Essen. Das Sportjahr 2024 war reich an Höhepunkten und emotionalen Geschichten. Die Sportredaktion blickt auf ihre besonderen Momente.
Dieses Sportjahr hat versprochen, was es gehalten hat! Allein durch die Fußball-EM in Deutschland und die Olympischen Sommerspiele waren zwei Höhepunkte an Großereignissen gesetzt - und die Mannschaften, die Athletinnen und Athleten, aber auch die Fans haben geliefert. Die Begeisterung für Sport war endlich wieder spürbar - vor allem nach den olympischen Corona-Spiele in Tokio und Peking. Doch auch jenseits der ganz großen Bühne gab es besondere Sportmomente. Die Redakteure von Funke Sport blicken in persönlichen Schlaglichtern zurück.
VfL Bochum: Das Wunder in der Relegation
Es gibt Daten, die brennen sich ins Gedächtnis ein. Oft sind es Geburtstage, feierliche oder tragische Anlässe. Und manchmal sind es Tage, an denen ein Fußballspiel stattgefunden hat. Seit diesem Jahr wird der 27. Mai wohl auf ewig meine Erinnerungen an einen ganz besonderen Moment hervorrufen.
Es ist der Tag des Relegationswunders des VfL Bochum bei Fortuna Düsseldorf. Jener Tag, als Kevin Stöger, Philipp Hofmann und Andreas Luthe zu Vereinslegenden wurden. Jener Tag, der auch für mich als Berichterstatter kein alltäglicher war.
Ohne Chance – das war klar mein Gedanke vor dem Anpfiff und selbst nach dem 1:0 sagte ich zu meinen Kollegen noch, dass dies wohl nicht ändern würde. Bei fortlaufender Spielzeit rutschte ich immer nervöser auf meinem Sitz hin und her, bereitete vorsichtshalber schon einmal eine zweite Version des Spielberichts vor. Eine weise Entscheidung. 2:0, 3:0 – passiert das hier gerade wirklich? Von der sachlichen Neutralität war zu diesem Zeitpunkt wenig übriggeblieben. Immer wieder wechselten sich zwei Gedanken ab: „Wahnsinn, ich erlebe Sportgeschichte“ und „Verdammt, ich muss einen Spielbericht fertigbekommen“.
Egal, Gedanke eins setze sich durch. Vor dem Start des Elfmeterschießens alles auf das Relegationswunder geschrieben, die Lotterie selbst im Stehen verfolgt. Und ich gebe zu: Beim Fehlschuss von Takashi Uchino entwich mir der eine oder andere Laut, den es auf Pressetribünen dieser Welt eher selten zu hören gibt.
Emotionen, verrückte Spielverläufe, unerklärliche Dinge – dafür liebe ich den Fußball. Das, was in Düsseldorf geschah, hatte alles davon. Daher klar der Sportmoment des Jahres – vielleicht sogar des Jahrzehnts. (dör)
BVB in der Champions League: Halbfinale ist immer geiler
Neulich traf ich einen Freund, der einen sehr prägnanten wie wahren Satz sagte: „Halbfinale ist immer geiler.“
Wir sprachen uns auch schon in der Nacht vom 7. auf den 8. Mai in Paris, in jenen Stunden, in denen eine Mannschaft, ein Verein, eine Stadt begann, einen Monat lang an das Unmögliche zu glauben: Ja, Borussia Dortmund konnte tatsächlich Champions-League-Sieger werden. Das Halbfinale bei Paris Saint-Germains Star-Mannschaft um Kylian Mbappé war nicht so spektakulär wie die Runde zuvor gegen Atlético Madrid. Aber es bot so viele Geschichten.
Mats Hummels köpfte Dortmund bei seinem letzten Tanz mit seinem Herzensklub in Führung und damit zum Sieg. Marco Reus, der meisterschaftslose, stand nach Abpfiff inmitten der BVB-Ultras und stimmte gemeinsam mit ihnen das Europapokal-Lied an. Sollte er doch noch einen großen Titel holen? Jadon Sancho, der Rückkehrer, war von der britischen Insel weggeschickt worden, weil er sich mit Manchester United überworfen hatte. Zurück in Dortmund blühte er auf. Und Edin Terzic, der Trainer von der Südtribüne, erhielt die einmalige Chance, selbst Teil der BVB-Historie zu werden.
Die Geschichte dieser Mannschaft, dieses Klubs, sie wäre heute eine völlig andere, wenn das Team im Juni dann auch noch Real Madrid besiegt hätte. Möglichkeiten dazu hatte es im Wembleystadion zwar, doch am Ende waren die Königlichen mal wieder zu abgezockt. Bittere Enttäuschung überwog den Stolz in Schwarz und Gelb. In Erinnerung dieser Saison bleibt daher der Zauber der Hoffnung, weil Halbfinale eben doch geiler ist. (chwo)
Das Dabrowski-Aus in Essen
Über zweieinhalb Jahre war Christoph Dabrowski Trainer des Drittligisten Rot-Weiss Essen, bevor er am 10. Dezember 2024 freigestellt wurde. Eine Beurlaubung, die durchaus auch einen Reporter treffen kann.
Es gibt diese Trainer, überhaupt Vereinsverantwortliche, zu denen auch ein Journalist ein besonderes Verhältnis aufbauen kann. In diesem Fall war das so. Und dann muss man sich auch als Berichterstatter erst einmal schütteln, wenn ein bekanntes Gesicht, mit dem man gefühlt täglich zu tun hat oder mit dem man sich täglich auseinandersetzt, weg ist.
Fair, ehrlich, echt, direkt: So war die Zusammenarbeit zwischen Dabrowski und mir. Seine Abschiedsworte an meine Person bestätigten mich nur in meiner Wahrnehmung. „Danke dir, Wozi – für eine lange Abenteuerreise. Es war eine Menge los, aber immer auf Augenhöhe.“
Am Ende des Tages macht jeder seinen Job weiter und geht seinen Weg. Dabrowski wird erst einmal abschalten, den Akku aufladen und sich dann mit Sicherheit einer neuen Aufgabe widmen. Ich derweil bin schon kurz nach seiner Beurlaubung wieder auf der Suche nach seinem Nachfolger. Diesen hat Rot-Weiss Essen mittlerweile gefunden.
Ob die Zusammenarbeit auch so gut wie mit Dabrowski verlaufen wird, bleibt abzuwarten. Manchmal ist es einfach nur sehr professionell, und manchmal wird es etwas offener und vertrauter. Es kommt immer darauf an, welche Menschen zusammenkommen – im privaten Lebensbereich und natürlich auch im Beruf. (wozi)
Florian Wirtz und die fast vergessene Ekstase
Ganz alleine taucht Florian Wirtz vor Werder Bremens Torwart Michael Zetterer auf. Der macht sich groß, doch Wirtz versenkt die Kugel aus vollem Lauf im linken Eck. 4:0 für Bayer Leverkusen und die Fans, die sich sieben Minuten vor dem Ende bereits zu Tausenden hinter den Werbebanden am Spielfeld versammelt haben, können sich nicht mehr zurückhalten. Sie fluten das Feld und rennen auf Wirtz, der das vergeblich zu verhindern versucht, zu. Soeben ist auch dem Letzten klargeworden, dass Bayer Leverkusen Deutscher Meister werden wird. Dieser Sonntag Mitte April 2024 hat so viele Emotionen, die in elf Jahren Titel-Abo der Bayern verloren gegangen schienen, zurück nach Fußball-Deutschland gebracht.
Dabei war der Ausgang der Geschichte eigentlich genauso klar, wie in den Jahren der Bayern-Dominanz auch: Bayer Leverkusen würde vorzeitig Deutscher Meister werden, und das zum ersten Mal in seiner Geschichte. Ob jetzt gegen Werder Bremen, eine Woche später in Dortmund oder gegen Stuttgart. Zu dominant war das Team von Xabi Alonso über die ganze Saison hinweg aufgetreten. Und viel zu groß war der Vorsprung an der Tabellenspitze.
Auch wenn ganz Deutschland und insgeheim auch die größten Pessimisten Leverkusens wussten, was passieren würde, entlud sich all das in jener 83. Minute gegen Werder Bremen. Für die Bayer-Fans war die schier ewige Vizekusen-Zeit endlich vorbei. Und auch für jeden, die es nicht mit dem Branchenprimus aus München hält, endete eine ganz persönliche Serie. Mein Beispiel: Als der Meister zuletzt nicht FC Bayern München hieß, war ich in der achten Klasse. Das konnte ich dann endlich ad acta legen. Der Mehrheit im Land dürfte es ähnlich gegangen ein. (tica)
Leidenszeit an der Linie
Bochum, Mitte September, eine Zeit im Jahr, in der sich die Sonne oft noch einmal spätsommerlich aufbäumt, die Bäume aber bereits anfangen frühherbstlich zu schimmern. Es ist die Zeit für den Saisonauftakt im Hallensport. So auch für „mein Team“ in der Volleyball-Verbandsliga. Auswärtsspiel.
In der Halle ist dann anders als draußen gar nichts bunt. Nach einer großartigen Saison zuvor war das Team als Meister aufgestiegen. Die Brust war breit, die Klappe groß. Einige Spieler sprachen schon vom erneuten Aufstieg.
Und jetzt? Kalkweiße Gesichter in der der Halle. Schockstarre 4:9 stand es nach der ersten, 4:14 nach der zweiten Auszeit. Der Satz war faktisch verloren, das Selbstbewusstsein lag in Trümmern. 30 Sekunden hast Du beim Volleyball als Trainer während einer Auszeit, um irgendwie aufs Spiel Einfluss zu nehmen.
Manchmal stehst Du dann am Feldrand, die Pulsuhr behauptet stur, du liefest gerade einen Marathon. Du aber sollst Ruhe und Zuversicht verbreiten, kluge taktische Tipps geben – und ahnst längst, dass das Spiel, dass die gesamte Saison sehr schwer werden wird. 30 Sekunden können verdammt lang werden.
Nicht jeder besondere Sportmoment ist großartig
Und falls sich das jemand fragt: die Ahnung aus der zweiten Auszeit der Saison hat sich bislang bewahrheitet. Zwar stimmt, anders als das bei Profisportlern der Fall zu sein scheint, die Einstellung auch nach einer Hinrunde im Tabellenkeller noch, die Mannschaft geht ausschließlich nach großem, mitreißendem Kampf unter, aber sie geht eben immer wieder unter.
30 Sekunden können sehr lang sein, ein richtig mieser Moment gleich mehrere Monate dauern. Du leidest an der Linie – und möchtest doch keinen Augenblick mit dem Team missen. (jk)
Laterkusen später denn je
Bundesliga-Auftakt im Borussia-Park am 23. August, Gladbach und Leverkusen befinden sich schon tief in der Nachspielzeit. Der Spielbericht zum vermeintlichen 2:2-Endstand in einem mitreißenden Duell ist fertig getippt, jetzt fehlt nur der Abpfiff. Doch Bayer bekommt noch – wohlgemerkt mit sehr fragwürdiger VAR-Hilfe – einen Elfmeter zugesprochen. Florian Wirtz läuft an, Torwart Jonas Omlin pariert, das Remis hat Bestand. Denkste!
Wirtz trifft im Nachschuss in der 101. Minute, es ist das späteste Tor der Bundesliga-Geschichte. Und schon fällt einem in diesem Moment wieder dieser Neologismus ein, der über den Sommer fast in Vergessenheit geraten ist, jetzt aber direkt auf die zeitliche Spitze getrieben wird: Laterkusen.
Bayer und die späten Tore – ohne sie wäre Ex-Vizekusen rückblickend sicherlich nicht erstmals Meister geworden und hätte nicht den DFB-Pokal gewonnen. Beim turbulenten Auftakt der neuen Saison wird gleich klar: Die Fähigkeit, nach der 90. Minute noch zu treffen, ein Spiel zu entscheiden, besitzt das Team von Trainer Xabi Alonso noch – offenbar sogar ausgeprägter denn je. Den Bayern, deren Meisterserie durchbrochen wurde, darf das mit Blick auf ihre Saisonziele Sorgen bereiten. (nb)
Goldmedaille schlägt Klassenerhaltsparty
Sitze im Schwimmbad, puh, gefühlte 80 Grad, die Schweißtropfen platschen auf meinen aufgeklappten Computer. Um mich herum anfeuernde Eltern, die ewigen Durchsagen, wer im nächsten Rennen am Startblock steht, wer zur Siegerehrung aufgerufen wird, normale Wettkampf-Lautstärke eben, es riecht nach Kaffee und Kuchen. Moment des Jahres, Moment des Jahres, Moment des Jahres...
Auf Schalke gab es so viele davon: Beispielsweise die Existenznot in Magdeburg im Februar, das Schweigen beim Pausenstand von 0:3. Oder die Klassenerhaltsparty beim Geisterspiel am Hamburger Millerntor gegen Osnabrück. Torwart Marius Müller springt auf einen Zaun, davor stehen nicht 60.000 Schalker, sondern 100. So viele Momente des Jahres... Da wäre noch ein bizarrer Sonntagvormittag im September auf einem Parkhaus in Gelsenkirchen-Erle, kurz nach dem nächsten Trainerrauswurf. Oder eine Mitgliederversammlung im November. Schalke diskutiert Probleme in der Herbstkälte und alle bibbern aus vielen Gründen.
Moment mal, meine Tochter wird aufgerufen. Ich klappe den Rechner zu, schaue aufs Wasser. Sie hat so hart gearbeitet in diesem Jahr, so viel trainiert. Sie springt ins Wasser, macht sich für ein Rückenrennen bereit. Auf die Plääätze, LOS! Em-ma, Em-ma, Em-ma, noch ein paar Meter - jaaaa, gewonnen! Ach, der Computer bleibt jetzt ausgeschaltet. Diesen Glücksmoment will ich ganz besonders genießen. (aer)
Türkei gegen Georgien - alles drüber, alles laut, alles wild
Und natürlich war das alles drüber; die Tribünen: vollgepumpt mit Nationalstolz. Türkische Fans, von denen einige an der Grenze zum Faschismus kratzten. Georgische Fans, mehrere eingehüllt in EU-Flaggen, weil sie sich nach mehr Freiheit sehnten. Die Luft fühlte sich nach Regenwald an, vor dem Anpfiff war das Wasser aus den Wolken geschossen, erstmals bildeten sich die Wasserfälle, für die das Dortmunder Stadion bei dieser Europameisterschaft noch berühmt werden sollte.
Mert Müldür und Arda Güler malten zwei türkische Traumtore, zwischendurch glich Georges Mikautadze aus. Georgiens erstes EM-Tor, ein Kollege auf der Pressetribüne, anscheinend angereist aus dem Land zwischen Europa und Asien, riss vor Freude (Neutralität hin, Neutralität her) die Arme in die Luft, zeigte den Türken über ihm den Mittelfinger. Die gossen Bier auf seinen Kopf. Alles drüber halt. Alles laut, alles wild, so muss es sich anfühlen, wenn man neben einem Presslufthammer steht.
Atemlos durch den Juniabend. Latte, Pfosten, wie ein Baumstamm verhinderte Abwehrspieler Samet Akaydin in der sechsten Minute der Nachspielzeit auf der Linie den Ausgleich, dann rannte Kerem Aktürkoglu auf das leere georgische Tor zu und entschied das erste Gruppenspiel beider Nationen, das in Wahrheit ein Boxkampf war. Tränen, Geschrei, ein Jubel-Knäuel aus türkischen Profis. Die Mannschaft feierte, als hätte sie gerade den Titel gewonnen. Fußball, du kannst so mitreißend sein. (las)
„Timo“-Rufe in Paris: Das Ende einer Ära
Es ist der Moment, von dem alle hier wussten, dass er heute kommen kann. Wehmut schnürt einen Knoten in den Hals. Timo Boll ist nur einen Punkt von einer folgenschweren Niederlage entfernt. Die Zuschauer in der Messehalle von Paris halten den Atem an. Er verschlägt eine Vorhand. Das 1:3 gegen Anton Källberg, den Schweden, mit dem er seit einigen Jahren bei Borussia Düsseldorf spielt, ist das Aus für die deutschen Tischtennis-Männer im olympischen Viertelfinale. Und das Ende der internationalen Karriere von Timo Boll. Schluss. Vorbei. Puh.
Die Tribünen beben vom Trampeln der Fans. „Timo, Timo“-Rufe hallen von den Rängen – nicht nur aus deutschen Kehlen. Es kribbelt unter der Haut, jeder hier weiß, was für ein großer, international geachteter bis verehrter Sportler, was für ein Idol des Tischtennis nun die Weltbühne verlässt. Handyaufnahmen geraten wacklig. Manche Augen werden feucht. Und Timo Boll? Der steht da und weiß nicht wohin mit sich. Er winkt, er verbeugt sich leicht, er weint. Dass ihm diese so verdiente Würdigung fast etwas unangenehm zu sein scheint, passt zum bodenständigen Charakter des 43-Jährigen aus dem Odenwald. Doch genau so ist es angemessen. Was für ein Moment.
Ära, wem Ära gebührt. Knapp 25 Jahre lang galt in Deutschland: Timo Boll ist Tischtennis und Tischtennis ist Timo Boll. Er war immer da, immer ein Vorbild. Er begann als Ausnahmetalent, schob sich mit 21 Jahren an die Spitze der Welt. Selbst die großmächtigen Chinesen brachte er gleichermaßen zur Verzweiflung wie zum Schwärmen. Überaus fair, stets zugewandt. Über seine Sportart hinaus bekannt. Von dieser Art hat Deutschland nicht mehr viele Stars. Dieser Moment in Paris, er war der Abschied einer Sportlegende. (meme)
Ein erstes Mal auf Schalke
Wenn die Fußballklubs aus unserem Verbreitungsgebiet im Einsatz sind, dann sitze ich in der Regel nicht auf der Pressetribüne, sondern in der Redaktion. Meine Aufgabe ist es, die Texte der Kollegen vor Ort im Empfang zu nehmen, sie zu bearbeiten und auf unseren digitalen Kanälen zu verteilen.
Von meinem früheren Job bin ich es zwar gewohnt, aus den kleineren und größeren Stadien des Ruhrgebiets zu berichten. Doch auf Schalke hatte ich noch nie gearbeitet. Insofern war der 17. Februar ein besonderer Tag für mich: Erstmals durfte ich ein Spiel in der Veltins-Arena und damit eines des Vereins, für den zumindest zu Kindes- und Jugendzeiten mein Herz geschlagen hat, begleiten.
An diesem milden Samstagmittag war Wehen Wiesbaden zu Gast. Und die Ausgangslage war brisant, Schalke kriselte gewaltig. Bei einer Niederlage gegen den Konkurrenten im Abstiegskampf drohte großes Chaos auszubrechen. Doch es ging trotz einer enttäuschenden Leistung noch mal gut: Schalke gewann mit 1:0, Kenan Karaman erlöste Mannschaft und Fans mit seinem Elfmeter-Tor in der zweiten Halbzeit.
Dass ich aber nur bedingt zum Glücksbringer für S04 tauge, zeigten meine weiteren Besuche auf Schalke in diesem Jahr. Ein zweiter Sieg war mir nicht vergönnt. (ea)
Ein letztes Mal „Vamos, Rafa!“
Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich Rafael Nadal zum ersten Mal bei den French Open spielen sah. Eine Naturgewalt, dieses Kraftpaket mit den langen, schwarzen Haaren und der einzigartigen Topspin-Vorhand. Im Frühsommer 2005 war das, als Nadal in sein erstes Finale in Roland Garros stürmte und prompt gewann.
Am 19. November 2024, über 19 Jahre und weitere 21 Grand Slam-Titel später, sieht die Welt den spanischen Sportgiganten ein letztes Mal in einem Profi-Match. Davis Cup-Viertelfinale, Spanien gegen die Niederlande, Nadal gegen Botic van De Zandschulp. Die Tennis-Ikone beginnt ordentlich, hält im ersten Satz mit, leistet sich beim Stand von 4:4 aber ein folgenschweres Break. Sein Gegenüber bleibt bei eigenem Aufschlag eiskalt – der erste Satz geht mit 4:6 an den Niederländer.
Nicht zu übersehen: Der einstige Über-Athlet hat seine größte Stärke eingebüßt. Nadal fehlt die Frische vergangener Tage, bewegt sich nicht mehr geschmeidig. Die etlichen Verletzungen fordern ihren Tribut. Schnell zieht van De Zandschulp im zweiten Satz auf 4:1 davon, sein 38-jähriger Gegner kommt für jeden sichtbar an seine Grenzen.
Dann plötzlich gelingt Nadal das Break zum 4:2. Ein letztes Mal explodiert der Mallorquiner, haut seine berühmte Faust raus. Die Halle flippt aus, auch mich zieht es aus dem Stuhl. Vamos, Rafa! Ich weiß aber auch, dass Nadal für die Wende noch ein Break und eine klare Leistungssteigerung braucht. Beides bleibt aus, der Superstar verliert auch den zweiten Satz mit 4:6 und damit das Match.
Nadals Karriereende steht da noch nicht ganz fest, erst mit dem Ausscheiden der Spanier aus dem Davis Cup ist seine Laufbahn offiziell vorbei. Im Prinzip weiß das aber jeder schon unmittelbar nach dem Matchball. Als Rafael Nadal winkend den Platz verlässt, steht die Halle – und ich auch. Einer der größten Sportler der Geschichte sagt adios. Gracias, Rafa! (nis)
Kleine Nation, große Handball-Party bei der EM
Hakun West av Teigum. Elias Ellefsen a Skipagotu. Oder „Tú alfagra land mítt“. Wie bitte? Diese für unsere Ohren befremdlichen Worte waren vergangenen Januar in Berlin in aller Munde, wenn das Team der Färöer bei der Handball-EM auflief. Rechtsaußen Hakun West av Teigum und Spielmacher Elias Ellefsen a Skipagotu sangen vor dem Anwurf lautstark die „Tú alfagra land mítt“, die Nationalhymne der 18 Inseln zwischen Schottland, Norwegen und Island. Tausende Landsleute taten es ihnen vor Ort gleich, die deutsche Hauptstadt war tagelang in weiß und blau gefärbt. Lediglich nach Dänemark wurden bei der EM mehr Tickets außerhalb der deutschen Grenzen verkauft.
Frankreich mag am Ende Europameister geworden sein, Deutschland sich stark bis ins Halbfinale gekämpft haben – doch in Erinnerung bleibt der krasse Außenseiter. Die kleine Inselnation war einer der großen Gewinner der EM. Der Handball-Zwerg begeisterte nicht nur durch ein gutgelauntes Publikum, sondern auch sportlich. Die EM-Teilnahme: eine Überraschung. Die Auftritte auf der großen Bühne: eine schiere Handball-Sensation. Schon das Auftaktmatch gegen Slowenien: Ein Krimi (29:32), bei dem die Färinger den EM-erfahrenen Gegner an den Rand einer Niederlage brachten. Im zweiten Match gab es gegen Topfavorit Norwegen durch einen verwandelten Siebenmeter in der Schlusssekunde ein sensationelles 26:26 und damit den ersten EM-Punkt überhaupt. Die Niederlage gegen Polen zum Abschluss der Vorrunde: Tragisch, doch von den Rängen gab es trotzdem minutenlang lauten Applaus. Danach war zwar Schluss, und 2025 wird es keine große Party geben – bei der WM im Januar sind die Färöer leider nicht dabei. (Gold)
Olympia-Gold und Sprint um den Couchtisch
Stumpft man ab, wenn man nahezu täglich Spitzensport zu sehen bekommt? Rekorde, Meisterschaften, immer höher, immer schneller, immer weiter. Durch Internet und Fernsehen werden uns täglich die unfassbaren Leistungen von Ausnahmesportlern präsentiert. Zu viel? Im Gegenteil, die Euphorie wächst meinem Empfinden nach eher noch.
Aber dass ich am Abend des 5. August aufspringe und anfange um meinen Couchtisch zu laufen, aufgrund des Finalsiegs in einer Sportart, die mir bis dahin wenig bedeutet hatte, das habe ich nicht kommen gesehen. 3x3 ist keine Neuerscheinung des diesjährigen Sport-Sommers. Doch mit der ersten Olympia-Teilnahme ist die Aufmerksamkeit rund um das schnelle Spiel auf einen Korb gewachsen.
Im Vorfeld der Spiele hatte ich zweimal die Gelegenheit die beeindruckende Sonja Greinacher zu interviewen. Sowohl mit den 3x3-Basketballerinnen als auch im 5-gegen-5 hatte sie sich qualifiziert, musste sich aber für ein Team entscheiden. Was ein Privileg, was ein Druck. Im Nachhinein betrachtet traf sie die richtige Wahl und feierte den Olympia-Sieg.
Und ich werde mit Sicherheit nicht die Einzige gewesen sein, die es beim Finale nicht mehr auf dem Sofa gehalten hat. (ljs)
Ein Pflänzchen Hoffnung in Müngersdorf
Wer es ein wenig mit dem 1. FC Köln hält, der wird das Jahr 2024 schnell vergessen wollen. Transfersperre, Abstieg. Doch es gab diesen einen Tag, diesen einen Moment, da konnte man in Müngersdorf ein Pflänzchen der Hoffnung erkennen.
Es war der 6. April, Heimspiel, Abstiegskampf pur gegen den VfL Bochum. Ich konnte das Spiel nicht sehen, großes Familientreffen im Schrebergarten - meine Frau und ihre Familie kommen übrigens aus Bochum - mein Sohn drückte dem VfL die Daumen.
Um 17.19 Uhr gab ich das Handy ab, alles schien verloren, es stand 0:1, fünf Minuten Nachspielzeit wurden angezeigt. Wie soll das gehen? Ich kümmerte mich lieber wieder um den Grill.
Zehn Minuten später dann doch der Kontrollblick auf das Handy. Vielleicht gab es doch noch einen Punkt. Doch das Unmögliche wurde wahr: Steffen Tigges und Luca Waldschmidt, beide schon als Fehleinkäufe angestempelt, haben das Spiel gedreht.
Während das Stadion ausflippte, fragte ich, wer noch Getränke will. Es passte zu diesem Sportjahr, dass ich einen der wenigen positiven Momente verpasste. Der Nichtabstiegsplatz war nur noch drei Punkte entfernt. Es gab das Gefühl, dieser Moment hat für die letzten sechs Spieltage viel verändert.
Doch der FC wäre nicht der FC, würde er nicht so mit den Gefühlen der Anhänger spielen. Denn das Ende der Zuversicht wurde nur um zwei Wochen verschoben, das 0:2 gegen Darmstadt - nach dem Heimspiel-Highlight der Heimspiel-Tiefpunkt, machte allen klar.
2024 ist vieles, aber kein Kölner Jahr. Wenigstens mein Sohn freute sich, denn statt dem FC hielt der VfL die Liga. (cb)