Innsbruck. Ex-Nationalspielerin Anja Althaus ist die neue Managerin der DHB-Frauen. Die Europameisterschaft ist ihr erster großer Auftritt.
Als sie vom Auto aus und in Richtung Hotel geht, hört sie die ersten Spielerinnen schon rufen: „Anja, das bist so du!“ So ganz kann Anja Althaus es nicht leugnen: „Ich liebe halt Pink!“, sagt sie mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Und so schiebt sie ihren großen, knallpinken Koffer selbstbewusst weiter. Darin? Ein Großteil ihres Kleiderschranks. Sie hat zu viel eingepackt. „Aber ich denke halt einfach an alles.“ An alles denken muss sie auch in ihrer neuen Rolle. Die 42-jährige Ex-Nationalspielerin ist seit November als Managerin für die deutschen Handballerinnen zuständig und betreut die Nationalmannschaft während der Europameisterschaft in Innsbruck. Es wartet viel Arbeit auf sie.
Nach dem Auftaktsieg gegen die Ukraine folgte am Sonntag die 22:29 (14:15)-Niederlage gegen die Niederlande. In ihrem dritten und letzten Vorrundenspiel treffen die Deutschen an diesem Dienstag (20.30 Uhr/Sportdeutschland.TV) auf Island – und müssen um das Weiterkommen bangen. Nur die ersten zwei Nationen jeder Gruppe erreichen die Hauptrunde.

Anja Althaus: Berufswunsch Handballspielerin oder Formel-1-Fahrerin
Wenn es um Erfahrungen mit wichtigen Spielen geht, ist Anja Althaus die richtige Ansprechpartnerin: 243-fache-Nationalspielerin, mehr als 500 Tore im Dress des Deutschen Handballbundes (DHB), Karriereende 2018, dann Co-Trainerin, Trainerin, Medienmanagerin, Gesicht der EHF-Champions-League – das Leben der gebürtigen Magdeburgerin drehte und dreht sich um den Handball. Dreimal feierte sie den Sieg der Champions-League, wurde mit dem Nationalteam WM-Dritte, mit ihren Klubs deutsche, dänische und mazedonische Meisterin.
Mit fünf Jahren fing sie an zu spielen, davor feuerte sie ihre Mutter an. Auf die Frage, was sie einmal werden will, schrieb Anja Althaus in die Poesiealben: Handballerin oder Formel-1-Fahrerin. Sie entschied sich für den Mannschaftssport – und bleibt ihn treu: „Für mich war klar, dass ich nach meiner Karriere in dieser Welt bleiben will. In dieser verrückten, wunderschönen, chaotischen Handball-Welt.“
Ihrer Mutter zuliebe schloss sie dennoch zwei Ausbildungen ab: zur Friseurin und zur Schilder- und Lichtreklame-Herstellerin. Berufe, in denen sie danach nie gearbeitet hat. Aber sie probierte viel aus, wollte ihre Talente entdecken. Auf der Suche war sie dabei immer nach „meinem Herzensprojekt“.

Ex-Nationalspielerin will den Frauen-Handball weiterentwickeln
Eine Suche, die mit dem Anruf von Ingo Meckes, DHB-Vorstand Sport, vorerst ihr Ende fand: „Es hat sich direkt richtig angefühlt. Das ist vielleicht das, auf das ich immer hingearbeitet habe.“ Ihre Aufgaben? „Absprachen, Termine, eigentlich alles. Ich bin wie ein Puffer und versuche alles drumherum weg zu halten, so dass die Spielerinnen und die Trainer sich komplett auf ihren Job konzentrieren können. Das kann von der großen Organisation bis hin zur Wäsche alles sein. Und wenn es drauf ankommt, bin ich mir auch nicht zu schade und packe mit an und wasche die Wäsche selbst.“ Ihr großes Ziel? „Ich möchte den Frauen-Handball weiterentwickeln und nach vorne treiben – weil es der Frauensport einfach verdient.“
An ihre neue Aufgabe geht sie dabei mit dem gleichen Selbstbewusstsein, das sie schon als Weltklasse-Kreisläuferin ausgezeichnet hat: „Ich habe eine große Klappe. Ich nenne Sachen beim Namen. Ich habe viel aus meinen Erfahrungen, auch denen im Ausland mitgenommen habe.“ Denn auch wenn Althaus als Managerin für die deutsche Nationalmannschaft tätig ist, lebt sie seit einigen Jahren in Mazedonien und ist mit dem nordmazedonischen Nationalspieler Tomislav Jagurinoski (26) liiert. Privates und Berufliches überschnitten sich im Januar, als Althaus während der EM der Männer in Deutschland als Medienmanagerin für ihre neue Heimat auftrat.
Erster Auftritt als Managerin: Nervosität auch bei Anja Althaus
Vor sechs Jahren beendete Althaus ihre aktive Karriere, mit 243 Spielen im Trikot der Nationalmannschaft gehört sie zur Top 10 im deutschen Frauenhandball, spielte unter anderem für den SC Magdeburg, DJK Trier und den Thüringer HC. Ob es bei ihr selbst noch in den Fingern kribbelt, wenn sie das Team beobachtet? „Bei den großen Momenten, bei den Finals, etwa von der Champions League, da war es schwierig. Für diese großen Momente habe ich mein Leben lang gebrannt. Aber wenn ich jetzt im Training dabei bin, dann habe ich damit abgeschlossen.“
Ihr erster Auftritt in neuer Funktion war das Testspiel gegen Österreich Ende November. Es sollen viele weitere folgen. Am besten noch bei dieser EM. Dafür müssen die DHB-Frauen aber gegen Island gewinnen. Egal, wie lange die Reise noch geht, genügend Sachen hat Anja Althaus in ihrem pinken Koffer dabei.