Flensburg. Vor allem gegen Ende dominierte die deutsche Handball-Nationalmannschaft seinen Gegner Brasilien. Das 32:25 liefert viele Erkenntnisse.
Es war ein etwas harziger Start in die WM-Kampagne für die deutschen Handballer. Doch in der zweiten Halbzeit des Testspiels gegen Südamerikachampion Brasilien steigerte sich das Team von Bundestrainer Alfred Gislason erheblich und gewann noch deutlich mit 32:25 (13:13)-Toren. Die 5.569 Fans in der ausverkauften Flensburger Arena feierten die deutschen Profis jedenfalls in den letzten Minuten mit stehenden Ovationen. „Wir haben ein bisschen gebraucht, um ins Spiel zu kommen“, sagte Kapitän Johannes Golla. „Aber irgendwann lief die Maschine.“
Teilweise glänzte die Mannschaft nun mit tollen Anspielen und Hochgeschwindigkeitshandball. Erfolgreichster deutsche Schützen war Renars Uscins, Lukas Mertens und Marko Grgic mit je vier Treffern. Bevor das Weltchampionat für das deutsche Team am kommenden Mittwoch in Herning (Dänemark) gegen Polen startet, testet es am Samstag in Hamburg erneut gegen Brasilien. „Ich hoffe, dass wir uns steigern werden. Wir waren nicht so spritzig am Anfang, die Abwehr hatte keinen Zugriff“, monierte Bundestrainer Alfred Gislason. „Aber später wurde es flüssiger und viel besser.“
Der Isländer hatte in den ersten Tagen der WM-Vorbereitung den Fokus auf die Defensive gelegt – insbesondere auf den Mittelblock in der 6:0-Formation, in dem Kapitän Golla, Julian Köster und Sebastian Heymann im olympischen Turnier die Grundlage für olympisches Silber gesorgt hatten. Damit hatten die deutschen Profis die bekannte Weisheit des Mannschaftssports unterstrichen, wonach erst eine starke Defensive den Erfolg ermöglicht.
Handball: Justus Fischers Chance für Deutschland
Nun muss aber Heymann (Mannheim) verletzungsbedingt passen. Zudem plagte sich Golla, der als „local hero“ von den Fans frenetisch gefeiert wurde, seit Monaten mit Schulterproblemen und spielte oft unter Schmerzmitteln. Er spüre die hohe Belastung, klagte Golla, das krasse Pensum, das er im Olympiajahr absolviert hatte, gehe an die Substanz: „Es gibt viele Dinge, die man mit sich rumschleppt.”
So wird Justus Fischer, 21, bei der WM deutlich mehr Einsatzzeiten erhalten als noch bei Olympia. Neben ihm wird Lukas Stutzke, der Kollege von der TSV Hannover-Burgdorf, den Gislason nachnominierte, oft im Zentrum der Defensive zu finden sein. „Lukas hat den Vorteil, dass er blind eingespielt ist mit Fischer“, sagte Gislason vor der Partie und war optimistisch. „Wir haben eine gute Lösung gefunden, mit der wir das Niveau halten können.“
Das deutete der Abend an. Der Bundestrainer begann mit dem Stamm-Duo Golla/Köster, mit mäßigem Erfolg. Die brasilianischen Angreifer kamen immer wieder zu Durchbrüchen, so dass die DHB-Auswahl nach zwölf Minuten mit 3:6 zurücklag. Auch dem Gummersbacher Köster fehlt offensichtlich noch physische Substanz, nach einer langen Knieverletzung spielt er nicht wieder in Topform.
Handball: Deutschland kämpft, Fischer und Stutzke fallen auf
Gislason nahm die nötige Auszeit und versuchte es nun mit dem Hannover-Block im Deckungszentrum. Tatsächlich attackierten Fischer und Stutzke, ausgestattet mit einer starken Beinarbeit, nun den Gegner sehr früh. Das Resultat: Ballgewinne, die mit Tempogegenstößen auch belohnt wurden. Als der körperlich enorm präsente Fischer einen Schnellangriff abschloss, stand es 8:8 (22.). Fischer und Stutzke jedenfalls stellten den Bundestrainer für die Abwehr nun zufrieden.
In diesen Minuten profitierte der Gastgeber zugleich von einer höheren Dynamik im Rückraum. Dort demonstrierte Regisseur Juri Knorr, ein geborener Flensburger, seit Minute 17 seine große Klasse: Durch seine gewonnenen Zweikämpfe kamen seine Halbspieler, insbesondere Shootingstar Renars Uscins (Hannover), zu freien Wurfmöglichkeiten. Dennoch reichte es nach eher mäßigen 30 Minuten nur zu einem 13:13-Remis.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit zeigten die deutschen Angreifer noch deutlich größere Entschlossenheit. Uscins begeisterte mit No-Look-Pass, den Kreisläufer Golla verwertete, die Fans auf den Tribünen. Kurz darauf ging Deutschland durch Köster mit 20:17 (42.) erstmals deutlich in Führung. Basis dafür war auch eine klare Steigerung in der Defensive, die nun Köster und Golla wieder dirigierten.
Nun ließen die Südamerikaner, die mit Bryan Monte ihren besten Individualisten durch eine Verletzung verloren, indes deutlich nach, während Gislason nun durchwechselte. Allein die deutsche Nummer Eins im Tor, Andreas Wolff, der am Mittwoch Vater geworden war, kam nicht zum Einsatz. Durch eine ganze Serie von Tempogegenstößen sorgte die DHB-Auswahl nun über 27:20 (50.) für einen klaren Testspielsieg.