Essen/Karlsruhe. Profiklubs dürfen an Polizeikosten beteiligt werden. Der Gedanke ist nachvollziehbar, birgt aber manche Probleme. Ein Kommentar

Dem Bundesverfassungsgericht dürfte am Dienstag gelungen sein, was für Gerichte gerade in komplexen juristischen Fragen nicht immer leicht ist. Mit seiner Entscheidung, dass Profiklubs an den Polizeikosten für Hochrisikospiele beteiligt werden dürfen, hat das höchste deutsche Gericht wohl so ziemlich genau den Geschmack der Massen getroffen, die da lautet: Die Profiklubs setzen Milliarden um, da sollen sie doch bitte auch die Kosten tragen, die durch ihre Spiele entstehen.

Der Gedanke ist nachvollziehbar, zumal man sicher nicht in Mitleid verfallen muss mit den deutschen Profiklubs, wo Geld – vorsichtig formuliert – nicht immer nur umsichtig und mit Augenmaß ausgegeben wird. Wer jedes Jahr Millionen an Spielerberater austeilt, wird auch den einen oder anderen Euro in Polizeiarbeit investieren können, zumal es ja nur um die zusätzlichen Kosten bei Hochrisikospielen geht.

Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt: Profiklubs dürfen an den Polizeikosten für Risikospiele beteiligt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt: Profiklubs dürfen an den Polizeikosten für Risikospiele beteiligt werden. © dpa | Uli Deck

Und doch hinterlässt dieses Urteil einen schalen Beigeschmack, weil man schnell auf eine schiefe Ebene kommt, wenn man es konsequent weiterdenkt. Denn es geht hier ja nicht um die Sicherheit im Stadion – da ist vollkommen unstrittig, dass die vom jeweiligen Veranstalter zu bezahlen ist. Nein, es geht um die Sicherheit im öffentlichen Raum. Auf Straßen, an Bahnhöfen, in den Zügen und an allen anderen Orten, auf die ein Fußballklub so gar keinen Zugriff hat.

Polizeieinsätze rund um Fußballspiele sind oft überdimensioniert

Denn Sicherheit im öffentlichen Raum ist allein Sache der Staatsmacht, dafür bezahlen wir ja alle Steuern – auch der Profifußball steuert jährlich 1,6 Milliarden Euro bei. An diesem Grundsatz, der einhergeht mit dem staatlichen Gewaltmonopol, wird niemand rütteln wollen. Genau das aber macht das Urteil schwierig. Denn wo fängt die konkrete Zuordnung an, für welche Kosten sind Klubs verantwortlich? Rund ums Stadion? In der ganzen Stadt? Oder fällt es letztlich auch in ihren Verantwortungsbereich, wenn es schon bei der Anreise hunderte Kilometer entfernt zu Keilereien an Bahnhöfen kommt?

Das Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 war jahrelang eines der großen Hochrisikospiele in Nordrhein-Westfalen.
Das Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 war jahrelang eines der großen Hochrisikospiele in Nordrhein-Westfalen. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann Funke Foto Services

Nicht selten hat man außerdem das Gefühl, dass Polizeieinsätze rund um harmlose Fußballspiele völlig überdimensioniert sind. Aber der Fußball hat sein Image weg, obwohl es ausweislich der polizeilichen Statistiken auf vielen großen Volksfesten zu deutlich mehr Straftaten und Verletzungen kommt. Fordert aber irgendwer, dass sich die Organisatoren des Münchener Oktoberfests an Polizeikosten beteiligen? Des Düsseldorfer oder Kölner Karnevals? Oder diverser Schützenfeste, Musikfestivals, anderer Großveranstaltungen? Natürlich nicht, das kann ja niemand wollen. Dann aber muss man schon sehr gut begründen, warum es für den Fußball anders sein sollte.