Essen. Der Boxing Day ist DER Traditionsspieltag der Premier League. Im internationalen Fußball überdrehen es die Machthaber aber. Ein Kommentar.
Was dem Deutschen Kartoffelsalat und Würstchen an Heiligabend sind, sind dem Engländer seine Fußballspiele am Boxing Day. Kein Spieltag hat so viel Tradition wie der in England am zweiten Weihnachtsfeiertag, wenn die Stadien auf der Insel so brechend voll sind wie die Bäuche vieler Menschen nach den Weihnachtstagen. Und kein Spieltag wird weltweit so sehr geliebt, weil fast alle Ligen dann pausieren. Entsprechend groß ist die Aufmerksamkeit, entsprechend viel Geld bringt dieser Spieltag den englischen Klubs ein.
Es ist also nicht nur eine liebgewonnene Tradition, dass die Superstars um Erling Haaland, Mohamed Salah oder Gabriel Jesus zum Weihnachtsfest ihrer Arbeit nachgehen. Es ist auch eine der ältesten Möglichkeiten, noch mehr Einnahmen zu generieren. Somit ist der Boxing Day im englischen Fußball - zu übersetzen mit Geschenke-Tag für die Fans - auch das Vorbild der Profitgier der modernen Macher des Fußballs. Allen voran Fifa-Präsident Gianni Infantino fantasiert regelmäßig davon, den Fußball noch attraktiver machen zu wollen. Was in Wahrheit nur bedeutet, noch mehr Geld aus dem System herauszupressen.
Immer mehr Trainer beklagen sich über Belastung
Längst geht diese Gier zulasten der Spieler, die immer mehr Einsätze in einem Kalenderjahr absolvieren müssen. BVB-Trainer Nuri Sahin, Ex-Liverpool-Coach Jürgen Klopp, Trainer-Legende Pep Guardiola - sie alle kritisierten in den vergangenen Wochen und Monaten die Belastungen für ihre Spieler. Ihre Klubs aber halten die Hände auf, wenn es darum geht, das viele Geld zu verteilen, das durch die Mehr-Spiele im Jahr generiert wird. Wie zum Beispiel durch die Klub-WM, die im kommenden Sommer in den USA erstmals im neuen Format ausgetragen wird.
Was mit dem Boxing Day einmal angefangen hat, ist längst in einer Spirale geendet, die irgendwann einmal überdreht werden dürfte. Der Fußball läuft Gefahr, sich selbst abzuwerten. Noch ist die Chance aber da, Traditionen wieder zu pflegen. Und das wäre neben dem legendären Spieltag in England am zweiten Weihnachtsfeiertag auch eine ordentliche Sommerpause für alle. Damit zumindest dann die Fußballstars einmal durchschnaufen können.