Dortmund. Der Dortmunder Verteidiger erklärt sein Tief in der vergangenen Saison. Nun will er mit dem BVB in dieser Saison Meister werden.

Man kann erst mal mit dem Positiven beginnen, was all das ausgelöst hat, dass sich Niklas Süle nämlich mittlerweile zu einem kleinen Publikumsliebling gearbeitet hat. Dass die Fans seinen Namen rufen, sobald sie ihn sehen; dass sie in ihm anscheinend einen Gefallenen sehen, der gerade dabei ist, sich wieder hochzukämpfen.

Der Weg dahin allerdings war steinig, dies hat der Verteidiger von Borussia Dortmund nun in einem Interview mit Sport1 eingeräumt. Darin offenbart der 28-Jährige „mentale Probleme“, erzählt, dass er es nicht geschafft habe, „die richtigen Dinge zu tun. Ich habe es selbst nicht mehr hinbekommen, mich zu motivieren. Ich wollte, aber konnte nicht.“ Deswegen habe er „ganz viele wichtige Gespräche geführt und mir auch Hilfe geholt“.

Konkreter wird Süle nicht, trotzdem wirft dieses Interview die Frage auf, ob dem Abwehrspieler in der vergangenen Saison Unrecht getan wurde, als in der Öffentlichkeit über seine Fitness diskutiert wurde, als sein zu hohes Gewicht kritisiert wurde. Es erinnert daran, dass in jedem Profifußballer ein Mensch steckt, der sich aufgrund seines Arbeitsplatzes zwar in einem bestmöglichen körperlichen Zustand befinden sollte, dies aber vielleicht aus verschiedenen Gründen nicht immer schafft.  

Niklas Süle, hier mit Julian Brandt, sagt über seine BVB-Ziele: „Ich will dieses Jahr Meister werden.“
Niklas Süle, hier mit Julian Brandt, sagt über seine BVB-Ziele: „Ich will dieses Jahr Meister werden.“ © AFP | Ina Fassbender

Niklas Süle wirkt in der BVB-Vorbereitung wie verwandelt

Er selbst sei mit seiner Saison „persönlich überhaupt nicht zufrieden“ gewesen. „Ich bin weit hinter meinen Erwartungen geblieben.“ Erst hatte Süle seinen Stammplatz beim BVB verloren, dann hatte ihn Bundestrainer Julian Nagelsmann nicht für die Heim-Europameisterschaft nominiert. Ein Traum platzte. „Alles Dinge, für die ich mir ganz allein den Schuh anziehe.“

Im Mai und Juni wurde schließlich in den Medien auch die Verfassung des gebürtigen Frankfurters angeprangert. Es fiel auf, dass Süles Trikot spannte, dass er deutlich zu viel Gewicht zu tragen hatte. Hörte man damals in seinem Umfeld nach, dann wurden mentale Probleme glaubhaft verneint (wohl, weil er damals noch nicht darüber sprechen wollte). Es klang da allerdings schon durch, dass der ehemalige Bayern-Spieler im Sommer an sich arbeiten wolle.

Und so kehrte Süle zum Start der Vorbereitung wie verwandelt zurück, wirkte so athletisch wie vielleicht noch nie. „Das war der wahrscheinlich intensivste Sommer meines Lebens“, sagt er. „Aber er war auch dringend erforderlich.“ Dreimal am Tag hat der Borusse trainiert, seine Ernährung umgestellt, fast zehn Kilo abgenommen. Jetzt sei er „mental in einer Verfassung, in der ich lange nicht war. Es war sehr hart. Es hat sich nicht einen Tag wie Urlaub angefühlt, aber wenn ich sehe, wie es mir jetzt geht, dann macht mich das glücklich und auch stolz.“

Für den potenziellen Nationalspieler bedeutet dies einen Neustart, für Borussia Dortmund eine luxuriöse Situation in der Defensive. Trainer Nuri Sahin kann nun mit Nico Schlotterbeck, Neuzugang Waldemar Anton und dem wiedererstarkten Niklas Süle in der Abwehr planen. „Ein Süle in Bestverfassung hilft jeder Spitzenmannschaft“, hat Sportdirektor Sebastian Kehl dieser Redaktion gesagt.

Legendäre Grätsche: Niklas Süle, BVB-Verteidiger, gegen Paris Saint-Germain.
Legendäre Grätsche: Niklas Süle, BVB-Verteidiger, gegen Paris Saint-Germain. © AFP | Franck Fife

Niklas Süle verdient beim BVB 12 Millionen Euro im Jahr

Im Sommer 2022 gelang es den Verantwortlichen, Süle ablösefrei vom FC Bayern zu verpflichten. Schmackhaft wurde ihm der Wechsel durch ein Jahresgehalt von 12 Millionen Euro gemacht und mit der Aussicht, eine Führungskraft im BVB-Trikot zu sein. Was nie wirklich gelingen sollte. Verletzungen warfen den Defensivspezialisten zurück, mal spielte er, mal saß er auf der Bank. Intern wurde er mehrfach aufgefordert, seinen Lebensstil zu verändern.

Nun spreche er jeden Tag mit dem neuen Trainer Nuri Sahin, erzählt Süle. „Das, was ihn am meisten auszeichnet, ist, dass er dir seine Erwartungshaltung direkt ins Gesicht sagt.“ Er wolle „dieses Jahr den bestmöglichen Niklas Süle zeigen“. Und: „Ich will dieses Jahr Meister werden.“ Ob seine neue Einstellung aber auch im Alltag hält, muss sich erst noch zeigen. Es kann Rückschläge geben, denn es ist angesichts der Konkurrenz aus Schlotterbeck und Anton nicht in Stein gemeißelt, dass Süle einen Stammplatz haben wird.

Und grundsätzlich bleibt es auch richtig, dass über das Gewicht eines Profifußballers diskutiert werden darf. Nur sollte die Öffentlichkeit vorsichtig dabei sein, jemandem Faulheit oder ähnliches vorzuwerfen. Die Gründe für eine Krise können verschieden sein. Dass Niklas Süle nun offen zugegeben hat, dass ihn „mentale Probleme“ belastet haben, dafür gebührt ihm vor allem eins: Respekt.