Bochum. .

Sie bestachen FIFA-Schiedsrichter und A-Jugendliche, doch von der Fußball-Bundesliga ließen die Wettbetrüger im größten Manipulationsskandal die Finger. "Mit Sicherheit müsste man Bundesliga-Spielern viel mehr Geld bieten", sagte der mutmaßliche Haupttäter Marijo C. als Zeuge im Prozess vor dem Bochumer Landgericht aus.

Allerdings habe es keine grundsätzliche Entscheidung der Wettmafia gegeben, die höchste deutsche Liga auszuklammern. "Wenn es sich ergeben hätte, wäre mit Sicherheit auch die Bundesliga dran gewesen", sagte der 35-Jährige, der im kommenden Jahr angeklagt werden soll.

Nach Erkenntnissen der Bochumer Ermittler sind in Deutschland lediglich Spiele bis zur 2. Liga von Manipulationen betroffen. Insgesamt, so Staatsanwalt Andreas Bachmann, sollen 312 Partien verschoben worden sein, viele davon auch im europäischen Ausland. Marijo C., zusammen mit dem ebenfalls noch nicht angeklagten Ante S. der Kopf der Wettmafia, soll an 217 Fällen beteiligt gewesen sein. Darunter auch an der Bestechung der FIFA-Schiedsrichter Novo Panic (Bosnien-Herzegowina) und Oleg Orijechow (Ukraine), die mittlerweile lebenslang gesperrt wurden.

Am zehnten Verhandlungstag gab die 13. Strafkammer bekannt, dass der dritte Angeklagte auf Kaution freikommt. Kristian S., der vor allem Spiele in der Oberliga manipuliert haben soll, darf nach 13-monatiger Untersuchungshaft gegen eine Sicherheitsleistung von 10.000 Euro auf freien Fuß. Zuvor waren bereits die geständigen Mitangeklagten Nürettin G. und Tuna A. gegen eine Kaution von jeweils 20.000 Euro freigelassen worden.

Der vierte Beschuldigte, Stevan R., bleibt dagegen hinter Gittern. Der 35-Jährige, der als einziger Angeklagter einschlägig vorbestraft ist, hatte zuvor zugegeben, Spiele des Regionalligisten Bayern Alzenau manipuliert zu haben. "Ich habe mit dem Torwart gesprochen, er wollte das machen", berichtete Stevan R.. Der Keeper sollte rund 5000 Euro erhalten, damit er absichtlich Tore zulasse.

Doch die Manipulation funktionierte offenbar nicht immer. "Der Junge wollte Geld verdienen und hat gehalten wie ein Weltmeister", sagte Stevan R., nachdem Alzenau gegen den SC Freiburg II am 19. September 2009 nur 0:1 verloren hatte - die Wettmafia aber auf eine höhere Niederlage gesetzt hatte. In einem anderen Fall soll die Manipulation erfolgreich gewesen sein - beim 1:3 gegen die Stuttgarter Kickers am 31. Oktober 2009. Dem Torwart wurden, so R., nachher 7500 Euro gezahlt.

Beim Regionalligisten SC Verl dagegen will Stevan R. nur geblufft haben. Auch wenn drei Spieler bei McDonalds in Dortmund jeweils 500 Euro erhielten, sei keine konkrete Manipulation verabredet worden. Gegenüber anderen mutmaßlichen Wettbetrügern habe er zusammen mit einem Spieler so getan, als wenn Spiele manipuliert werden sollten. "Das war ein Bluff von uns", sagte Stevan R., der dennoch Bestechungsgeld von Marijo C. kassierte - angeblich allein 20.000 Euro für einen Spieler. "Das weiß nur der liebe Gott, wer da manipuliert hat", sagte Marijo C..

Auch U19-Spieler waren in Manipulationen verwickelt. Drei A-Jugendliche von Arminia Bielefeld, die mittlerweile schon vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) gesperrt wurden, sollten ihre Spiele gegen Bochum und Schalke am 31. Oktober und 8. November 2009 verlieren. Wie viel Geld sie über einen Mittelsmann tatsächlich bekamen, ist aber unklar.

Insgesamt hat der DFB im Zuge des Wettskandals neun Verfahren abgeschlossen. Andere beschuldigte Spieler - wie auch der Torwart von Alzenau - wurden bislang nur angehört. Zunächst sollen weitere Erkenntnisse aus dem Bochumer Prozess abgewartet werden.

Vor dem Bochumer Landgericht sind im ersten Prozess vier Beschuldigte angeklagt, die insgesamt 32 Spiele manipuliert und dann hohe Beträge darauf gewettet haben sollen. Am nächsten Verhandlungstag am 5. Januar ist Ante S. als Zeuge geladen. (sid)