aufsichtsrat soll im Hintergund die Sondierungsgespräche mit Sammer geführt haben. „Sollte es eine Möglichkeit geben, eine Freigabe von Herrn Sammer beim Deutschen Fußball-Bund zu erwirken, werden wir ihm ein Angebot unterbreiten“, so Otto weiter. Das Angebot sieht einen Vertrag bis 2014 und ein Gehalt von zwei Millionen Euro pro Jahr vor.
Sammer selbst, der beim DFB erfolgreich arbeitet, aber dort im Schatten von Joachim Löw steht und mit dem Bundestrainer regelmäßig über Kompetenzen und Zuständigkeiten streitet, ging Mittwoch auf Tauchstation. Der DFB, bei dem der begehrte Sportdirektor bis 2013 unter Vertrag steht, zeigte sich gesprächiger: „Unser Wunsch ist es, dass er uns erhalten bleibt. Auch nach einem Telefonat mit ihm gibt es kein Signal, dass sein Vertrag aufgelöst werden soll“, kommentierte Generalsekretär Wolfgang Niersbach die Abwerbeversuche. „Wenn es das Angebot gibt, ist es ernst zu nehmen“, sagte Präsident Theo Zwanziger. Intern geht man beim Verband in Frankfurt davon aus, das Sammer vom Main an die Elbe wechseln will und spätestens bei der Präsidiumssitzung am Freitag um Freigabe bitten wird. Sammers innerfamiliäre Opposition, Ehefrau Karin, soll bereits ihr Okay zum Wechsel in die Hansestadt gegeben haben.
„Gibt keinen Besseren“
Dort soll Sammer den schlafenden Fußball-Riesen Hamburger SV endlich aufwecken. Der Bundesliga-Dino beeindruckt regelmäßig mit seinen Wirtschaftszahlen, enttäuscht aber im sportlichen Wettbewerb. Seit 1987 warten die Hamburger inzwischen auf einen Titel. Bezeichnend für die fehlende klare Linie: Armin Veh ist der achte Trainer in sieben Jahren, der sich beim Hamburger SV versucht.
Jetzt könnte mit dem akribisch arbeitenden Sammer, der in den letzten Jahren die DFB-Juniorenarbeit erfolgreich reformiert hat, wieder ein starker Sportdirektor installiert werden, der für Ordnung sorgt und Strukturen aufbaut. Der amtierende Sportchef Bastian Reinhardt soll seinem Nachfolger zuarbeiten.
„Es gibt keinen Besseren als Sammer“, sagt Franz Beckenbauer. „Wenn das gelingen würde, könnte man den HSV nur beglückwünschen“, findet Günter Netzer. Der weiß, wovon er redet: Netzer war Anfang der 1980er Jahre Manager beim HSV, als der Klub noch große Erfolge feiern konnte.