Duisburg. Das Ende einer großen Nationalmannschafts-Karriere: Alexandra Popp wird in Duisburg beim 1:2 gegen Australien emotional verabschiedet.
Als um 18.07 Uhr die markante Melodie erklang, versuchte Alexandra Popp noch, ihre Emotionen zu kontrollieren. Die Augen waren geschlossen, als sie letztmals auf dem Rasen die deutsche Nationalhymne sang. Sie lächelte beseelt, als sie vor dem Anpfiff Blumen überreicht bekam. Ihre Gesichtszüge waren angespannt, als sie später mit dem Ball am Fuß nach vorne stürmte. Und sie blickte glücklich auf die Ränge der mit 26.623 Zuschauern gefüllten MSV-Arena in Duisburg, als die Partie für sie nach 15 Minuten vorüber war. Die deutschen Fußballerinnen beenden ihr Testspiel gegen Australien am Montagabend mit einer 1:2 (1:1)-Niederlage. Gefeiert wurden sie trotzdem. Vor allem Alexandra Popp, die ganz klar im Fokus stand und mit dieser Partie ihre Karriere in der Nationalmannschaft beendete. Und die dann auch die komplette Bandbreite der Emotionen zeigte. Tränen rollten auf den Rängen bei Familien, ehemaligen Weggefährtinnen und Fans. Auch bei der 33-jährigen Popp selbst. Es war ein herzlicher, es war ein standesgemäßer Abschied für die wohl bekannteste deutsche Fußballerin der Gegenwart.
Abschied von Nationalspielerin Alexandra Popp
Im Jahr 2010 hatte hier alles angefangen. An gleicher Stelle. Die deutschen Frauen spielten am 17. Februar in der Ruhrgebietsstadt gegen Nordkorea (3:0) und Alexandra Popp wurde in der 69. Minute eingewechselt. Das weite weiße Trikot mit der Nummer 27 schlackerte am Körper der 18-Jährigen, die sich selbst damals wie ein „kleines Mädchen mit schlottrigen Knien“ fühlte und fortan eine der prägendsten Figuren des Nationalteams werden sollte. 14 Jahre und 145 Länderspiele lang. Vor dem Stadion wurden am Montag Schals mit Popps Konterfei verkauft, auf der Tribüne saß unter anderem ihr ehemaliger Nationaltrainer Horst Hrubesch umringt von Fans mit Abschiedsgrüßen auf Bannern. Und Popp, längst mit der Rückennummer 11 im Nationalteam unterwegs, gab noch einmal alles. Sie war hinten zu sehen und vorne zu finden. Popp war im Nationalteam immer eine Fußballerin, die die gesamte Spielfeldlänge von 105 Metern bearbeitete, ja regelrecht beackerte. Eine Allrounderin, die per Kopf und mit den Füßen wichtige Treffer erzielte. Popp kommt auf 67 Länderspiel-Tore, nur die 2019 gestorbene Heidi Mohr (83 Tore) und Birgit Prinz (128) waren im DFB-Trikot erfolgreicher.
Popps Körper ist eine „tickende Zeitbombe“
Die verrinnende Zeit spürte die ausgebildete Tierpflegerin zuletzt jedoch immer stärker. Ihr durch die wuchtige Spielweise und viele Blessuren geschundener Körper, so beschrieb sie es selbst, sei „eine tickende Zeitbombe“. Hartnäckige Fersenprobleme, dazu ein oft schmerzendes „Knorpelknie“ - doch für das letzte Hurra im Nationalteam hatte sie noch einmal auf die Zähne gebissen. Wie so oft schon. Noch einmal begann sie gegen Australien mit der bunten Kapitänsbinde am Arm. Für Bundestrainer Christian Wück war die Partie in Duisburg die Heim-Premiere. Beim 4:3-Sieg am vergangenen Freitag in England hatte sein neu formiertes Team über weite Strecken auch ohne Popp überzeugt. Nun versuchte die neue Generation, die scheidende Kapitänin noch ein letztes Mal in Szene zu setzen. In der vierten Minute drosch Popp einen Freistoß in die australische Mauer, kurz darauf verfehlte ein vielversprechender Pass im Strafraum sie nur knapp. 14 Minuten und 27 Sekunden waren gespielt, als für Popp schließlich der Vorhang fiel. Ihre Mitspielerinnen standen Spalier, als sie unter tobendem Applaus den Rasen verließ und die Kapitänsbinde an Giulia Gwinn übergab. Es gab viele Umarmungen - da konnte selbst die sonst so coole Gevelsbergerin die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Das Spiel selbst war ein durchaus unterhaltsames. Das Kopfballtor von Selina Cerci in der fünften Minute egalisierte Australiens Kyra Cooney-Cross mit einem Schuss von der Mittellinie über die noch nach hinten eilende deutsche Torfrau Stina Johannes (39.). Johannes hatte zuvor gleich mehrere gute Chancen der Australierinnen entschärft, auf der Gegenseite war auch die deutsche Auswahl mehrfach aussichtsreich gescheitert. Der Chancenwucher rächte sich: In der 77. Minute traf Australiens Clare Hunt nach einem Eckball per Kopf.
Popps Abschied ist nicht der einzige
Verabschieden wurden neben Alexandra Popp auch Marina Hegering (34) und Merle Frohms (29). Die frühere DFB-Abwehrchefin Hegering (42 Länderspiele) und Torhüterin Frohms, die 52 Mal den DFB-Dress trug, erhielten allerdings keinen weiteren Einsatz. Diese Ehre wurde nur Popp zuteil. Am Ort, an dem im weißen DFB-Dress vor mehr als 14 Jahren alles begonnen hatte. Und an dem es nun im weißen Trikot endete.