Dortmund. Nach dem EM-Aus gegen England kritisieren die Niederländer Schiedsrichter Felix Zwayer. Wirklich Anlass dazu gibt es aber nicht.

Spät in der Nacht hatten sich die Emotionen wieder heruntergepegelt. Virgil van Dijk stand in den Katakomben des Dortmunder Stadions und gab in ruhigem Ton Auskunft über das 1:2 (1:1) der Niederländer gegen England im Halbfinale der Europameisterschaft. So ruhig war der Abwehrchef in der Schlussphase auf dem Rasen so gar nicht mehr gewesen, irgendwann meckerte er so heftig, dass er von Schiedsrichter Felix Zwayer die Gelbe Karte sah – wie später auch sein Teamkollege Xavi Simons.

Beide waren erkennbar unzufrieden mit dem Bundesliga-Schiedsrichter, wobei nicht wirklich ersichtlich war, worüber sie sich so aufregten – und auch die anschließenden Interviews brachten nicht wirklich Klarheit. „Die Tatsache, dass er direkt in die Kabine rennt, sagt alles“, sagte van Dijk, dem Zwayers Spielleitung in den letzten Minuten offenbar nicht gefallen hatte.

Weitere Aufregung gab es um den Elfmeter für England, den Zwayer in der ersten Halbzeit nach Intervention des Video-Assistenten verhängt hatte und den Harry Kane zum zwischenzeitlichen 1:1 nutzte. Der ehemalige englische Nationalspieler Gary Neville nannte den Pfiff eine „Schande“ und schimpfte: „Eine skandalöse Entscheidung. Dass so ein Elfmeter verhängt wird, egal wann, und schon gar nicht in einem so wichtigen Spiel. Er geht natürlich rein und versucht, den Schuss zu blocken. Das ist niemals ein Elfmeter.“

Virgil van Dijk „hätte Elfmeter nicht gegeben“

Derart aufgebracht waren nicht einmal die Niederländer. „Ich hätte den Elfmeter nicht gegeben. Aber letztlich hat der Video-Assistent eingegriffen – und das müssen wir akzeptieren“, sagte van Dijk bei MagentaTV. Und Denzel Dumfries, der Kane zuvor gefoult hatte, als er versuchte, dessen Schuss zu blocken, meinte recht selbstkritisch: „Es gibt den Kontakt mit Kane, also weiß man auch, dass der Schiedsrichter den Elfmeter geben kann. Dafür übernehme ich die Verantwortung. Man tut alles, um ein Tor zu verhindern, aber dann passiert so etwas. Das ist wirklich scheiße.“

Gemeinsame Vorgeschichte: Nach dem Topspiel des BVB gegen Bayern übte Jude Bellingham (li.) einst harsche Kritik an Schiedsrichter Felix Zwayer.
Gemeinsame Vorgeschichte: Nach dem Topspiel des BVB gegen Bayern übte Jude Bellingham (li.) einst harsche Kritik an Schiedsrichter Felix Zwayer. © dpa | Bernd Thissen

Tatsächlich hatte es gute Gründe gegeben für den Pfiff, Dumfries hatte Kane mit gestrecktem Bein recht rabiat am Fuß erwischt. Der hatte zwar schon aufs Tor geschossen, ein Foul aber war es dennoch. Überhaupt hatte Schiedsrichter Zwayer eine saubere Leistung gezeigt, grobe Fehler unterliefen ihm keine, auch als es in der Schlussphase emotional und hitzig wurde, hatte er die Partie im Griff.

Felix Zwayers Vorgeschichte mit Jude Bellingham

Dabei hatte es ja Konfliktpotenzial gegeben, die Ansetzung Zwayers für diese Partie nämlich war durchaus auf Verwunderung gestoßen. Es gab da nämlich eine sehr spezielle Vorgeschichte mit Englands Starspieler Jude Bellingham. Anfang Dezember 2021 hatte Borussia Dortmund das Topspiel gegen den FC Bayern 2:3 verloren und mit einigen Entscheidungen Zwayers gehadert, der den Bayern einen Elfmeter gegeben, dem BVB aber einen Strafstoß verweigert hatte. „Man gibt einem Schiedsrichter, der schon mal Spiele verschoben hat, das größte Spiel in Deutschland. Was erwartest du?“, schimpfte Bellingham danach im norwegischen Fernsehen über Zwayer, der einst in den Wettskandal um Robert Hoyzer verwickelt, war – was dem jungen Engländer eine Geldbuße von 40.000 Euro einbrachte.

Am Mittwochabend äußerte sich der 21-Jährige nicht zum Schiedsrichter – er hatte allerdings auch keinerlei Grund, unzufrieden zu sein.