Paris. Der Bundeskanzler bekräftigt in Paris den Wunsch einer deutschen Olympia-Bewerbung. Die Innenministerin lobt die Hamburger Active City.
Romantiker sagen, Paris sei vor allem im Regen schön. Das mag auf die bezaubernde Innenstadt bei jeder Wetterlage zutreffen. Saint-Denis ist dagegen einfach nur grau, wenn es wolkenverhangen ist. Vielleicht ist es daher eine besonders passende Kulisse für den Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei den deutschen Athleten im olympischen Dorf, das sich im Stadtnorden des Olympia-Gastgebers befindet.
Die Zukunftsaussichten des deutschen Sports mögen kurzfristig bronze-, silber- und goldfarben sein, in der Makroperspektive sind sie grau. Spitzenathleten beklagen mangelnde Wertschätzung und Bezahlung, Verbände und Vereine eine zu geringe Förderung, andere Nationen ziehen im Leistungsvermögen links und rechts vorbei.
Olaf Scholz und Nancy Faeser besuchen deutsche Athleten im olympischen Dorf
Scholz ist angereist, um das zu ändern. Kurzfristig zunächst einmal, in dem er den deutschen Sportlern viel Erfolg wünschte. „Sehr beeindruckt“ sei der 66-Jährige von der gute Vorbereitung und gegenseitigen Unterstützung gewesen. „Auch mental sind alle richtig gut drauf, es herrscht fröhliche Stimmung, das gehört auch zum olympischen Geist“, sagte er. Ob die guten Wünsche des Kanzlers einen Effekt haben, bleibt abzusehen.
Deutlich mehr Nutzen könnte da eine deutsche Olympia-Bewerbung langfristig mit sich bringen. Die Bundesregierung hatte in dieser Woche beschlossen, einen neuerlichen Anlauf des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) zu unterstützen. „Wir hoffen, dass wir 2040 erfolgreich sein können. Es geht darum, Spiele zu konzipieren, die die Bürger vor Ort gut finden“, sagte Scholz.
Bundeskanzler setzt sich für Olympia-Bewerbung ein: „Wir können das schaffen“
Das sei zu schaffen: „Wir sind ja gute Ingenieure im Organisieren.“ Ansonsten hielt sich Scholz in seinem kurzen Statement auf dem Villaga Plaza eher auf grauen Allgemeinplätzen auf.
Aber für die Farbtupfer, in Paris allerdings nicht in Regenbogen-Coleur, ist in seinem Kabinett ja ohnehin Bundesinnen- und Sportministerin Nancy Faeser (SPD) zuständig. Ihr Besuch im olympischen Dorf hatte sich direkt bezahlt gemacht – für ihre Genesung. Die 54-Jährige hatte unlängst einen Treppensturz und war an Krücken unterwegs, die Physiotherapeuten des Teams Deutschland versorgten sie mit Tipps zur Regeneration.
Innenministerin überwältigt von der Eröffnungsfeier in Paris
Ihre sichtbare Euphorie dürfte aber eher noch von den Eindrücken der spektakulären Eröffnungsfeier am Vorabend herrühren. „Es hat mir ausgesprochen gut gefallen. Vor allem, dass die Bevölkerung an so vielen Orten in der Stadt partizipieren konnte. Das hat mir neben dem Besuch unserer Athleten im Dorf noch mehr Appetit auf Olympia gemacht“, sagte Faeser.
Die Reitwettbewerbe in Versailles möchte sich die passionierte Reiterin anschauen, dazu Leichtathletik, Modernen Fünfkampf, Schwimmen und je nach deutscher Beteiligung Tennis oder eine Mannschaftssportart. Ihr Hunger nach Olympia dürfte danach nicht gestillt sein.
Nachnutzungskonzepte sollen Bevölkerung von Olympia überzeugen
Faeser konnte schon in den ersten Eindrücken Etliches für eine mögliche Bewerbung mitnehmen. Besonders die Nachnutzung des Athletendorfes für Sozialwohnungen und studentisches Leben, „ein wichtiges Thema in Großstädten“, lobte sie. „Aber auch, dass die Olympischen Spiele im Nachbarland sind, zeigt unserer Bevölkerung noch mal ganz direkt, welchen Mehrwert wir davon haben können, wie sich das auf Zusammenhalt und Stimmung im Land auswirkt.“
Die Stimmung der Verbände ist dennoch getrübt. Trotz aller nachweislich positiven Effekte des Sports für die Gesellschaft waren die Zuwendungen seitens der Politik, vor allem verglichen mit anderen Ländern, eher bescheiden. Immerhin: Zuletzt hob die Regierung die Sportförderung, „trotz schwierigem Haushalt“, an, stellt dem DOSB 40 Millionen Euro mehr zur Verfügung.
Faeser fordert Bundesländer zu besserer Förderung auf
Bei der Frage, weswegen an dieser wichtigen Stelle nicht weiter investiert werden könne, verwies Faeser an die Bundesländer. „Es ist wichtig, dass dort auch viel vorangetrieben wird, so wie in Hamburg mit dem sehr guten Active-City-Konzept. In den Schulen muss noch mehr passieren, gezielter hingeschaut werden, wer welche Talente hat“ sagte Faeser.
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Häufig frage sie Athleten, wie sie zu ihrem Sport gekommen seien. Die gängigste Antwort: Zufall. „Oft war es ein Lehrer oder Trainer, der gesagt hat, mach doch mal Handball statt Fußball“, sagte Faeser. An dieser Stelle müsse der deutsche Sport besser werden. Dann seien auch wieder goldenere Zeiten zu erwarten. Eine romantische Vorstellung.