Frankfurt/Main. Robin Gosens liefert am Donnerstag einen bemerkenswerten Auftritt ab. Der Nationalspieler ruft zu mehr Menschlichkeit auf.

Robin Gosens bemerkenswertester Auftritt als deutscher Nationalspieler liegt etwas mehr als drei Jahre zurück. Zwei Vorlagen gab er im EM-Gruppenspiel gegen Portugal, ein Tor schoss er selbst beim 4:2-Sieg. An jenem Abend von München wurde Gosens, der damals wie heute in Italien spielte, als Malocher unter den Schönspielern zum Publikumsliebling. Am Donnerstag kam in Frankfurt/Main ein weiterer dazu.

Gosens, der ein Studium der Psychologie abgeschlossen hat, nutzte die Bühne, die eine Pressekonferenz bietet, um erneut auf mentale Gesundheit aufmerksamen zu machen. „Ich kann nur appellieren, dass wir unsere Hirne anschalten, bevor man manche Kommentare absetzt“, sagte der 22-malige Nationalspieler. Depressionen hätten „noch immer einen zu geringen Stellenwert im Profifußball und gesamtgesellschaftlich, sind mit Stigmata behaftet“, sagte Gosens und betonte: „Das sind keine Lappalien. Wir müssen dahinkommen, dass wir normal darüber reden – nur dann werden sich die Menschen Hilfe suchen.“

Millionäre? Für Robin Gosens ein Totschlagargument

Im Netz aber komme häufig noch einmal „Gift obendrauf“, klagte Gosens, „wir alle haben mit diesen Kommentaren zu tun, die Anonymität wird leider sehr oft missbraucht und oft vergessen, dass hinter diesem Fußballer ein Mensch mit Gefühlen steckt, dem es sehr nahe geht oder daran zerbricht, wenn man ihm oder der Familie den Tod wünscht.“ Dass Fußball-Millionäre so etwas abkönnen müssen, sei für ihn „ein Totschlagargument“. Ein Auftritt, über den man staunen konnte wie damals über das Portugal-Spiel.

Da will Gosens auch sportlich wieder hin. Zuletzt war es recht still geworden um ihn, seinen Platz in der Nationalelf verlor er. Für die Europameisterschaft im vergangenen Sommer war er nicht nominiert worden. „Da ist eine Welt zusammengebrochen“, sagte Gosens. Seit Oktober ist der Linksverteidiger wieder im Kreis der Nationalmannschaft, bereitet sich mit DFB-Team auf den Nations-League-Abschluss gegen Bosnien am Samstag und drei Tage später in Ungarn vor. „Nach der EM ist vor der WM“, meint er. „Ich bin in dieser Hinsicht ein Träumer.“

Robin Gosens blüht bei der AC Florenz wieder auf

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass Gosens in der „Herausforderer-Rolle“ ist. Seine Konkurrenten sind Stuttgarts Maximilian Mittelstädt und der Leipziger David Raum. „Ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen und weiß, dass ich von der Verletzung von David profitiert habe“, sagt der gebürtige Emmericher, der nach einer unglücklichen Zeit bei Union Berlin nun wieder in der italienischen Serie A bei der AC Florenz aufblüht.