Stuttgart. Zweites Spiel, zweiter Sieg: Deutschlands Start in die EM 2024 ist vielversprechend, auch wenn nicht alles gelingt. Ein Kommentar

Bei einem großen Fußballturnier, so lautet eine alte Weisheit, liegen die Dinge meistens sehr, sehr eng beieinander. Es kann auf die kleinsten Kleinigkeiten, auf jede einzelne Szene ankommen. Wer es nicht glaubt, möge sich noch einmal das Europameisterschaftsspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Ungarn anschauen.

+++ Musiala und Gündogan schießen Deutschland ins Achtelfinale +++

Was, wenn Roland Sallai gleich in der ersten Minute seine gewaltige Chance genutzt hätte, Ungarn in Führung zu bringen? Was, wenn Jamal Musialas Abschluss von der Latte zurück ins Feld gesprungen wäre statt ins Tor? Was, wenn Schiedsrichter Danny Makkelie in der Szene ein Foul von Ilkay Gündogan gepfiffen hätte, wie es wohl die meisten seiner Bundesliga-Kollegen getan hätten? Was, wenn bei Sallais Tor kein knappes Abseits vorgelegen hätte?

Wäre diese Partie anders verlaufen? Sicher. Wäre sie anders ausgegangen? Wir wissen es nicht. Was wir wissen: Die deutsche Nationalmannschaft steht schon nach zwei Spielen hochverdient im Achtelfinale dieser Europameisterschaft. Sie hatte mit Ungarn zwar erheblich mehr Mühe als mit den bemitleidenswerten Schotten fünf Tage zuvor. Aber sie zog eben die Kleinigkeiten, die entscheidenden Szenen auf ihre Seite, weil sie im Großen sehr viel richtig machte.

Manuel Neuer beendete die Torwartdiskussion

Sie fand vor allem vor der Pause richtig gute Lösungen gegen einen tief stehenden Abwehrblock, den der Gegner vor seinem Strafraum versuchte zu bilden. Schnell ging es hinein in die Lücken, mal durchs Zentrum, mal über die Flügel, oft zu rasant für die Kontrahenten. Nur der letzte Pass oder der Abschluss passten zu selten. Gut außerdem, wie jeder in dieser Mannschaft dem Ball gallig hinterherging, wenn er mal verloren war. Auch Künstler wie Musiala und Florian Wirtz waren sich für keinen Weg nach hinten zu schade. Die deutsche Mannschaft kann neben dem Zaubern auch das Kämpfen.

Deutschland Nummer eins Manuel Neuer zeigte gegen Ungarn einige starke Paraden.
Deutschland Nummer eins Manuel Neuer zeigte gegen Ungarn einige starke Paraden. © AFP | Tobias Schwarz

Ja, es bleibt Luft nach oben. Die Mannschaft war ein-, zweimal zu viel davon abhängig, dass Manuel Neuer hinten wieder stark hielt, wie man es von ihm gewohnt ist und nebenbei die Torwartdiskussion beendete. Doch insgesamt stimmt es schon positiv, was man von der DFB-Elf bei diesem Turnier zu sehen bekommt. Wann hat man das schon zuletzt erlebt, zwei Siege in Serie zum Start in ein Turnier? Antwort: bei der EM 2012. Ja, so lang ist das schon her, entsprechend hoch ist dieser Start einzuordnen.

Schon gegen die Schweiz wird es anspruchsvoller

Ja, es werden noch anspruchsvollere Gegner kommen, schon am Sonntag die Schweiz und in der K.o.-Runde dann erst recht. Aber diese Mannschaft wirkt noch immer so, als könne sie sich noch steigern, als könne das Passspiel noch präziser werden, die Laufwege noch besser abgestimmt, wenn man noch länger zusammen ist.

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Ein Wunsch aber darf erlaubt sein fürs nächste Mal: Ein etwas früheres zweites Tor, um die Nerven zu beruhigen, wäre schon sehr nett.