Essen. "Schwul" ist eines der am häufigsten gebrauchten Schimpfwörter in deutschen Fußballstadien. Das Bündnis Aktiver Fußballfans (BAFF) startet deswegen eine Aktion gegen Sexismus und Homophobie. Der Fanforscher und Fußball-Sozialwissenschaftler Gerd Dembowski erklärt, warum die lange fällig ist.

Bremens Torwart Tim Wiese: Wegen seines rosa Trikots musste er immer wieder Spottgesänge ertragen. Foto: imago
Bremens Torwart Tim Wiese: Wegen seines rosa Trikots musste er immer wieder Spottgesänge ertragen. Foto: imago

Der Schiri ist "schwul", der Bremer Keeper Tim Wiese – er trägt gerne ein rosa Trikot – sowieso. Und auch der niederländischen Nationalmannschaft schallt es aus den Fankurven entgegen: "Schwule Holländer!"

Schwul, das ist das Schimpfwort Nummer eins in deutschen Fußballstadion, erklärt Gerd Dembowski. Der gebürtige Recklinghäuser ist als Bundessprecher des Bündnisses Aktiver Fußballfans (BAFF) und durch seine Arbeit für football against racism in europe (fare) bekannt geworden. Gemeinsam mit seinen Mitstreitern bei BAFF will er nun ein Zeichen gegen Sexismus und Homophobie im Stadion setzen.

Pöbeln in moralischen Grenzen

Gerd Dembowski will mit BAFF ein Zeichen gegen Sexismus und Homophobie setzen. Foto: Stefan Reinke/WNM
Gerd Dembowski will mit BAFF ein Zeichen gegen Sexismus und Homophobie setzen. Foto: Stefan Reinke/WNM

Höchste Zeit ist es für die Initiative, findet Dembowski. Denn der Ausdruck "schwul" habe sich in der Sprache der Fans bereits etabliert. "Keiner denkt mehr groß über den Gebrauch dieses Wortes nach", beschreibt der Fanforscher. "Und wenn Du die Leute dann direkt ansprichst, sagen sie, sie hätten ja gar nichts gegen Schwule."

Die Außenwirkung allerdings sei eine andere: Wenn "schwul" ein Schimpfwort geworden sei, mit dem die Anhänger der gegnerischen Mannschaft verhöhnt werden, könnten sich Schwule und Lesben im Stadion nicht wohl fühlen. "Pöbeln gehört im Fußball dazu. Aber es gibt ethische und moralische Grenzen", findet Dembowski.

Das Bündnis Aktiver Fußballfans

Das Bündnis Aktiver Fußballfans (BAFF) ist ein seit 1993 bestehender vereinsübergreifender Zusammenschluss von über 200 Einzelmitgliedern und vielen Faninstitutionen (Projekte, Fanclubs, etc.).

Elementares Ziel ist der Erhalt der historisch gewachsenen Fankultur als Stadion-Live-Ereignis mit hohem Unterhaltungs- und sozialem Integrationswert.

Dazu gehört der Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung, gegen die übertriebene Kommerzialisierung des Fußballs mit all ihren negativen Auswirkungen (TV-Allmacht, Preiserhöhungen usw.).

BAFF fordert deswegen zu mehr Courage auf: In der eigenen Szene sollen die Fußballfreunde "wachsam" sein und notfalls "verbal einschreiten". Wie das im Alltag möglich ist, soll ein so genannter "Good Practise Guide" beschreiben, den BAFF in Kürze auf seiner Internetseite präsentieren will.

Verbände sollen gefordert werden

Zudem will man die Verbände von der Brisanz des Themas überzeugen und ihnen einen Forderungskatalog präsentieren. "Denn bislang kümmern sich DFL und DFB vor allem um den Bereich Rassismus. Wir aber wollen dafür sorgen, dass Sexismus und Homophobie in einer gesellschaftlichen Hierarchie der Diskriminierungen nicht mehr ganz unten auf der Liste steht."

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