Essen. Felix Brych pfiff Spiele mit Messi und Ronaldo, war regelmäßig bei der EM und WM im Einsatz. Jetzt hört er auf - nicht nur wegen der körperlichen Belastung.
- Der deutsche Rekordschiedsrichter Felix Brych hört auf.
- Mit 49 Jahren ist der aktuell der älteste Schiedsrichter in Deutschland.
- Im Rückblick auf seine Karriere bleibt ihm eine „stressige“ Rote Karte gegen Cristiano Ronaldo im Kopf.
Als Schiedsrichter hat Felix Brych, wie er selbst sagt, so ziemlich alles gesehen, alles erlebt: im Champions-League-Finale 2017 zwischen Real Madrid und Juventus Turin, bei WM-Spielen in Brasilien und Russland, in Europapokal-Nächten mit Cristiano Ronaldo und Lionel Messi. Und in bislang 352 Einsätzen in der Bundesliga, womit er alleiniger Rekordhalter in Deutschland vor Wolfgang Stark ist (344 Einsätze).
Jetzt hat der zweimaligen Weltschiedsrichter genug. Vergangene Woche hat Brych sein Karriere-Aus zum Saisonende bekannt gegeben. „Ich war immer einer, der sich über Ziele motiviert hat. Die sind mir irgendwann ausgegangen“, sagte Brych in einem Mediengespräch am Donnerstag. Das letzte große Ziel sei die Marke von 350 Spielen gewesen, die er am 21. Dezember vergangenen Jahres mit dem Spiel VfB Stuttgart gegen St. Pauli erreicht hat. Über Weihnachten reifte die Entscheidung zum Karriereende bei Brych schließlich - nach vielen Gesprächen, unter anderem mit dem langjährigen Schiedsrichter Knut Kircher.
Felix Brych: 21 Jahre als Schiedsrichter - und aktuell der älteste Unparteiische Deutschlands
„Als Sportler merkt man, wenn die Karriere dem Ende entgegengeht. Das Training wurde immer beschwerlicher. Auch das Tempo in der Bundesliga ist echt eine Hausnummer, das ist mittlerweile Hochgeschwindigkeitssport“, so Brych, der sich im vergangenen Jahr nach einem Kreuzbandriss noch einmal zurückkämpfte. „Die Reha hat mit 48 Jahren hat sehr viel Kraft gekostet“, sagt er. „Jetzt merke ich aber, dass die Kraft schwindet - und auch die Lust auf Stress.“
Mittlerweile ist Brych 49 Jahre alt - und damit der älteste Schiedsrichter Deutschlands. Lange mussten die Unparteiischen mit 47 Jahren aufhören, das wurde auch dem ehemaligen Schiedsrichter Manuel Gräfe zum Verhängnis. Gräfe klagte gegen den DFB - und die Altersbegrenzung wurde Anfang 2023 abgeschafft. Brych signalisierte früh, dass er dem DFB auch über ein Alter von 47 Jahren hinaus weiter zur Verfügung stehen wird.
Eine Rote Karte für Cristiano Ronaldo bleibt Felix Brych in Erinnerung
21 Jahre lang war Felix Brych als Schiedsrichter aktiv, ist dabei auf internationaler Bühne mit Fußballstars wie Cristiano Ronaldo und Lionel Messi „groß und alt“ geworden. „Cristiano Ronaldo habe ich in der Champions League mal vom Platz gestellt“, erinnert sich Brych.
„Das war das erste Spiel nach seinem Wechsel von Real Madrid zu Juventus Turin (September 2018, d.Red.), in der Champions League, auswärts gegen Valencia. Es herrschte eine sehr feindselige Atmosphäre. Ich hatte sonst immer einen ganz guten Draht zu Ronaldo, aber an dem Tag war er irgendwie anders drauf. Während des Spiels hat er einem Gegenspieler in die Haare gegriffen, das war dann eine Rote Karte. Valencia hat getobt, das Internet auch. Ronaldo hat 500 Millionen Follower, sie können sich vorstellen, was danach auf Social Media los war“, so Brych.
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Als Brych am 28. August 2004 sein erstes Bundesligaspiel gepfiffen hat (Hertha BSC gegen Mainz 05), war Social Media noch kein Thema. „Das ist während meiner Karriere dazugekommen. Das Internet war noch in den Kinderschuhen, als ich angefangen habe“ so Brych. Heute stehen Schiedsrichter mehr denn je in der Öffentlichkeit, bekommen in sozialen Netzwerken ein ungefiltertes Echo für ihre Leistungen. „Es wurde auch mental und medial immer mehr“, sagt er heute - auch das habe in den Überlegungen zum Karriereende eine Rolle gespielt.
Phantom-Tor und unwürdiges WM-Ende: Brych musste mit öffentlicher Kritik leben
Neben der Roten Karte für Ronaldo stand Brych öfter in der Öffentlichkeit, als es ihm manchmal vielleicht lieb war. Zum Beispiel im Oktober 2013: Bei der Partie zwischen Hoffenheim und Leverkusen köpfte Stefan Kießling aufs Tor, der Ball landete am Außennetz. Durch ein Loch im Tornetz rutschte der Ball hinter der Linie - Brych gab den Treffer. Das „Phantom Tor“ ging in die Fußballgeschichtsbücher ein. Das mediale Echo war damals groß, sogar ein Wiederholungsspiel stand im Raum. Mittlerweile können viele über den Fehler schmunzeln.
Deutlich härter ging es für Brych bei der WM 2018 in Russland zu. Nach einem verwerten Foulelfmeter für Serbien setzte ihn deren Trainer Mladen Krstajic mit einem Kriegsverbrecher gleich, Brych wolle er „nach Den Haag schicken“. Nach der Vorrunde wurde Brych von der Fifa bei der WM 2018 nicht mehr eingesetzt. Es sollte sein letztes Spiel bleiben, dass er bei einer Weltmeisterschaft geleitet hat. Bei der EM 2021 pfiff er noch fünf Spiele und beendete danach seine internationale Karriere.
Felix Brych lässt seine Zukunft offen
„Was auf Social Media passiert, lese ich gar nicht. Aber man merkt trotzdem, wenn sich was zusammenbraut. Das auszuhalten, habe ich gerne gemacht. Aber jetzt ist es auch gut“ sagt Brych heute.
Wie es für ihn nach der aktiven Karriere weitergeht, lässt er noch offen: .“Ich habe mir viele Gedanken in diesem Job gemacht, gerade auch in schlechten Phasen. Dieses Wissen möchte ich weitergeben. Ich bin mit Knut Kircher im guten Austausch, was das Karriereende betrifft. Wir werden uns in den nächsten Wochen nochmal zusammensetzen. Aber jetzt bin noch aktiver Schiedsrichter, bis Mai lege ich meine ganze Kraft auf den Platz. Dann sehen wir weiter.“